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    Vorstadtkrokodile 3
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Vorstadtkrokodile 3
    Von Elisabeth Nagy

    Max von der Grün, der Autor des erstmals 1976 erschienenen Jugendbuchklassikers „Vorstadtkrokodile", siedelte seine Geschichte in der wenig glamourösen, aber dafür umso echter wirkenden Arbeiterwelt des Ruhrgebiets an. Seine jungen Protagonisten sind Kinder des Ruhrpotts, aufgeweckt und stets zu allen Schandtaten bereit. Sie sind loyale Freunde und ihr Motto lautet: „Einer für alle und alle für einen". Dieser Leitspruch wurde auch von den Machern der Kino-Verfilmung in den Mittelpunkt gestellt und 2009 in „Die Vorstadtkrokodile" treffend illustriert. Nachdem die Helden sich ihre Freundschaft bewiesen hatten, lösten sie 2010 in „Vorstadtkrokodile 2" gleich auch die sozialen Probleme der Eltern. Ein weiteres Jahr später kommt nun der dritte Streich in die Kinos und die Bande steht vor ihrer größten Bewährungsprobe: In dem von Wolfgang Groos („Hangtime - Spiel dein Spiel") inszenierten „Vorstadtkrokodile 3" geht es diesmal gar um Leben und Tod.

    Hannes (Nick Romeo Reimann, „Die Wilden Kerle 3") wird 13 Jahre alt. Noch steht ihm der Sinn nach Abenteuer, doch als seine Freundin Maria (Leonie Tepe), auch Bandenmitglied der Vorstadtkrokodile, ihm einen romantischen Vampir-Roman schenkt, ahnt er, dass sie von ihm mehr erwartet als eine dufte Zeit mit ihm und den anderen Jungs. Als die das Paar mit auf die Kart-Bahn schleppen wollen, schmollt Maria kurz, schließt sich dann aber an. Die Anlage ist zwar abgesperrt, das hindert die Kids indes nicht daran, sich frech Zutritt zu verschaffen und sich auf eine wilde Rennfahrt durch leerstehende Parkhäuser zu begeben. Auf die harte Tour lernen die Freunde jetzt, dass Übermut manchmal gar nicht gut tut. Frank (David Hürten) bricht nach einem Unfall zusammen, nächste Station ist das Krankenhaus: Er braucht eine neue Leber und das möglichst bald. Als Spender kommt nur Franks Bruder Dennis (Jacob Matschenz, „Renn, wenn du kannst") in Frage, aber den haben die Vorstadtkrokodile im ersten Teil der Trilogie in den Knast gebracht.

    Für „Vorstadtkrokodile 3" holten die Produzenten einen neuen Regisseur an Bord. Wolfgang Groos übernahm das Ruder von Christian Ditter, der der Reihe immerhin als Co-Autor verbunden blieb, während er hauptberuflich mit einer anderen Fortsetzung - „Wickie auf großer Fahrt" - beschäftigt war. Mit dem Wechsel ist auch eine Veränderung im Erzählton zu bemerken: Zeichnete sich vor allem der erste Film noch durch seine sympathische Machart aus, auch indem die Erlebnisse der Kinder glaubhaft in ein soziales Umfeld eingebettet wurden, wird hier ohne Rücksicht auf lebensweltliche Bezüge mit Film-Referenzen geklotzt. Die stilisierten Szenen mit den Jugendlichem am Steuer der Go-Karts könnten fast der „The Fast and the Furious"-Reihe entstammen und sind ein reines Kino-Kunstprodukt. Immerhin wird gezeigt, dass Fehler Konsequenzen haben. Wenn allerdings gleich der Tod droht, ist das vor allem für jüngere Kinder ein problematischer Unterhaltungsstoff. Die Altersfreigabe ohne Einschränkung ist auch insofern fragwürdig, als dass die ein wenig anbiedernden, gewollt hippen Anspielungen auf Hits wie „Transformers" und „Twilight" von den kleinsten Zuschauern nicht verstanden werden.

    Die erwähnte Realitätsferne macht sich nicht nur in einzelnen Szenen bemerkbar, leider bleibt die Glaubwürdigkeit diesmal auch jenseits von überkandidelten Action-Szenen fast ganz auf der Strecke. Die dargestellten Probleme können von 13-Jährigen kaum bewältigt werden und das sollten sie auch nicht, aber eine sorgfältige Aufarbeitung schwieriger Themen wie Organspenden, Verantwortungs- und Schuldbewusstsein bleibt aus. Statt die inzwischen jugendlichen Bandenmitglieder und damit die gleichaltrigen Zuschauer behutsam an diese Fragen heranzuführen, werden diese allenfalls oberflächlich behandelt.

    Mehr als erzählerische Stimmigkeit und psychologisches Feingefühl zählen hier Thrills und Abenteuer. Wenn die Handlung zu Dennis in die Jugendstrafanstalt wechselt, dann wird entsprechend an Klischees aufgefahren, was das Gefängnis-Genre so bietet – bis hin zu einer Knallcharge als Knast-Direktor, gespielt von Hans Martin Stier ("Stella und der Stern des Orients"). Von Einfühlung in die ernste Lage der jungen Protagonisten keine Spur - vielmehr wird das nächste Abenteuer eingefädelt. So entwickelt sich „Vorstadtkrokodile 3" zu einem Action-Kinderfilm, der sich prima in der Gesellschaft des fast zeitgleich startenden Russell-Crowe-Films „72 Stunden - The Next Three Days" macht. Nur nimmt dessen Regisseur Paul Haggis sein Thema ernst, während hier Maria als Schülerjournalistin, Jorge (Javidan Imani) als Kochgehilfe und Peter (Robin Walter) als Praktikant praktisch im Gefängnis ein- und ausgehen, als handelte es sich um eine Ferienanlage. Dazu bringt auch noch Fernsehkoch Horst Lichter in einer Gastrolle ein bisschen Glanz in die Knastküche.

    Fazit: Nach zwei erfolgreichen und gelungenen Vorgängern kehren die Vorstadtkrokodile fast geschlossen für ein letztes gemeinsames Abenteuer zurück. Im dritten Streich sollen die Kids etwas vom Wert des Lebens lernen. Leider gerät diese Lektion in einer allzu unrealistisch aufgepeppten Handlung alles andere als überzeugend.

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