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    Tom & Jerry
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Tom & Jerry

    Wo bitteschön bleibt die Sahne?

    Von Oliver Kube

    Seit sie vor mehr als 80 Jahren in ihrem ersten gemeinsam Kinofilm auftraten, befinden sich Kater Tom und Maus Jerry im Dauerclinch. Erdacht von den späteren „Familie Feuerstein“-Erfindern William Hanna und Joseph Barbera, brachten es die populären Streithähne zwischen 1940 und 1967 auf stolze 161 solcher Kurzfilme, von denen sieben Stück sogar mit einem Oscar ausgezeichnet wurden. Ab 1975 wurden zudem mehrere langlebige TV-Serien produziert, die bis heute weltweit mit Erfolg immer und immer wieder gesendet werden. 1992 kamen die ungleichen Kontrahenten mit „Tom und Jerry - Der Film“ erstmals abendfüllend ins Kino – dort war es zwar kein großer Hit, führte aber dennoch zu unfassbaren 13 (!) Direct-to-Video-Fortsetzungen.

    Mit der Familien-Actionkomödie „Tom & Jerry“ von „Ride Along“-Regisseur Tim Story geht es nun zurück auf die große Leinwand. Der Film ist ein Hybrid mit realen Menschen und Umgebungen sowie gezeichneten Tieren, also wie damals schon bei Robert Zemeckis‘ „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“. Technisch und visuell kann der Mix auch durchaus überzeugen. Nur schade, dass die lahme und nur punktuell witzige Story, die sich zudem viel zu sehr auf die uninteressanten menschlichen Figuren statt die tierischen Titelhelden konzentriert, da so gar nicht mithalten kann.

    Angenehm Oldschool und kein "lebensechtes CGI": Tom & Jerry sehen auch im neuen Kinoabenteuer noch immer so aus wie eh und je!

    Kayla (Chloë Grace Moretz) geht es finanziell nicht allzu gut. Ihre Lage ist sogar so mies, dass sie sich routinemäßig in ein New Yorker Luxushotel schleicht, um dort ein paar Happen vom opulenten Frühstücksbuffet abzustauben. Dabei bekommt sie zufällig mit, dass das Haus die Hochzeit eines prominenten Paares ausrichten soll und deshalb händeringend nach Personal für die ausschweifend-extravaganten Festivitäten (es soll u. a. ein Elefant auftreten) sucht.

    Mit Hilfe kleiner Tricks und Flunkereien gelingt es Kayla tatsächlich, an den Job zu kommen – sehr zum Missfallen ihres neuen Vorgesetzten Terence (Michael Peña), der ihr nicht über den Weg traut. Kaylas erste Aufgabe ist es, die in der Küche und den Fluren des Hotels ihr Unwesen treibende Maus Jerry loszuwerden. Der jungen Frau kommt die Idee, dafür den Straßenkater Tom zu verpflichten. Ein folgenschwerer Fehler, wie sich herausstellt. Denn das sich seit Ewigkeiten bekriegende Duo droht schon bald, das gesamte Hotel in Schutt und Asche zu legen…

    Alles beim Alten – zum Glück

    Es fällt sofort auf, dass Tom und Jerry nicht nur aussehen wie immer, sondern auch ihre Bewegungen, ihre Mimik und ihr Verhalten sehr nah an den klassischen Figuren bleibt, die bereits Generationen mit ihren Zankereien begeistert haben. Auch die Kämpfe zwischen den beiden sind ähnlich überdreht und überzogen (wenn auch längst nicht so gewalttätig wie in den ganz alten Kurzfilmen). In „Tom & Jerry“ gibt es keine zwanghafte CGI-Modernisierung wie bei „Alvin und die Chipmunks“ oder „Die Schlümpfe“.

    Die simpel wirkende und dennoch selbst modernen (Kinder-)Ansprüchen durchaus gerecht werdende Animation auch anderer im Film vorkommender Tiere wie Elefanten, Tauben und Fischen orientiert sich klar sichtbar an den über Dekaden bewährten Vorbildern. Zum Glück verzichtet man zudem darauf, die beiden plötzlich sprechen zu lassen, wie es noch im ersten Kinofilm von 1992 der Fall war. Allein die Darstellung der bereits in den alten TV-Episoden immer wieder auftauchenden Bulldogge Spike enttäuscht ein wenig. Der Gegenspieler, der Tom & Jerry zu einer zwischenzeitigen Zusammenarbeit zwingt, schaut allzu harmlos, fast schon knuffig aus und wirkt so von Anfang an eher tollpatschig als gefährlich.

    Zu viele Menschen, zu wenig Tom & Jerry

    Leider verfliegt die Freude über die gelungenen Designs genauso schnell auch wieder, sobald die zentrale Schwäche des Films offenbar wird: In den alten Kurzfilmen und TV-Serien spielten Menschen – wenn überhaupt – nur einen sehr weit untergeordneten Part. Hier degradieren sie die beiden tierischen Stars hingegen zu Sidekicks in ihrem eigenen Kinofilm. Dabei ist Hauptdarstellerin Chloë Grace Moretz („Kick-Ass“) mit spürbarem Engagement dabei. Sie versucht mit Charme und Enthusiasmus, das Beste aus ihrer von Drehbuchautor Kevin Costello („Die Abenteuer von Brigsby Bär“) nahezu ohne Background und Charakterentwicklung geschriebenen Figur zu machen. Aber selbst das hilft nicht viel.

    Statt Tom und Jerry ihre erprobten Routinen abfeuern zu lassen, rückt das sehr viel mauere – äh – Katz-und-Maus-Spiel zwischen Kayla und ihrem neuen Chef ins Zentrum. Selbst den völlig banalen Beziehungssorgen des blasierten und deshalb eher unsympathischen Superreichen-Pärchens wird mehr Raum gegeben als den eigentlichen Stars, für die man sich ja wahrscheinlich überhaupt erst ein Kinoticket gelöst hat. Da dürfte nicht nur kleinen Fans der beiden Zeichentrick-Legenden schnell langweilig werden.

    Chloë Grace Moretz gibt sich wirklich alle Mühe - aber man ist eben eigentlich für Tom & Jerry gekommen, von denen es dann einfach nicht genug zu sehen gibt...

    So richtig turbulent wird es allein dann, wenn Tom und Jerry endlich mal von der Leine gelassen werden und etwa unter unfreiwilliger Mithilfe von Spike eine gigantische Party ruinieren, indem sie so gut wie jedes Stück Porzellan, Glas und Kristall in einem riesigen, mit zahllosen Gästen gefüllten Ballsaal zerschlagen. Oder wenn sie auf einem Elektro-Skateboard durch die Straßen brettern und dabei den gesamten Autoverkehr in Manhattan lahmlegen. Eine Aneinanderreihung solcher Slapstick-Momente auf 100 Minuten hätte sicherlich auch irgendwann an Unterhaltungswert verloren. Weshalb sich die Frage stellt, ob es überhaupt Sinn macht, das etabliertes Konzept mit acht- bis zwölfminütigen Vignetten zu einem Kinofilm aufzublasen. Das Floppen des 1992er-Versuchs hätte da eine Warnung sein können.

    Fazit: Für Fans des Chaos-Duos ist es in den ersten Momenten schön, Tom und Jerry in moderner, aber zugleich auch nahezu originalgetreuer Form auf der großen Leinwand wiederzusehen. Die Freude ist dann aber leider nur von kurzer Dauer, weil der Film seine Titelfiguren über weite Strecken ignoriert und sich stattdessen auf uninteressante menschliche Charaktere und ihre überwiegend unlustigen Späße konzentriert.

    Achtung: Es gibt noch eine Post-Credit-Szene. Die ist allerdings nicht nur schmerzhaft unlustig, sondern kommt – wie so viele andere überflüssige Momente im Film – auch wieder komplett ohne Tom und Jerry aus.

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