A Working Man
Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
3,5
gut
A Working Man

Jason Statham als ultimative Ein-Mann-Armee

Von Christoph Petersen

Im letztjährigen FSK-18-Überraschungshit „The Beekeeper“ hat Jason Statham als Adam Clay seine gewalttätige Vergangenheit als Elitekämpfer einer mächtigen Geheimorganisation hinter sich gelassen, um stattdessen als Imker zu arbeiten. Aber dann verfällt er nach dem Tod seiner Vermieterin doch wieder in alte Muster: Eigentlich will er lediglich ein paar Telefonbetrüger*innen ausfindig machen, nur um sich stattdessen durch eine großangelegte Verschwörung zu prügeln und zu ballern, die schließlich sogar bis zur Präsidentin der Vereinigten Staaten hinaufreicht. Ein Jahr später folgt nun der Erst-recht-FSK-18-Actioner „A Working Man“, erneut inszeniert von „Herz aus Stahl“-Regisseur David Ayer: Jason Statham hat als Levon Cade seine gewalttätige Vergangenheit als Elitekämpfer einer britischen Militäreinheit hinter sich gelassen, um stattdessen in Chicago auf dem Bau zu arbeiten.

Aber dann verfällt er nach der Entführung von Jenny (Arianna Rivas), der Tochter seines Bosses Joe (Michael Peña), doch wieder in alte Muster: Eigentlich will er die fleißige College-Studentin lediglich ihren Eltern zurückbringen, nur um sich stattdessen durch eine großangelegte Verschwörung zu prügeln und zu ballern, die schließlich nicht nur die gesamte russische Mafia, sondern auch noch weitere Verbrecherorganisationen auf den Plan ruft. „A Working Man“ ist also quasi „The Beekeeper“, aber auf Ketamin – oder wahlweise „John Wick 1 – 3“, komprimiert in einem einzigen, durch und durch räudigen Film. Das ist jedenfalls alles dermaßen drüber, dass man es als Statham-Fan einfach lieben muss – während die meisten anderen in „A Working Man“ wohl nur hyperbrutalen Bullshit erkennen werden.

Jason Statham ist in „A Working Man“ ein freundlicher, hilfsbereiter, herzensguter Kerl – es sei denn, man kommt ihm krumm, dann schaltet er sofort in den FSK-18-Modus um! Warner Bros.
Jason Statham ist in „A Working Man“ ein freundlicher, hilfsbereiter, herzensguter Kerl – es sei denn, man kommt ihm krumm, dann schaltet er sofort in den FSK-18-Modus um!

Relativ früh in „A Working Man“ wird Cades alter Militärkumpel Gunny Lefferty („Stranger Things“-Sheriff David Harbour) eingeführt: Der ist blind, haust in einer Hütte im Wald – und kann trotz seiner Behinderung sehr gut mit Pfeil und Bogen umgehen. Eigentlich eine klare Sache, dass er dem titelgebenden Working Man bei seinem Ein-Mann-Feldzug irgendwann hilfreich unter die Arme greifen wird. Aber Pustekuchen – und es wäre ja auch unfair: Die komplette russische Mafia einschließlich marodierender Motorradbanden und korrupter Cops hat ja auch so schon nicht den Hauch einer Chance gegen The Stath. Der ist im wahren Leben übrigens bereits 57 Jahre alt, aber das tut der Glaubhaftigkeit seiner brachialen Durchschlagskraft zumindest bislang noch keinerlei Abbruch.

Cade kämpft nebenher zwar auch noch für das Umgangsrecht mit seiner nach dem Selbstmord ihrer Mutter bei ihrem Großvater Dr. Jordan Roth (Richard Heap) lebenden kleinen Tochter Merry (Isla Gie), das wegen einer unbehandelten Posttraumatischen Belastungsstörung weiter eingeschränkt werden soll. Aber am Ende erreicht der von ständigen Rückschlägen gebeutelte Kriegsveteran dann doch eher die psychologische Tiefe von John Rambo in den Teilen 2 und 3 – von realen Traumata wie im ersten „Rambo“ lässt David Ayer jedenfalls schön die Finger. Dabei stammt das „A Working Man“-Skript von niemand Geringerem als Sylvester Stallone höchstpersönlich, der aus der zugrundeliegenden Buchreihe von Chuck Dixon eigentlich eine Fernsehserie machen wollte. Aber so besteht zumindest die Chance, noch ein paar weitere Levon-Cade-Filme zu drehen – Romanvorlagen gäbe es jedenfalls mehr als genug!

Abstieg in den Kaninchenbau

Relativ zu Beginn veranstaltet Dr. Roth eine Kostümparty in seinem Garten – und zwar nur, um es Cade noch schwerer zu machen, seine sowieso auf wenige Stunden in der Woche begrenzte Zeit mit seiner Tochter zu verbringen. Er selbst erinnert dabei an den Verrückten Hutmacher aus „Alice im Wunderland“ – und auch im weiteren Verlauf gibt es vereinzelte Anspielungen auf den Klassiker von Lewis Carroll. Tatsächlich kommt die Suche nach der entführten jungen Frau schon irgendwie einem Fall in den Kaninchenbau gleich: Kaum noch etwas wirkt wie aus der realen Welt, alles ist plötzlich mindestens fünf Nummern drüber – vom Anführer des Motorradclubs, der auf einem „Game Of Thrones“-artigen Thron aus Auspuffrohren hockt, über die zwei Mafia-Schergen in aufeinander abgestimmten, goldbestickten Pyjamas bis hin zu einer Orgie in einem abgelegenen, zum illegalen Casino umgestalteten Farmhaus, die wie ein Mix aus „Eyes Wide Shut“- und „Marie Antoinette“-Cosplay anmutet.

Es fühlt sich mitunter fast so an, als wäre das alles ein einziger großer extravaganter Maskenball, durch den sich der bodenständig gekleidete Vorarbeiter da hindurchmetzelt. Und wie er das tut: Waterboarding, Kopfschüsse, durchtrennte Kehlen – und das alles, ohne je auch nur eine Miene zu verziehen. Jason Statham ist einmal mehr ein Mann-auf-Mission, für den nur das eine Ziel zählt – und der selbst dann, wenn die Mafia seine Familie bedroht, höchstens eine Sekunde darüber nachdenkt, vielleicht doch einen Rückzieher zu machen. Er hat Jenny einmal versprochen, dass er ihr den Rücken freihält, also macht er das auch!

Für Cade ist die Sache klar: Wenn er anfängt, nach Jenny (Arianna Rivas) zu suchen, dann wird er niemals stoppen, bevor er sie gefunden hat! Warner Bros.
Für Cade ist die Sache klar: Wenn er anfängt, nach Jenny (Arianna Rivas) zu suchen, dann wird er niemals stoppen, bevor er sie gefunden hat!

Vor ein paar Wochen wäre dieser „A Working Man“ als ultimativer Kreuzzug eines einfachen, prinzipientreuen Mannes gegen all diese überschwänglich-nihilistische Dekadenz womöglich noch als potenzieller MAGA-Liebling durchgegangen – zumal Sylvester Stallone ja nicht nur kürzlich zum Hollywood-„Botschafter“ ernannt wurde, sondern Donald Trump auch noch mit George Washington und Jesus verglichen hat. Aber seitdem hat der Präsident seinen eigenen Veteranen den Krieg erklärt und in Wladimir Putin einen neuen Busenkumpel gefunden – zumindest in dieser Hinsicht ist „A Working Man“ mit seinem PTBS-Protagonisten und den russischen Bad Guys also wohl ein wenig spät dran…

Fazit: Was durch und durch räudige Hirnlos-Action betrifft, geht es wohl nicht viel besser. Quasi der quintessentielle Jason-Statham-Reißer – ganz unabhängig davon, ob das nun etwas inhärent Gutes oder Schlechtes ist. Sprich: Wer „The Beekeeper“ mochte, wird „A Working Man“ lieben! Wer „The Beekeeper“ schon nicht abkonnte, wird „A Working Man“ vermutlich verachten!

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