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    Das Privileg - Die Auserwählten
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Das Privileg - Die Auserwählten

    Zu viel Plot, zu wenig Spannung

    Von Christoph Petersen

    Abgesehen von einer Mini-Welle nach dem riesigen Erfolg von „Anatomie“, der im Jahr 2000 mehr als zwei Millionen Besucher*innen in die Kinos locken konnte, lässt sich ganz allgemein festhalten: Es gibt viel zu wenige deutsche Horrorfilme! Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass Felix Fuchssteiner und Katharina Schöde den Auftrag, einen deutschen Horror-Thriller für Netflix zu produzieren, nun dazu genutzt haben, so viele Genre-Elemente wie nur irgendwie möglich in einen einzigen Film zu stopfen. Man weiß ja nicht, wann man noch mal die Chance bekommt – und nachzuholen gibt es schließlich ebenfalls genug. Allerdings führt das im Fall von „Das Privileg – Die Auserwählten“ auch dazu, dass der Film nach einem fesselnden Auftakt schon relativ bald unter der Last von zu viel Plot zusammenbricht.

    Finn (Max Schimmelpfennig) ist 18 Jahre alt – und damit genau in dem Alter, in dem seine ältere Schwester Anna (Caroline Hartig) sich vor sieben Jahren erst ein Messer in den Rachen rammte und dann von einer Brücke sprang. Offenbar fühlte sie sich von irgendwem oder irgendwas verfolgt – und auch Finn ist sich sicher, damals in der fraglichen Nacht etwas Mysteriöses gesehen zu haben. Seitdem wird der Eliteschüler von heftigen Albträumen geplagt – und kann sich deshalb auch nie sicher sein, ob die von ihm beobachteten Grausamkeiten nur in seinem Kopf oder in der Realität stattfinden. Als es in seinem Freundeskreis zu mysteriösen Todesfällen kommt, will Finn der Sache sofort auf den Grund gehen – während die Erwachsenen in seinem Umfeld das alles erstaunlich lässig hinnehmen...

    Finn (Max Schimmelpfennig) und seine beste Freundin Lea (Lea van Acken) sind einer gewaltigen Verschwörung auf der Spur.

    Der Film startet mit den grausamen Geschehnissen damals vor sieben Jahren – und gibt damit direkt zu Beginn richtig Gas: Im Garten materialisiert sich (vielleicht) ein Nebelmonster, die Garagenpforte öffnet sich wie von Geisterhand und die stark aus dem Mund blutende Anna will nicht nur auch ihrem jüngeren Bruder den Rachen ausschaben, sondern warnt auch davor, dass „es“ hier sei und die beiden holen wolle... Das ist atmosphärisch, intensiv – und man fragt sich direkt, was zum Teufel denn nun hinter all diesen merkwürdigen Vorkommnissen stecken könnte? Das Problem ist nur: Nicht eine Antwort ist richtig – sondern alle und dazu noch viel mehr!

    „Das Privileg – Die Auserwählten“ schmeißt Elemente aus „Faculty“, „Der Unsichtbare“, „Der Exorzist“ und zahllosen weiteren Horror-Schockern und Paranoia-Thrillern zunehmend wahllos zusammen. Da stehen dann realweltliche Erklärungen wie psychotische Pilze neben übersinnlichen Erfahrungen wie dämonischen Séancen – und nach der alles und nichtssagenden Auflösung ist man auch kaum schlauer, wozu die ganzen einzelnen Elemente nun eigentlich nötig waren. Die potenziell spannenden Szenen, etwa wenn Finns Kumpel Ramin (Rojan Juan Barani) in der Waschanlage plötzlich von einer alten Frau mit weiß-milchigen Augäpfeln attackiert wird, sind dabei durch die Bank superkurz gehalten – man muss ja schnell zurück zum überfrachteten Plot.

    Ein Erklärbär nach dem anderen...

    Da erfährt man dann in einer Szene alles über Pilze, die nur auf toten Menschen wachsen, und in der nächsten alles über Séancen, bei denen man bloß kein Wort sagen darf – und so hangelt man sich eben von einer Erklärbär-Figur zur nächsten. Das wird schnell arg dröge, zumal dabei kaum mal Spaß oder Spannung aufkommt. Was ebenfalls viel zu kurz kommt, ist die Interaktion zwischen den jungen Protagonist*innen – und gerade die erweist sich ja sonst oft als das Herzstück von Teenie-Horror-Filmen.

    Das ist auch deshalb besonders schade, weil gerade das zentrale Trio um Max Schimmelpfennig („Dark“), Lea van Acken (als Finns lesbische beste Freundin Lea) und Tijan Marei (als Finns heimlicher Schwarm Samira) echt stark besetzt ist und zudem spürbar Bock auf Horror hat - selbst wenn eine kitschig inszenierte Ménage-à-trois im stillgelegten Schwimmbad wohl eher dem aktuellen Zeitgeist als in dem Moment nachvollziehbaren pubertären Gelüsten geschuldet ist.

    Fazit: Erst faszinierend, dann dröge, dann abstrus – „Das Privileg – Die Auserwählten“ will einfach zu viel (verschiedenes) und verliert dabei die Teenie-Horror-Hauptzutaten Spaß und Spannung zunehmend aus den Augen.

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