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    The Dive
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    The Dive

    Ein Tauchunfall mit dramatischen Folgen

    Von Michael Meyns

    Genrekino aus Deutschland hat es nicht leicht, aus vielfältigen Gründen. Zu geringe Budgets verhindern oft, dass deutsche Produktionen mit internationalen Thrillern, Horrorfilmen oder gar Actionfilmen mithalten können. Wer da als deutsche(r) Regisseur*in visuelles Talent beweist, wechselt deshalb oft schnell nach Hollywood oder zu den Streamern. Abhilfe könnte da die Kölner Produktionsfirma Augenschein Filmproduktion schaffen, die seit einigen Jahren aus Deutschland heraus Genrefilme produziert: Auf Englisch gedreht, mit internationalen Schauspieler*innen besetzt – aber oft von deutschen Regisseur*innen inszeniert. So wie nun Max Erlenwein, der beim Tauch-Thriller „The Dive“ zeigt, was er visuell draufhat. Nur inhaltlich bleibt der Unterwasser-Thriller dann doch zu dünn, um mehr zu sein als eine stilistisch überzeugende Visitenkarte für Regisseur und Produktionsfirma.

    Seit Jahren gehen die Schwestern May (Louisa Krause) und Drew (Sophie Lowe) gemeinsam tauchen. Eine Tradition, die seit Kindheitstagen besteht. Doch dieses Jahr scheint die ein paar Jahre ältere May eher aus Pflichtgefühl am Trip teilzunehmen. Auf der Fahrt zum abgelegenen Tauchplatz kommt kaum ein Gespräch zustande, die Kommunikation stockt, besonders wenn es um die Mutter geht. Zumindest unter Wasser sind sich die Schwestern dann nahe – bis es plötzlich zu einem Steinfall kommt und May sich nicht mehr befreien kann. Nun liegt es an der im Tauchen weniger erfahrenen Drew, die Situation zu meistern und sich ihres Einfallsreichtums zu bedienen, um Hilfe zu holen und vor allem neue Sauerstoffflaschen. Doch das ständige Auf- und Abtauchen fordert seinen Preis: Drew wird immer schwächer, während sie um das Leben ihrer unter Wasser gefangenen Schwester kämpft…

    Die Situation für die tauchenden Schwestern spitzt sich immer verzweifelter zu!

    Wer eingefleischter Tauchfilmfan ist und keinen Unterwasserfilm auslässt, dem dürfte diese Inhaltsangabe irgendwie bekannt vorkommen. Und tatsächlich: „The Dive“ ist das englischsprachige Remake des erst 2020 entstandenen norwegischen Films „Breaking Surface – Tödliche Tiefe“ von Joachim Héden, der in Deutschland auf dem Fantasy Filmfest lief und dann im Heimkino erschien. Dass das Remake jetzt schon ins Kino kommt und die Dreharbeiten sogar schon im Spätsommer 2021 stattfanden, hat zweierlei Gründe: Zum einen hat Max Erlenwein das Original praktisch eins-zu-eins kopiert – zum anderen ist es der Kölner Produktionsfirma Augenschein aber trotzdem einfach auch superschnell gelungen, eine für deutsche Verhältnisse recht große Produktion auf die Beine zu stellen. Allein das ist angesichts der bekannten und immer wieder ärgerlichen Trägheit der deutschen Filmförder- und Produktionssysteme bemerkenswert und verrät einiges über die Ambitionen der Firma.

    Die beiden Teilhaber Jonas Katzenstein und Maximilian Leo produzieren neben eher typischen deutschen Dramen wie „Der Russe ist einer, der Birken liebt“ vor allem Filme mit Blick auf den internationalen Markt. So entstanden etwa der Flugzeugentführungs-Thriller „7500“ mit Joseph Gordon-Levitt oder der Science-Fiction-Film „Stowaway“ mit Anna Kendrick und Toni Collette. Noch eine Nummer größer wird der demnächst ins Kino kommende „Berlin Nobody“, in dem Eric Bana die Hauptrolle spielt und der in Zusammenarbeit mit Ridley Scotts Firma ScottFree entsteht.

    Gerade unter Wasser liefert Kameramann Frank Griebe besonders spektakuläre Bilder!

    Die Besetzung von „The Dive“ fällt unterdessen noch eine Nummer kleiner aus: Louisa Krause kennt man aus den TV-Serien „The Girlfriend Experience“ und „Billions“, Sophie Lowe spielte in B-Pictures wie „Medieval“ oder „Above Suspicion“ mit. An den beiden Darstellerinnen liegt es jedoch nicht, dass „The Dive“ nie so recht in Fahrt kommt. Gerade Lowe überzeugt auch über Land als jüngere Drew, die alles in Bewegung setzt, um ihre ältere Schwester zu retten. Einige impressionistische Rückblenden sollen zwar Kindheitstraumata andeuten, bleiben jedoch allzu vage, um den Figuren psychologische Tiefe zu geben. Was nicht unbedingt notwendig gewesen wäre, aber vielleicht dabei geholfen hätte, den Wettlauf gegen die Uhr ein wenig mitreißender zu gestalten.

    So bleibt „The Dive“ ein inhaltlich sehr rudimentärer Survival-Film, der zwar durch kleine Spannungsmomente überzeugt, vor allem aber durch seine Bilder. Für die war Frank Griebe verantwortlich, Tom Tykwers Stammkameramann, der etwa auch schon „Lola Rennt“, „Das Parfum“ oder „Cloud Atlas“ fotografierte und hier über wie unter Wasser brillante Aufnahmen abliefert. Zumindest für einzelne Momente entsteht hier ein Rausch der Tiefe, doch die Faszination für die Unterwasserwelt, die die Schwestern trotz aller Gefahren magisch anzieht, bleiben das fesselndste Element in einem Thriller, der selbst für ein kleines B-Picture inhaltlich allzu dünn bleibt.

    Fazit: Zumindest stilistisch kann Max Erlenweins Tauch-Thriller „The Dive“ mit spektakulären Unterwasser-Bildern überzeugen. Inhaltlich bleibt die Story aber zu dünn, um mehr zu sein als ein rohes, kleines B-Picture, das so eher (noch) nicht dazu beitragen wird, Genrekino aus Deutschland zu mehr Kinoerfolgen zu verhelfen.

     

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