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    Cuban Fury - Echte Männer tanzen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Cuban Fury - Echte Männer tanzen
    Von Andreas Staben

    Schauspieler und Drehbuchautor Nick Frost hat seine Erfolge bisher vor allem im Verbund mit seinem ehemaligen WG-Mitbewohner Simon Pegg und dem Regisseur Edgar Wright gefeiert. Ihre gemeinsame „Cornetto-Trilogie“ aus den Filmen „Shaun Of The Dead“, „Hot Fuzz“ und zuletzt „The World’s End“ stieg schnell zum Komödien-Kult auf und inzwischen sind die drei Engländer auch in Hollywood gut im Geschäft. Während Wright den Regie-Job beim kommenden Marvel-Blockbuster „Ant-Man“ ergattert hat, profilierte sich Pegg als Nebendarsteller in Hit-Franchises wie „Star Trek“ und „Mission: Impossible“. Frost wiederum war im Gespann mit Pegg als tollpatschiger Detektiv in Steven Spielbergs „Die Abenteuer von Tim und Struppi“ dabei, außerdem freundete sich das Duo in „Paul – Ein Alien auf der Flucht“ mit einem Außerirdischen an. Zurück in der britischen Heimat versucht sich Nick Frost nun erstmals ohne seinen Kumpel in einer echten Hauptrolle. Die romantische Tanz-Komödie „Cuban Fury – Echte Männer tanzen“ basiert angeblich auf einer E-Mail, die der Schauspieler in betrunkenem Zustand an die Produzentin Nira Park geschickt hat, aber auch wenn die Story nicht besonders originell sein mag, ist der von James Griffiths inszenierte Film keine Schnapsidee: Immerhin zeigt Frost als Salsa-Enthusiast nicht nur vollen Körpereinsatz, sondern auch beachtliche Starqualitäten und dazu sorgen einige im besten Sinne exzentrische Nebenfiguren für Kurzweil.

    1987: Der Teenager Bruce (Ben Radcliffe) ist ein großes Tanztalent und gewinnt mit seiner Schwester Sam (Isabella Steinbarth) ein Salsa-Turnier nach dem anderen – bis er kurz vor den nationalen britischen Meisterschaften ein traumatisches Erlebnis hat und die Tanzschuhe an den Nagel hängt. Ein Vierteljahrhundert später hat der nicht mehr ganz schlanke Bruce (nun: Nick Frost) einen Bürojob in einer Maschinenbaufirma und führt ein recht trostloses Privatleben als Single. Dann bekommt er mit der Amerikanerin Julia (Rashida Jones) eine neue Vorgesetzte, die ihm mehr als sympathisch ist, aber dummerweise hat auch Bruces selbstbewusster Kollege Drew (Chris O’Dowd) ein Auge auf den Neuankömmling geworfen. Als sich Julia jedoch als Salsa-Enthusiastin entpuppt, fasst sich Bruce ein Herz und beschließt, wieder mit dem Tanzen anzufangen. Mit der Unterstützung von Sam (nun: Olivia Colman), seines alten Mentors Ron (Ian McShane) und des neuen Kumpels Bejan (Kayvan Novak) bringt er sich in Form und trainiert eifrig. Schließlich will er Julia zum Tanz bei einem Turnier einladen, aber als er an ihrer Tür klingelt, ist Drew schon da…

    In einer amüsanten aber zugleich auch irgendwie traurigen Szene sitzt Bruce allein in seiner Küche und löffelt eine ganze Viererpackung Joghurt aus: Erst isst er eine Portion, dann öffnet er die nächste und nach einem kleinen Zögern wird auch sie vernascht. Das wiederholt sich dann noch zweimal und Nick Frost legt dabei eine Mischung aus fast pedantischer Gründlichkeit, echtem Genuss und leiser Resignation an den Tag. Er macht aus Bruce einen sympathischen Jedermann mit vielen Unzulänglichkeiten, in den sich wohl jeder Zuschauer hineinversetzen kann, aber gibt ihm auch einen Hauch von Mysterium und fast schon Gefährlichkeit mit (wenn er bei einem Gesellschaftsspiel eine perfekte „Scarface“-Imitation hinlegt, würde Al Pacino persönlich es wohl mit der Angst zu tun bekommen). Diese Aggressivität bleibt bei Bruce jedoch nur Andeutung, für die Grenzüberschreitungen und Entgleisungen sind hier andere zuständig. So ist Chris O’Dowd („Brautalarm“) als schmerzloser und (völlig zu Unrecht) eingebildeter Arbeitskollege so konsequent fies, dass diese Performance fast schon wie ein Experiment zur Frage anmutet, wo der Übergang von lustig zu schmerzhaft verläuft. Auch Keyvan Novak („Four Lions“) bewegt sich mit seiner Darbietung der nahöstlichen Klischee-Tunte in Grenzbereichen, reichert sie allerdings mit unwiderstehlichen Details an, von denen seine Vorliebe für Fanta ohne Kohlensäure („Ich trinke es still und nur aus der Flasche“) das witzigste ist.

    Wenn „Cuban Fury“ trotz der engagierten Schauspieler (neben den bereits genannten verdient auch „Deadwood“-Star Ian McShane als hartgesottener Tanztrainer eine besondere Erwähnung) nicht an die genialen Genre-Hommagen der „Cornetto“-Gang heranreicht, dann liegt das vor allem daran, dass er sich nie wie ein Tanzfilm anfühlt. Nick Frost hat sieben Monate Salsa-Training absolviert und er ist in bester Kevin-James-Manier erstaunlich beweglich, aber ein meisterlicher Tänzer ist er nicht - darum wird vor allem beim abschließenden Turnier sehr offensichtlich getrickst. Das allein wäre kein Problem, schließlich ist der Einsatz von Doubles nicht erst seit „Flashdance“ üblich, doch den Salsa-Szenen fehlt dazu einfach die Dynamik und die Choreographien sind nicht besonders einfallsreich (von „Strictly Ballroom“, zu dem es hier einige Ähnlichkeiten gibt, ist das alles weit entfernt). Die Dauerleidenschaft des Latino-Tanzes passt nicht so recht zur britischen Lust am nur selten aufgegebenen Phlegma, das den Film prägt. Nur in einer Szene finden sich diese Gegensätze vereint: Wenn Bruce und Drew sich auf und in einem Parkhaus ein surrealistisches Tanz-Duell liefern, auf Autodächer springen und zunehmend unmögliche moves vollführen, dann sind zwei erwachsene Männer in einem entschieden pubertären Wettstreit zu sehen – und sie sind vollkommen in ihrem Element. Das scheint auch Simon Pegg so zu sehen, der im Auto vorbeifährt und so schaut, als würde er gerne mitmachen.

    Fazit: Die Salsa-Sause „Cuban Fury“ bietet nette Komödienunterhaltung mit einem sympathischen Hauptdarsteller und skurrilen Nebenfiguren, nur als Tanzfilm überzeugt sie nicht.

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