Er wurde mit einer alten 16-Millimeter-Kamera gedreht, hatte ein Budget von nicht mehr als 150.000 Dollar und reiht dennoch zahllose wahnwitzige Ideen aneinander, sodass einem kaum Zeit zum Durchatmen bleibt: „Hundreds Of Beavers“ feierte bereits im September 2022 seine Weltpremiere beim renommierten Fantastic Fest im texanischen Austin und entwickelte sich seitdem zu einem regelrechten Phänomen. Zweieinhalb Jahre später genießt die Geschichte eines ehemaligen Apfelschnapshändlers, der sich notgedrungen als Pelztierjäger versucht, längst Kultstatus. Und nun wird die winterliche Biberjagd endlich auch in Deutschland eröffnet!
„Hundreds Of Beavers“ kommt am 13. Februar 2025 endlich in die hiesigen Kinos, um dann womöglich auch hierzulande das Beaver Fever auszulösen. Genau das gelang Regisseur Mike Cheslik bereits in vielen anderen Teilen der Welt, in denen der Hybrid aus Low-Budget-„The Revenant“, Live-Action-Bugs-Bunny-Film und Hommage vor den ersten großen Action- und Comedy-Stars des Kinos wie Charlie Chaplin und Buster Keaton für Begeisterung sorgte – die spätestens 2024 eine regelrechte Hype-Lawine auslöst.
Denn nicht nur fallen herausragende 97 Prozent der Kritiken auf Rotten Tomatoes positiv aus, auf Letterboxd wurde die in den USA bereits im Vorjahr gestartete Pelztierjäger-Odyssee vor wenigen Wochen von hunderttausenden Usern sogar zur besten Comedy 2024 gewählt – sowie zum zweitbesten Film in der Kategorie Action/Adventure, in der er sich einzig und allein „Dune: Part Two“ geschlagen geben musste!
Aber was erwartet euch in „Hundreds Of Beavers“ nun eigentlich? Und warum sollte man dafür unbedingt ins Kino gehen? Und wie brachte es der Film dazu, als vielerorts als sogar größter Kultfilm des Jahres bezeichnet zu werden (und zwar auch vom Autor dieses Artikels)? Nun, einen ersten Eindruck könnt ihr euch nicht nur mit dem obigen Trailer verschaffen, sondern auch mit unserem Interview mit Hauptdarsteller Ryland Brickson Cole Tews, den wir anlässlich des deutschen Kinostarts vorm Mikro hatten.
Wie bekommt man die Leute heutzutage noch ins Kino?
FILMSTARTS: Ihr habt „Hundreds Of Beavers“ bereits im Jahr 2020 gedreht. Wie fühlt es sich an, nach all der Zeit noch über den Film zu sprechen – der weltweit immer noch in die Kinos kommt?
Ryland Brickson Cole Tews: Ja, es ist total surreal. Ich bin mittlerweile ein alter Mann, quasi tot – und der Film läuft und läuft einfach immer noch. Aber die Leute sind immer noch im Beaver Fever. Es ist lustig, denn der Film ging ja nicht einfach durch die Decke. Er wurde irgendwie zu einem Kultfilm, der aber nach wie vor von immer mehr Menschen entdeckt wird. Aber solange die Menschen den Film im Kino sehen wollen, sind wir glücklich. Denn genau so soll er auch erlebt werden – auf einer großen Leinwand und mit einer Menge Leute!

FILMSTARTS: Das war auch genau mein Gedanke, als ich den Film gesehen habe. Inwiefern würdest du sagen, trägt „Hundreds Of Beavers“ dazu bei, die Menschen wieder in die Kinos zu bringen?
Ryland Brickson Cole Tews: Es hat irgendwie damit angefangen, dass wir auf zahlreichen Filmfestivals zu Gast waren – und dort in unseren Kostümen auftauchten. Ich habe meinen großen Biber-Hut getragen und wir hatten auch unsere verkleideten Nager dabei, denen ich's natürlich gezeigt hab. Es war ein bisschen so, als wäre gerade der Zirkus in der Stadt. Wir haben uns einfach einen großen Spaß draus gemacht.
Ich finde, man sollte aus Indie-Screenings ein richtiges Event machen. Menschen gehen ohnehin immer seltener ins Kino. Also muss man ein wenig aus der Masse herausstechen – und sich etwas einfallen lassen, was andere eben nicht machen. Da gehört es einfach dazu, Menschen zu begeistern und ihnen den Raum zu geben, einen Film auch während der Vorstellung lautstark abzufeiern. Sich zu verkleiden und die Sache zu zelebrieren. Ähnlich wie bei „The Rocky Horror Picture Show“ oder „The Room“.

FILMSTARTS: Euer Film erinnerte mich dahingehend auch ein wenig an „Terrifier 3“. Denn sie zeigen uns beide, dass es am Ende keine großen Millionen braucht, um einen guten Film zu drehen – oft reicht schon eine irre Idee und der Mut, diese ohne Kompromisse umzusetzen. War euer Ansatz: "Wir haben zwar kein Geld, dann geben wir eben 200 Prozent von was auch immer wir eben doch haben"?
Ryland Brickson Cole Tews: Ja, auf jeden Fall. Ich denke, wenn du kein großes Budget zur Verfügung hast, zwingt dich das, „out of the box“ zu denken. Wir hatten um die 150.000 Dollar, unser Film ist also nicht gerade ein „Avatar“ oder so. Wir wussten, dass er nicht wirklich „gut“ aussehen konnte, also sorgte wir bewusst dafür, dass er billig aussieht. Wir sind auf der anderen Seite des Spektrums. Und so heben wir uns von der Masse ab.
Ich meine, unser Regisseur Mike Cheslik hat höchstpersönlich ungefähr 1500 Effekt-Shots in den Film reingepackt. Das war nur möglich, weil wir so eine Schwarz-Weiß-Lo-Fi-Welt erschufen, in die das eben passt. Wenn sich das Publikum darauf einlässt, kann man so großartige Welten mit kleinem Budget erschaffen.
Die Originalität, die über allem steht
FILMSTARTS: Ich finde, nicht zuletzt aufgrund des Looks des Films wird dieser auch ein Stück weit zeitlos. Denn er wird in 20 Jahren kein bisschen „schlechter“ aussehen als heute…
Ryland Brickson Cole Tews: Genau das denke ich auch. Andere Filme mit 1500 Effekt-Shots schauen nach ein paar Jahrzehnten üblicherweise ziemlich mies aus, aber weil unser Film einfach so dermaßen Low-Fi ist, glaube ich tatsächlich, dass er die Zeit überdauern wird.

FILMSTARTS: Ben Stiller hat kürzlich in einem Interview gesagt, dass Filmen als Reaktion auf schwache Test Screenings oft sehr schnell ihre Einzigartigkeit genommen wird. Ich weiß, dass ihr Teile von „Hundreds Of Beavers“ potenziellen Investoren gezeigt habt, um Geld zusammenzukratzen und den Rest des Films zu finanzieren. Wart ihr gezwungen, etwas zu ändern?
Ryland Brickson Cole Tews: Nein, tatsächlich nicht. Und das einzige echte Test Screening, das wir hatten, hatten wir mit unseren Familien und Freuden. Jeder bekam den Auftrag, Notizen zu machen – und uns anschließend zu sagen, was ihnen gefallen hat und was nicht. Es waren alles Leute, die in irgendeiner Form auch am Film mitgearbeitet haben und damit auch auf unserer Wellenlänge waren. Aber wenn es um unsere Investoren geht: Keiner von ihnen hing uns im Nacken oder machte uns Druck. Wir hatten wirklich sehr große Freiheiten und hatten immer das letzte Wort.
FILMSTARTS: Ich schätze, das ist der Vorteil eines Indie-Films. Er muss keiner vorgegebenen Altersfreigabe entsprechen, keine konkrete Laufzeit haben …
Ryland Brickson Cole Tews: Definitiv. Du hast nicht diese ganzen Studiochefs, die dir genau auf die Finger schauen – und deinem Film am Ende womöglich jeglichen Charme rauben.
Wann ist es zu viel des Guten?
FILMSTARTS: Am Ende sprang ein Gag-Dauerfeuerwerk heraus, das einem kaum Zeit zum Durchatmen lässt. War es eine große Herausforderung für euch, dem Ganzen irgendwo auch ein Limit zu setzen? Denn ich kann mir vorstellen, dass das irgendwann anstrengend werden könnte, wenn der Film beispielsweise über zwei Stunden gehen würde...
Ryland Brickson Cole Tews: Das ist sogar etwas, das wir immer wieder zu hören kriegen. „Hey, ich liebe euren Film einfach. Aber ein bisschen kürzer hätte er schon sein können!“

Aber ganz ehrlich? Teilweise wollten wir auch genau das erreichen. Wir wollten wirklich so viele Witze wie möglich in unserem Film unterkriegen, aber nie die Grenze erreichen, wo es nervtötend wird. Wir wollten das Publikum nicht ermüden… wobei ich denke, das wir diesen Punkt am Ende vielleicht doch noch überschritten haben. (lacht)
Auf der anderen Seite war uns Timing aber auch sehr wichtig. Im zweiten Akt etwa, könnte man vielleicht meinen, dass wir einfach nur immer und immer wieder dasselbe machen. Aber genau das ist eben auch der Alltag eines Pelztierjägers. Er stellt Fallen auf, die Tiere werden angelockt – und sie entwischen. Also verbessert er seine Fallen, wartet wieder – und hofft, dass es beim nächsten Mal klappt.
Die Magie des vierten Akts
FILMSTARTS: Außerdem meinte Mike Cheslik in einem Interview ja auch, dass ihr Slapstick-Fans das geben wolltet, was „The Raid“ Martial-Arts-Fans gibt. Und ich muss sagen: Zumindest auf mich hatte „Hundreds Of Beavers“ nahezu denselben Effekt…
Ryland Brickson Cole Tews: Wir lieben es in Filmen einfach, wenn die große Actionszene im finalen Akt – wie zum Beispiel in „Aliens - Die Rückkehr“ oder „True Lies“ von James Cameron – einfach nicht enden will. Man hat das Gefühl, der Film müsste schon zu Ende zu sein, aber es wird immer wieder noch einer draufgelegt. Deswegen dachten wir uns einfach, wir zünden im Finale ein gewaltiges Spektakel, reihen Höhepunkt an Höhepunkt an Höhepunkt. Wir wollten das Publikum, das bis dahin bei uns geblieben ist, einfach auch damit belohnen.
FILMSTARTS: Euer Film soll vor allem Spaß machen. Aber sei mal ehrlich: Wie viel Spaß hattest du bei den Dreharbeiten wirklich? Ich meine, ihr habt ja auch tatsächlich mitten im Winter, im Schnee, bei Eiseskälte gedreht…
Ryland Brickson Cole Tews: An manchen Tagen war es schon kalt. Die Szenen, in denen ich halbnackt bin, haben wir bei ungefähr -15 Grad gedreht, das war schon hart. Ich bin nur froh, dass ich mich nicht schlimmer verletzt habe. Hätte ich mir einen Arm oder ein Bein gebrochen, hätten wir den Dreh für eine Weile unterbrechen müssen. Aber es war auch so anstrengend genug. Außerdem war der Schnee immer wieder einen guten Meter tief. Als Produzent des Films stellte mich deswegen auch die Logistik immer wieder vor Herausforderungen.
Vor allem die Actionszenen zu drehen, war aber auch ein großer Spaß. Wir waren einfach wieder Kinder. Ich meine, ich habe Actionszenen gedreht, in denen ich meine Freunde vermöble, die Biberkostüme tragen!

FILMSTARTS: Ich habe den Film mit meiner Freundin und ihrer Schwester geschaut, die gar nicht wussten, wie ihnen geschah. Was würdest du den Menschen sagen, sollten sie von dem Film erwarten – um sie im Kino nicht zu sehr vor den Kopf zu stoßen?
Ryland Brickson Cole Tews: Sie sollten einfach nur ein sehr doofes, spaßiges, unterhaltsames Slapstick-Action-Abenteuer-Winter-Epos mit Maskottchen erwarten. Wenn das nach etwas für euch klingt, haltet euch fest – ihr werdet eine verdammt gute Zeit haben!
„Hundreds Of Beavers“ startet am 13. Februar 2025 deutschlandweit im Kino. Exklusive Einblicke in ein anderes Abenteuer, das aktuell im Kino läuft, bekommt ihr indes auch in unserem nachfolgenden Interview.
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