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    Girls' Night Out
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Girls' Night Out
    Von Christoph Petersen

    Nach dem desaströsen Junggesellenabschied in „Hangover“ läuft in „Girls‘ Night Out“ diesmal ein Junggesellinnenabschied total aus dem Ruder, als plötzlich ein toter Stripper in der Sexschaukel hängt. Regisseurin Lucia Aniello, die gemeinsam mit ihrem „Broad City“-Partner Paul W. Downs auch das Skript geschrieben hat, bedient sich offen bei Vorbildern wie „Immer Ärger mit Bernie“, „Very Bad Things“ oder „Brautalarm“. Letztlich hätte sie aber wohl besser daran getan, ihrem Hauptdarstellerinnen-Quintett um Superstar Scarlett Johansson („Lucy“, „Avengers 3: Infinity War“) mehr Freiraum zum Spaßhaben zu geben. Denn der Tote-Stripper-Plot wird hier so mühsam mit eh völlig vorhersehbaren Wendungen am Laufen gehalten, dass er selbst die Impro-Künste solcher sonst so zuverlässigen Komikerinnen wie Ilana Glazer („Time Traveling Bong“) oder Jillian Bell („Eastbound & Down“, „22 Jump Street“) immer wieder ausbremst. Am Ende sind so nur einige wenige der Comedy-Setpieces wirklich lustig - während ausgerechnet die Männer vom parallel stattfindenden Spießer-Junggesellenabschied den Partygirls immer wieder die Show stehlen.

    Im College hat ihr im Beer Pong niemand etwas vorgemacht, aber zehn Jahre später ist aus der studierten Politologin Jess (Scarlett Johansson) eine ziemliche Spießerin geworden – im Wahlkampf für einen Senatorenposten zieht sie aktuell sogar gegen einen ständig Penisbilder postenden Kontrahenten den kürzeren, weil sie selbst als unnahbar und volksfern gilt. Aber jetzt steht erst einmal ihr Junggesellinnen-Abschiedswochenende in einer Strandvilla in Miami an, wo sie gemeinsam mit ihren College-Freundinnen Alice (Jillian Bell), Frankie (Ilana Glazer) und Blair (Zoë Kravitz) sowie ihrer australischen Bekannten Pippa (Kate McKinnon) mal wieder so richtig auf den Putz hauen will (sprich: Jess würde am liebsten früh schlafen gehen, aber ihre Freundinnen lassen sie nicht). Nach ein paar Runden Koks in einem Club gibt es zurück in der Villa noch eine besondere Überraschung in Person von Stripper Scotty (Ryan Cooper), der bei seiner Performance allerdings so unglücklich mit seinem Hinterkopf gegen den Kamin schlägt, dass die Partytruppe plötzlich mit einer Leiche im vollverglasten und deshalb von allen Seiten einsehbaren Wohnzimmer klarkommen muss. Der Auftakt einer wahrhaft unvergesslichen Nacht…

    Es geht vielversprechend los: Mit ihren guten Absichten hat Jess im modernen Politgeschäft einfach keine Chance gegen Penis-Selfies, die in den sozialen Netzwerken in Minutenschnelle 100.000-fach geteilt werden. Auch das feierabendliche Gespräch mit ihrem verständnisvollen Verlobten Peter (Co-Autor Paul W. Downs) erweist sich als treffender Seitenhieb auf moderne Kuschelpartnerschaften: Während sie ihm aufzählt, was sie vor dem Sex noch alles schnell erledigen muss, bietet er ihr an, sich stattdessen in der Dusche einen runterzuholen und dann schlafenzugehen, wofür sie sich mit einem völlig ernstgemeinten „Oh, du bist so süß!“ bedankt. Aber mit der Ankunft in Miami geht der Film langsam aber sicher den Bach runter. Und das nicht nur, weil der Thriller-Plot zugleich angestrengt konstruiert und völlig vorhersehbar wirkt (ursprünglich wurde er sogar offenbar noch weiter ausgereizt, denn einige Abstecher aus dem Trailer fehlen im fertigen Film). Zugleich macht Lucia Aniello nämlich nie richtig klar, auf was für eine Art von Humor sie eigentlich hinauswill – „Girls‘ Night Out“ ist in der einen Sekunde abgedrehtes Trashfest und in der nächsten warmherzige Frauen-Buddy-Comedy. Aber die Mischung funktioniert so nicht: Wenn der Film im Mittelteil in völlig absurde Sphären abdriftet, als würde man sich eine Aneinanderreihung von „Saturday Night Live“-Sketchen anschauen, dann haben die betont emotionalen Momente im letzten Drittel praktisch gar keine Chance mehr, den Zuschauer noch zu berühren.

    So bleiben vor allem einige alleinstehende Comedy-Höhepunkte im Gedächtnis hängen, etwa die Orgien-Szene mit dem unnatürlich gebräunten, aber beim Oralsex einfach unschlagbaren Swinger-Pärchen von nebenan (wunderbar creepy: Demi Moore und „Modern Family“-Star Ty Burrell). Auch die kurzen Abstecher zu Pauls Junggesellenabschied sind richtig lustig, wenn sich die Spießer-Kumpels etwa bei einer Weinprobe wie Bolle freuen, wenn der Sommelier sie anlügt, dass sie mit ihren erkannten Geschmacksnoten ja alle irgendwie recht gehabt hätten. Trotzdem bleiben das vereinzelte Lichtblicke in einem Film, der sich streckenweise ganz schön lahm und steif durch die Partynacht schleppt. Im Abspann fasst Kate McKinnon („Ghostbusters“, „Office Christmas Party“) mit dem breitesten australischen Akzent der Kinogeschichte die Handlung des Films noch einmal in einem am Klavier vorgetragenen Song zusammen – und dieses trockenhumorige gesangliche Resümee ist leider sehr viel lustiger als die ausführliche Filmversion zuvor.

    Fazit: Kein Vergleich zu „Brautalarm“ – und auch mit „Bad Moms“ oder „How To Be Single“ kann „Girls‘ Night Out“ trotz toller Darstellerinnen nicht mithalten.

    PS: Meine Kollegen, die nicht die Kritik schreiben und sich deshalb vor dem Film auch nicht mit nur einem Bier begnügen mussten, fanden den Film nach zwei, drei Piccolöchen übrigens lustiger als ich. Das sah dann in etwa so aus:

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