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    TV-Tipp: Einer der besten Kriegsfilme aller Zeiten – überragend inszeniert & mit zwei "Game Of Thrones"-Stars!
    Lars-Christian Daniels
    Lars-Christian Daniels
    Hollywood-Blockbuster schaut Lars immer seltener – das neueste James-Bond-Abenteuer lässt er sich aber nie entgehen. Ansonsten trifft man den vielleicht größten "Tatort"-Experten des Landes vor allem auf Filmfestivals und im Arthouse-Kino.

    In Sam Mendes‘ bildgewaltigem Weltkriegsspektakel „1917“ gibt es keinen sichtbaren Schnitt – aber gleich zwei „Game of Thrones“-Stars vor der Kamera. Das visuell herausragende Meisterwerk läuft heute zur Primetime im Free-TV.

    Egal ob Oliver Stones "Platoon", Stanley Kubricks "Full Metal Jacket", Steven Spielbergs "Der Soldat James Ryan" oder auch Christopher Nolans "Dunkirk": Denken wir an die besten, bekanntesten und beklemmendsten (Anti-)Kriegsfilme der letzten Jahrzehnte, spielen sie fast immer zu Zeiten des Vietnamkriegs oder im Europa des Zweiten Weltkriegs.

    Sam Mendes' bildgewaltiges Frontspektakel "1917", das zu den erfolgreichsten Blockbustern 2020 zählte, unterscheidet sich also schon allein aufgrund der zeitlichen Verortung im Ersten Weltkrieg von den genannten Genrevertretern. Das ist aber noch nicht alles: Was den mit vier Oscars und zahlreichen weiteren Preisen überschütteten Kriegsfilm auch handlungsunabhängig zu einem so außergewöhnlichen Filmerlebnis macht, ist seine grandiose handwerkliche Umsetzung. Sie reißt euch von Minute eins an ins Geschehen hinein - und macht ihn für den Autor dieses Artikels zu einem Meisterwerk.

    Aber genau in diesem Punkt gibt es leider ein Problem, solltet ihr euch „1917“ am heutigen 16. Februar 2023 um 20.15 Uhr auf RTL ZWEI anschauen: Denn in der Fernsehausstrahlung werden euch die Werbepausen aus dem so sorgfältig geschnittenen und wie aus einem Guss wirkenden Epos immer wieder rausreißen. Wir empfehlen euch deshalb den Griff zu Blu-ray, DVD oder einem kostenpflichtigen Video-on-Demand, um den Film so genießen zu können, wie er gedacht ist: nämlich so wirkend, als sei er nahezu in einer einzigen Einstellung gedreht, also komplett ohne Schnitt.

    Darum geht es in "1917"

    Nordfrankreich, 6. April 1917: Im britischen Sektor an der Westfront erhalten die jungen Soldaten Will Schofield (George MacKay) und Tom Blake (Dean-Charles Chapman, bekannt als Tommen Baratheon aus „Game Of Thrones“) einen außergewöhnlichen Befehl: Sie sollen dem britischen Colonel Mackenzie (Benedict Cumberbatch) persönlich die Nachricht überbringen, den unmittelbar bevorstehenden Angriff seiner rund 1.600 Soldaten auf die deutschen Truppen abzublasen. Während Mackenzie nämlich glaubt, die Deutschen befänden sich auf einem ungeordneten Rückzug, haben britische Luftaufklärer herausgefunden, dass es sich bei dem Manöver um eine raffinierte Finte handelt (die als „Unternehmen Alberich“ in die Geschichte einging).

    Universal Pictures

    Für Tom, der keine Sekunde zögert, die lebensgefährliche Zwei-Mann-Mission mit Will anzutreten, ist die Angelegenheit besonders wichtig: Sein Bruder, Lieutenant Joseph Blake (Richard Madden, Robb Stark in „Game Of Thrones“), kämpft ebenfalls in Mackenzies Bataillon und steht wie die anderen Soldaten vor seinem sicheren Tod, wenn die Nachricht nicht rechtzeitig beim Colonel ankommt. Also machen sich die beiden gemeinsam auf den Weg – aber sind die deutschen Schützengräben, die ausgebombten Höfe und die matschigen Schlachtfelder auf ihrem Weg tatsächlich so verlassen, wie es den Anschein hat?

    Der Star ist die Kamera

    Schon die ersten Minuten machen deutlich, was Sam Mendes‘ Blockbuster zu einem visuell so außergewöhnlichen Erlebnis macht: Ähnlich wie in Sebastian Schippers brillantem Echtzeitdrama „Victoria“, das tatsächlich in nur einer Einstellung gedreht wurde, mutet auch „1917“ wie ein raffinierter One-Shot-Film an (ist in Wahrheit aber keiner).

    Kameramann Roger Deakins, der für seine grandiose Arbeit 2020 den Academy Award erhielt, begleitet Will und Tom durch den engen Schützengraben, vorbei an Soldaten, Sandsäcken und Schutt. Mal eilt die Kamera voraus, mal folgt sie den beiden, mal schlüpft sie in einen Unterstand oder zwängt sich durch Stacheldraht, mal geht sie auf Abstand oder steigt in die Vogelperspektive. Vor allem aber saugt sie uns förmlich ins Geschehen hinein – wir sind (fast) immer hautnah dabei und kommen aus dem Staunen kaum heraus.

    Zanuck-Brown Productions

    Man hätte das alles mit einer wackeligen Handkamera filmen und zurechtschneiden können. Doch schweigen die Kanonen, und das tun sie häufig, wirken die Bilder bemerkenswert ruhig. Man kann sich ausmalen, was für einen immensen Planungsaufwand das erfordert hat: Ähnlich wie Alfred Hitchcock bei „Cocktail für eine Leiche“ oder Alejandro Gonzalez Iñárritu bei „Birdman“ ließ Mendes unzählige Takes so lange durchspielen, bis die Teilsequenzen präzise choreographiert gefilmt und nahtlos geschnitten werden konnten.

    Das gelingt dem zweifachen James-Bond-Regisseur in absoluter Perfektion, zumal die Elemente der Natur kein Hindernis bilden: Die Kamera stürzt sich in Flüsse und gleitet elegant über Kraterseen, filmt Flieger im Luftkampf und beim Absturz, kämpft sich durch schlammige Erdmassen oder undurchdringlichen Staub. Trennen sich Tom und Will, folgt die Kamera nur einem von beiden – manches geschieht im Off, anderes in nächster Nähe.

    Universal Pictures

    Kein blutiges Gemetzel, aber ein mitreißendes Spektakel

    Was „1917“ zu einem so packenden Kriegsspektakel macht, sind weniger die blutigen Schlachtfeldszenen, die unterm Strich nur ein paar Minuten dauern. Neben den bombastischen Schauwerten ist es vor allem auch der Echtzeitcharakter, der etwa eine lebensgefährliche Stolperfalle, eine halsbrecherische Flucht durch das nächtliche Örtchen Écoust oder ein tödliches Duell mit einem Scharfschützen zu einer noch fiebrigeren Angelegenheit macht. Sieht man von einer längeren Phase der Bewusstlosigkeit ab, gibt es keinen einzigen sichtbaren Schnitt und auch keinen echten Zeitsprung.

    Die zwei Stunden vergehen wie im Flug, denn Mendes gönnt uns wenige Verschnaufpausen – und doch entwickelt sein Werk eine unheimliche emotionale Wucht. Wenn der gebeutelte Tom sich irgendwann an einen Baum lehnt und vor Erschöpfung kaum noch auf den Beinen halten kann, dann merken wir erst, wie sehr uns der tapfere junge Mann bei seinem Parforceritt in Rekordzeit ans Herz wächst. Etwas ruhiger wird es auch bei der rührenden Begegnung mit einem französischen Mädchen oder bei einer kilometerlangen Autofahrt, die überraschend schnell wieder vorbei ist.

    Kleinere logische Schwächen wie diese (auch eine Morgendämmerung stellt sich binnen Minuten ein) tun dem Vergnügen nicht im Geringsten Abbruch. Extrem spannungsfördernd ist auch die bewusst begrenzte Perspektive: Weil die Kamera förmlich an den Hauptfiguren klebt und keine Gesamtübersicht über Gräben, Städte und Schlachtfelder gestattet, wissen wir nie, was vor oder hinter den Protagonisten geschieht – und erleben mehr als eine bittere Überraschung...

    Epische Historien-Action vom "Game Of Thrones"-Autor auf Netflix: Packendes Abenteuer mit Liebe, Krieg, Verrat und Superstars

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    Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.

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