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    Guardians Of The Galaxy Volume 3
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Guardians Of The Galaxy Volume 3

    Zum Abschied immer wieder zu Tränen gerührt

    Von Markus Trutt

    Es war ein Schock für Marvel-Fans auf der ganzen Welt, als James Gunn wegen provokanter alter Tweets von Disney gefeuert wurde. Plötzlich sah es so aus, als würde das Mastermind hinter den beliebten MCU-Weltraum-Spektakeln „Guardians Of The Galaxy“ und „Guardians Of The Galaxy Vol. 2“ keine Gelegenheit mehr bekommen, seine geplante Trilogie selbst zu vollenden. Nachdem James Gunn dann aber für die anarchische Blockbuster-Sause „The Suicide Squad“ zu Konkurrent DC übergewechselt war und man die ganze Sache auch bei Marvel besser eingeordnet hatte, ruderte man jedoch zurück – zum Glück!

    James Gunn bekam sein Baby wieder und bringt nun „schnell“ noch „Guardians Of The Galaxy Volume 3“ in die Kinos, bevor er sich dann als frischgebackener Chef der DC Studios gänzlich in eine neue Superhelden-Heimat verabschiedet (und dort etwa das nächste Superman-Abenteuer „Superman: Legacy“ dreht). Wer nun befürchtet, dass Gunn bei seinem Guardians-Abschied mit dem Comic-Kopf deswegen schon längst woanders gewesen sein könnte, dem können wir seine Sorgen gleich wieder nehmen: Gunn hielt trotz des steinigen Weges an seiner anfänglichen Vision konsequent fest – und das merkt man dem bittersüßen, wundervoll-runden Ergebnis an. So dürfte beim großen Finale kaum ein „Guardians“-Fan-Auge trockenbleiben.

    Die Guardians kommen zum letzten Mal in ihrer bekannten Form zusammen.

    Während das gesamte Universum noch von Thanos’ verheerendem Fingerschnipsen gezeichnet ist, haben auch die Guardians Of The Galaxy auf ihre ganz persönliche Weise an den Folgen des Blip zu knabbern. Star-Lord Peter Quill (Chris Pratt) ertränkt seine Trauer über den Verlust seiner großen Liebe Gamora (Zoe Saldana) zum Beispiel lieber in Alkohol, als seine Mitstreiter*innen in neue intergalaktische Abenteuer zu führen – dabei hat sich seine Truppe auf der ehemaligen Minenkolonie Knowhere nun endlich mal ein richtiges Hauptquartier eingerichtet.

    Peter wird jedoch jäh auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, als eines Tages der mächtige Adam Warlock (Will Poulter) im Auftrag der von den Guardians übers Ohr gehauenen Sovereign-Hohepriesterin Ayesha (Elizabeth Debicki) für Verwüstung auf Knowhere sorgt und dabei auch Rocket (Stimme im Original: Bradley Cooper, auf Deutsch: Fahri Yardım) schwer verletzt. Um ihren Freund und Mitstreiter zu retten, begeben sich Peter, Drax (Dave Bautista), Groot (Stimme im Original: Vin Diesel) und Co. auf eine kosmische Odyssee, die eng mit der traumatischen Vergangenheit des waffenvernarrten Waschbären, der einst vom nach Perfektion strebenden High Evolutionary (Chukwudi Iwuji) erschaffen wurde, verknüpft ist…

    So viel haben wir im MCU noch nie geheult

    Das MCU und aufrichtige Emotionen sind oftmals so eine Sache. Nicht selten werden dort dramatische Momente durch schnell nachgeschobene Wegwerfgags weggelacht und so im Keim erstickt (man denke etwa an die Zaubermantel-Tränenwegwisch-Szene in „Doctor Strange“ als eines von zahllosen Beispielen). James Gunn hat hingegen schon mit den ersten beiden „Guardians“-Teilen bewiesen, dass er es wie aktuell kaum ein Zweiter im Blockbuster-Fach versteht, Humor und Gefühle virtuos unter einen Hut zu bringen. Über eine Laufzeit von stolzen zweieinhalb Stunden strauchelt diesmal aber selbst Gunn in seiner Meisterdisziplin ein wenig.

    Dass er sich im dritten Anlauf bisweilen der Marvel-Eigenheit des Tragik-lindernden Witzes beugt, kommt in diesem Fall aber eher einer durchaus nötigen Erlösung gleich: „Guardians Of The Galaxy 3” lässt nämlich trotzdem noch mehr als genug Raum für herzzerreißende Szenen, die ganz besonders an die Nieren gehen und zum Düstersten und Traurigsten gehören, was das MCU bisher hervorgebracht hat. Während es in „Guardians Of The Galaxy 2“, „Avengers: Infinity War“ und „Avengers: Endgame“ primär die Enden waren, die Marvel-Fans die Tränen in die Augen getrieben haben, passiert das hier immer wieder in Szenen, die sich über den gesamten Film verteilen.

    Rockets Origin-Story ist absolut herzzerreißend.

    Einen dezenten Vorgeschmack auf diesen vom MCU so nicht gewohnten Ton bietet schon die Eröffnungssequenz, in der Rocket Radioheads „Creep“ leise-melancholisch mitsingt. Wirklich in die Vollen geht es dann aber in den immer wieder eingestreuten Flashbacks, die Rockets Origin-Story beleuchten und es ganz schön in sich haben. James Gunn präsentiert uns hier einen bizarren Mikrokosmos, der ein wenig so wirkt, als hätte man bei George Millers finsterer Familienfilm-Fortsetzung „Schweinchen Babe in der großen Stadt“ noch mal gehörig an der Skurrilitäten-Schraube gedreht. Hier lernen wir neben Rocket noch andere obskur-entstellte Tierexperimente kennen, die sich irgendwo auf einer seltsamen Grenze zwischen knuffig und abscheulich bewegen (und garantiert keine eigenen Disney-Plüschfiguren fürs kommende Weihnachtsgeschäft bekommen werden).

    Innerhalb kürzester Zeit bringt uns Gunn eine ungemein herzliche Freundschaft zwischen vier der eingesperrten Kreaturen näher, bei der man zeitweise fast schon vergisst, in welcher trostlosen Situation sich Rocket und Co. hier befinden. Das wird einem dann aber umso schmerzlicher bewusst, wenn die stets im Hintergrund lauernde Gefahr in Form des High Evolutionary in dieses Zusammensein einbricht. Der bleibt in seinem besessenen Wahn, die perfekte Lebensform und Gesellschaft zu erschaffen, zwar größtenteils eindimensional, darf dabei aber so hundsgemein sein, wie man es in dieser Konsequenz selten bei MCU-Bösewichten gesehen hat – wodurch er letzten Endes einen nachhaltigeren Eindruck hinterlässt als viele seiner Vorgänger*innen. (Dass daneben Comic-Liebling Adam Warlock zur Witzfigur degradiert wird, dürfte Fans der Vorlagen derweil ziemlich spalten.)

    Ein würdiger Abschied, der nicht zugleich x andere Filme vorbereiten muss

    Rockets Leidensweg zum Herzstück des großen Trilogie-Finales zu machen, ist dabei auf gleich mehreren Ebenen ein smarter Kniff, der bestens aufgeht. Nicht nur sind die heftigen Szenen für sich genommen ein rührender Selbstläufer, auch werden sie in den meisten Fällen so elegant in die Gegenwarts-Story eingebettet und mit ihr verwoben, dass sie dieser erst richtig Gewicht verleihen und tatsächlich greifbar machen, was hier eigentlich alles auf dem Spiel steht. Deshalb ist es auch eine begrüßenswerte Entscheidung, diesmal fast gänzlich auf Verweise auf das größere MCU zu verzichten, um sich so voll und ganz auf die Abschiedsvorstellung der Guardians zu konzentrieren.

    Dass einer von ihnen dem Tod ins Auge blickt, lässt das Band, das sich auf ihrer bisherigen Reise zwischen den Guardians gebildet hat, noch einmal erstarken. Egal, wie sehr sich die einzelnen Mitglieder untereinander immer wieder beharken, wenn es darauf ankommt, ziehen alle ganz selbstverständlich an einem Strang und können sowohl jeder für sich als auch als Team (genau wie ihre Darsteller und Darstellerinnen) noch einmal auftrumpfen. Der über ein Jahrzehnt erfolgte Aufbau der Figuren zahlt sich letztlich voll und ganz aus und hätte wohl von niemand anderem als James Gunn (der nicht ohne Grund auch die Guardians-Auftritte außerhalb der „Guardians Of The Galaxy“-Filme überwacht hat) zu einem solch formvollendeten (vorläufigen?) Schlusspunkt zusammengeführt werden können.

    Eher eindimensional, aber dafür richtig schön fies: der neue Bösewicht High Evolutionary (Chukwudi Iwuji)!

    Auf der Action-Seite findet das Ganze seinen Höhepunkt in einer peppig choreografierten One-Shot-Korridor-Sequenz zu den Klängen der Beastie Boys, die trotz gesichtsloser Gegnerhorden einfach mächtig Laune macht. Ein inszenatorisches und kreatives Highlight ist daneben auch die organische Forschungsstation, die die Guardians an einer Stelle infiltrieren müssen und die nicht nur vor eklig-originellen Einfälle sprüht (und obendrein mit einem herrlichen Gastauftritt von James-Gunn-Buddy und „Firefly“-Star Nathan Fillion aufwartet), sondern zugleich auch noch mit ein paar knalligeren Farbakzenten im sonst leider etwas MCU-matschigen Look aufwartet.

    Und wenn wir schon bei eklig sind, wollen wir an dieser Stelle auch noch eine kleine Trigger-Warnung für jüngere „Guardians“-Liebhaber*innen loswerden: Tatsächlich reizt James Gunn in seinem Marvel-Schwanengesang die Grenzen der familienfreundlichen US-Altersfreigabe PG-13 noch einmal mächtig aus, gerade auch mit den Szenen rund um den High Evolutionary, bei denen auch die FSK sicherlich mehr als ein Auge zudrücken musste, um die für das MCU gewohnte Freigabe ab 12 Jahren rauszurücken.

    Fazit: „Guardians Of The Galaxy Volume 3“ ist ein ebenso emotionaler wie befriedigender Abschluss von James Gunns MCU-Trilogie, bei dem jeder und jede aus der Chaoten-Truppe noch mal (mindestens) einen großen Moment bekommt, wobei Rockets tieftragische Hintergrundgeschichte alles zusammenhält. Taschentücher bereithalten!

     

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