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    Hypnotic
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Hypnotic

    Die B-Version eines Christopher-Nolan-Blockbusters

    Von Christoph Petersen

    Als Regisseur, Produzent und Nebendarsteller des Amazon-Originals „Air – Der große Wurf“ (4,5 Sterne auf FILMSTARTS) wurde Ben Affleck in den vergangenen Monaten regelrecht mit Lob überhäuft. Aber Licht und Schatten liegen ja gerade in Hollywood oft dicht beieinander – und so folgte nur wenige Wochen später der schwächste US-Kinostart in der Karriere des als Drehbuchautor von „Good Will Hunting“ und Produzent von „Argo“ bereits zwei Mal mit dem Oscar ausgezeichneten Schauspielers: „Hypnotic“ spielte am ersten Wochenende nur magere 2,4 Millionen Dollar ein – und das trotz eines Starts in mehr als 2.100 Kinos sowie einem Budget von kolportierten 65 Millionen Dollar. Da passt es eigentlich ganz gut, dass Affleck in alte Muster verfällt und die 93-minütige Spieldauer hindurch nur einen einzigen Gesichtsausdruck an den Tag legt – wobei dieser auch noch so wirkt, als würde der „Armageddon“-Star eine auf Filmlänge aufgeblasene Variante des „Sad Affleck“-Memes abliefern.

    Sicherlich lässt sich das miese Abschneiden zum Teil damit erklären, dass das ursprüngliche Studio noch vor dem Kinostart in Nordamerika pleitegegangen ist und der eingesprungene Verleih Ketchup Entertainment kaum Geld ins Marketing investiert hat. Es hat aber sicherlich auch damit zu tun, dass es gar nicht so leicht ist zu erklären, worum genau es in dem Mystery-Thriller von Robert Rodriguez („From Dusk Till Dawn“) eigentlich geht – immerhin ist auch das Skript, das der Kultregisseur gemeinsam mit „Godzilla“-Autor Max Borenstein verfasst hat, die meiste Zeit über damit beschäftigt, Nebenfiguren geradeheraus erklären zu lassen, was genau hier eigentlich gerade passiert. Nichtsdestotrotz macht die Prämisse echt neugierig und einige der zahlreichen Twists sind auch ziemlich cool – und gerade deshalb ist es so schade, dass das zerlaberte Ergebnis selbst als B-Movie-Version eines Christopher-Nolan-Blockbusters nur sehr bedingt überzeugt.

    Ben Affleck spielt in „Hypnotic“ ein wenig so, als wäre es eine spielfilmlange Version des „Sad Affleck“-Memes.

    Seit seine Tochter Minnie verschwunden ist, steckt Danny Rourke (Ben Affleck) in einem tiefen depressiven Loch, an dem auch noch seine Ehe zerbrochen ist: Der Cop des Austin Police Department war damals mit dem siebenjährigen Mädchen (Ionie Olivia Nieves) auf einem Spielplatz, als sie in einem nur kurzen Moment der Unaufmerksamkeit von einem 18-jährigen Mann entführt wurde. Zwar konnte der Täter schnell gestellt werden – nur gab dieser an, sich weder an die Tat selbst noch an den Aufenthaltsort seines Opfers erinnern zu können. Doch nun gibt es wieder Hoffnung, als Danny und sein Partner Nicks (JD Pardo) einem anonymen telefonischen Hinweis, dass der Einbruch in ein bestimmtes Bankschließfach kurz bevorstünde, nachgehen. In dem genannten Schließfach stoßen sie auf ein Foto von Minnie, auf dem die Anweisung „Finde Dev Dellrayne“ geschrieben steht.

    Zur selben Zeit betritt ein Mann die Bank (William Fichtner), der seine Umgebung offenbar allein mit der Kraft seiner Gedanken beeinflussen kann – so knallen sich etwa zwei Wachleute einfach gegenseitig ab, nur weil der mysteriöse Fremde das so will. Weitere Recherchen führen Danny und Nicks zu der Wahrsagerin Diana Cruz (Alice Braga), die hinter dem anonymen Anruf steckt: Mit ihrer Hilfe kommen die Cops einer gewaltigen Verschwörung rund um eine Geheimorganisation von mächtigen Hypnotiseuren und Hypnotiseurinnen auf die Spur – und selbst das ist noch immer nur die Spitze des Eisbergs…

    Danny weiß schnell nicht mehr, wem er überhaupt noch trauen soll?

    All die schon in den ersten paar Minuten aufgeworfenen Fragen rund um die Entführung und den Banküberfall machen definitiv neugierig – da kommen so viele mysteriöse Details zusammen, dass man sich nicht mal eben so eine Erklärung für all die Vorkommnisse zusammenbasteln kann. Das erinnert dann durchaus an die großgedachten cineastischen Rätsel eines Christopher Nolan (speziell „The Prestige“ und „Inception“) – nur ist der „Oppenheimer“-Regisseur eben vor allem ein visueller Erzähler, während Robert Rodriguez bei dem sich anschließenden Roadtrip gen Mexiko diesmal enttäuschend viel auf die Dialoge auslagert: Mit der tollen Alice Braga („The Suicide Squad“) wird Ben Affleck dabei sogar eine fleischgewordene Erklärbärin zu Seite gestellt, die lange Zeit wenig anderes zu tun bekommt, als ein Detail der Verschwörung nach dem anderen für ihn aufzudröseln.

    Nur William Fichtner („Drive Angry“) kann tatsächlich mit seiner Präsenz überzeugen und seine Widersacher*innen allein mit seinem eiskalten Blick aus dem Weg räumen (das glaubt man dem Charaktermimen sofort). Ansonsten plätschert das alles aber erst einmal mit ein paar halbgaren Actioneinlagen so dahin, bis nach gut der Hälfte der Spielzeit der erste ganz große Twist ansteht – und die darauf folgenden Szenen sind die besten des ganzen Films: Wie eine Mischung aus „The Cabin In The Woods“, „One Cut Of The Dead“, „X-Men“ und Hinter-den-Kulissen-Aufnahmen einer „Joko und Klaas“-Show mutet „Hypnotic“ hier kurzzeitig an – das macht zumindest für fünf bis zehn Minuten richtig Laune, bevor der Film dann doch wieder in sein altes Muster zurückfällt.

    Fazit: Hier und da scheint zumindest durch, wie viel (trashiger) Spaß bei diesem mit abgefahrenen Twists vollgestopften Plot auch möglich gewesen wäre. Stattdessen aber schleppt sich ein gelangweilt wirkender Ben Affleck durch zu viele Szenen, in denen die vertrackten Hintergründe der Verschwörung einfach geradeheraus erklärt statt auf irgendeine Weise visuell enthüllt werden.

    Wir haben „Hypnotic“ beim Cannes Filmfestival 2023 gesehen.

     

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