Mein Konto
    Und täglich grüßt die Liebe
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Und täglich grüßt die Liebe

    Eine Ehe im Zeitraffer - und zwar buchstäblich!

    Von Helena Berg

    Haben Sie sich schon einmal überlegt, wie Ihr Leben in einem Jahr aussehen wird? In fünf Jahren? Oder sogar in zehn Jahren? Und nun stellen Sie sich vor, Sie würden innerhalb von Minuten tatsächlich eine Antwort erhalten. Sie wären wahrscheinlich ähnlich verwirrt wie Teddy (Rafe Spall), der sich nach seiner Hochzeit mit Leanne (Zahra Newman) plötzlich in einem Zeitraffer wiederfindet: Alle paar Minuten springt er ein Jahr vorwärts, jeweils direkt zu seinem nächsten Hochzeitstag. Dummerweise entfernt sich Teddys Leben dabei Jahr für Jahr mehr von dem, was er sich eigentlich vorgestellt hatte…

    Kommt Ihnen das zumindest vage bekannt vor? Keine Sorge, „Und täglich grüßt die Liebe” von Josh Lawson ist tatsächlich eine Art Variation von Filmen wie „…und täglich grüßt das Murmeltier” oder „Klick” mit Adam Sandler. Die australische Komödie, die im Original sehr viel schöner „Long Story Short” heißt, ist sich dessen aber durchaus bewusst und nimmt auf seine Vorbilder immer wieder spielerisch Bezug. So versucht Teddy, es dem von Bill Murray verkörperten Protagonisten in „…und täglich grüßt das Murmeltier” gleichzutun, sein Verhalten zu ändern und einen möglichst perfekten Moment zu erleben, um aus der Zeitsprung-Nummer irgendwie wieder herauszukommen.

    Am Tag der Traumhochzeit ist noch alles in bester Ordnung ...

    Genau an diesem Punkt macht Regisseur Lawson („Der kleine Tod. Eine Komödie über Sex”), von dem auch das Drehbuch stammt, jedoch einen Denkfehler: Denn Teddy, der vorher immer alles auf die lange Bank geschoben hat, kämpft im Zeitraffer bereits ab der ersten Minute um seine Frau und ist offensichtlich bereit, alles für sie zu tun. Schließlich bringt ihm erst ein schnulzige Rede die Erlösung. Aber: Reden und sich für seine Frau Zeit nehmen waren doch laut der Exposition noch nie dir Probleme von Teddy. Was genau verändert er also im entscheidenden Moment?

    Konsequenter wäre es gewesen, den antriebsschwachen Teddy schließlich anpackend handeln zu lassen – ganz ohne den üblichen Aufschub, den er sich vor seiner Hochzeit für alles gegönnt hat. So ist es am Ende mehr der alles beschleunigende Zeitraffer an sich, der Teddy zum Anpacken bewegt – und nicht etwa seine Entwicklung innerhalb der Geschichte. Dadurch wirken die Szenen an den aufeinanderfolgenden Hochzeitsteile wie einzelne Teile, die sich jedoch nicht zu einem vollständigen Puzzle zusammensetzen lassen.

    Die Darsteller retten eine Menge

    Umso erwähnenswerter ist das Spiel der Darsteller*innen, zu denen auch Ronny Chieng und Dena Kaplan gehören. Sie steuern eine Leichtigkeit bei, die die Konstruiertheit des Plots immer wieder vergessen lässt. Besonders Zahra Newman verleiht „Und täglich grüßt die Liebe” einen unwiderstehlichen Charme, während Rafe Spall für reichlich Komik sorgt. Auch die diverse Besetzung gibt dem Film eine eigene Note. So kommt es, dass man teilweise die Geschichte als Ganzes vergisst und das Ziel aus den Augen verliert, sich aber einfach auf die nächste Szene mit den so hervorragend aufgelegten Schauspieler*innen freut. Die Kulisse an der australischen Küste rundet dieses Gute-Laune-Gefühl zusätzlich ab.

    Beim Zeitreise-Konzept wäre hingegen noch viel mehr möglich gewesen: Warum ist Teddy überhaupt so ein chronischer Aufschieber? Denkt er einfach, er hätte immer noch genügend Zeit oder gibt es einen anderen Kern des Problems? Wird er durch das Aufschieben zu einem egoistischen Menschen oder ist dies ein zusätzliches Problem von ihm? Schließlich könnte Teddy sein Leben, wenn er es erst einmal aus dem Zeitraffer herausgeschafft hat, sogar noch länger vorkommen als ohnehin schon... Der Film verpasst es, sich mit den Nöten und Entwicklungen der Figuren wirklich auseinanderzusetzen, worunter besonders Leanne an Tiefe verliert: Sie wird zu einer Frau, die einfach nur über viele Jahre hinweg ihrem verwirrten Ehemann hinterhertrauert.

    ... aber in den folgenden, im Zeitraffer durchlebten Jahren ist das Eheleben immer weniger so, wie Teddy es sich vorgestellt hat.

    Trotzdem ist der Film, gerade für eine romantische Komödie, doch recht progressiv, nicht nur was die Besetzung angeht. Die Darsteller*innen stürzen sich nie in die naheliegenden Rollenklischees – auch Themen wie Homosexualität, Therapie oder Krebs werden offen angesprochen, während die Gespräche über angenehm entspannt verlaufen. Long Story Short: „Und täglich grüßt die Liebe” geht mit der Zeit.

    Fazit: Ein wunderbar gespielter Wohlfühlfilm mit lustigen Momenten, der die Konflikte seiner Figuren jedoch nur oberflächlich behandelt, weshalb auch das Zeitraffer-Gimmick nur bedingt schlüssig wirkt.

     

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top