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    Sanctum
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Sanctum
    Von Carsten Baumgardt

    James Cameron gilt in Hollywood seit seinem bahnbrechenden Science-Fiction-Esoterik-Abenteuer „Avatar - Aufbruch nach Pandora" als Gott des 3D-Kinos. Der kommerziell erfolgreichste Film aller Zeiten wartete mit einer derart bestechenden 3D-Umsetzung auf, dass sich nur wenige Zuschauer an der arg konventionellen und einfallsarmen Story störten und das Gros des Publikums in Jubelstürme über die fantastischen digitalen Welten ausbrach. Wenn der kanadische Superstar-Regisseur mit „Sanctum" nun den nächsten 3D-Film in die Kinos bringt, schnellt die Erwartungshaltung natürlich in die Höhe. Befeuert von einem spannenden Trailer entwickelte Alister Griersons Höhlentauch-Thriller einen nicht unerheblichen Internethype, der sich vor allem auch mit dem Namen James Cameron verbindet. Doch die Vorfreude wird von einer Mogelpackung torpediert, denn bei „Sanctum" fungiert Cameron lediglich als ausführender Produzent, dessen Einfluss auf die Umsetzung sehr begrenzt ist. Vielmehr ist der Film das Geisteskind von Andrew Wight – der hat nämlich seine eigene (Horror)-Taucherfahrung zu einem Drehbuch umgeschrieben und tritt bei „Sanctum" ebenfalls als Produzent in Erscheinung.

    Der knorrige Höhlentauch-Guru Frank McGuire (Richard Roxburgh) ist ein harter Hund, aber eben auch der Beste seines Fachs. Wohl fühlt er sich eigentlich nur vom Tageslicht abgeschottet. Für den abenteuerverrückten Milliardär Carl Hurley (Ioan Gruffudd) erforscht er die größte und zugleich unzugänglichste Grotte der Welt – das Esa'ala-Höhlensystem in Papua-Neuguinea. Als McGuires Sohn Josh (Rhys Wakefield) zu der Gruppe von Tauchern stößt, ist bereits Gefahr in Verzug: Ein riesiger Truppensturm zieht auf und überflutet den Eingang zu den Höhlen. Das Taucher-Team ist von der Außenwelt abgeschnitten und flüchtet sich immer weiter hinab in die Tiefen des Berges, um dort über einen Zugang zur offenen See dem Tod zu entkommen. Ein unterirdischer Fluss, der ins Meer mündet, soll die Gruppe ins Freie leiten. Doch der Weg dorthin ist lebensgefährlich. Die ersten Opfer lassen nicht lange auf sich warten...

    James Cameron und Höhlentaucher Andrew Wight sind schon seit Jahren Weggefährten – gemeinsam realisierten sie Camerons cineastische Tauchfahrten „Die Geister der Titanic", „Aliens der Meere" und „Bismarck". Ganz offiziell beruht „Sanctum" auf wahren Begebenheiten - allerdings nur sehr lose. 1988 leitete Höhlentaucher Wight eine verheerend verlaufende Expedition in die Abgründe des Höhlengeflechts in der australischen Nullarbor-Ebene. In einer großangelegten Rettungsmission konnten alle Taucher aus der lebensbedrohlichen Lage befreit werden, nachdem sich der Höhleneingang verschlossen hatte, während an der Oberfläche ein Tropensturm wütete. Übernommen wurden demnach die Grundkomponenten „Höhlen-Expedition", „Tropensturm" und „verschlossener Eingang" – der Rest hat wenig mit dem wahren Schicksal der Wight‘schen Unternehmung zu tun.

    Regisseur Alister Grierson lenkt sein Publikum zu Beginn geschickt von der Tatsache ab, dass er seine Expeditionsmitglieder aus dem Baukastensystem für klischeebeladene Drehbücher zusammenfügt, indem er spektakuläre Aufnahmen eines monströsen kegelförmigen Schlunds (die sogenannte Schwalbenhöhle in Aquismon im Osten des mexikanischen Bundesstaates San Luis Potosi) vorführt - gerade dank der überzeugenden 3D-Umsetzung ein umwerfender Blickfang, der auch zu einem Gutteil den Internethype um den Trailer von „Sanctum" begründet, neben dem lukrativen Werben mit dem ausführenden Produzenten James Cameron. Danach doubelt das australische Queensland den Schauplatz des Films in Papua-Neuguinea. Für den Zuschauer fügen sich die verschiedenen Orte dennoch zu einem stimmigen Ganzen zusammen. Hat man sich aber erst einmal satt gesehen an diesen sensationellen Locations, offenbaren sich schnell die allzu offensichtlichen Probleme des Films.

    „Sanctum" ist trotz der anfänglich überragenden Optik im Herzen dennoch ein klassisches B-Movie. Die Geschichte des hartherzigen Vaters, dessen Verhältnis zu seinem bockigen Sohn abgearbeitet wird, fährt nicht nur zahlreiche Klischees auf, sondern bringt den Film auch immer wieder ins Stocken. Das Dezimieren der Höhlentauchergruppe folgt den altbekannten Abzählreimen des Genres und bietet nur eindimensionale Charaktere. Wer am Ende übrig bleibt, lässt sich für filmerfahrene Zuschauern leicht erahnen. Gelungen ist aber auch hier der Einsatz der 3D-Technik. Sind viele 3D-Filme schon von Natur aus viel zu dunkel, schaffen es der Regisseur und sein Team, selbst in den düsteren Höhlen stets genügend Kontrast und Schärfe in ihre Aufnahmen hineinzubekommen, wozu wohl auch James Cameron den einen oder anderen entscheidenden Tipp beigesteuert haben dürfte.

    Ein weiteres Problem von „Sanctum" ist die Verortung in den Höhlen. Nachdem die Gruppe abgetaucht ist und um ihr Leben kämpft, wirken die unterirdischen Handlungsorte beliebig, der Betrachter erhält kaum noch eine Orientierung, wo er sich gerade befindet. Deshalb serviert Regisseur Grierson seinem Publikum an einer Stelle eine Animation des Höhlensystems – ähnlich wie dies Paul W.S. Anderson in „Resident Evil" gehandhabt hat. Das ist nicht filigran, aber immerhin effektiv. Denn mehr Orientierung gibt es später nicht mehr. Einige nette Actionszenen sorgen noch für Schadensbegrenzung, retten „Sanctum" aber nur knapp ins Mittelmaß. In den besten Momenten fühlt man sich atmosphärisch an Jules Vernes „Reise zum Mittelpunkt der Erde" erinnert, wird aber durch die hölzernen Dialoge und die durchschaubare Dramaturgie aber immer wieder aus dem Film herausgerissen.

    Fazit: Alister Griersons klischeehafter Unterwasser-Thriller „Sanctum" bietet teils bestechende Bilder, deren Anspruch die laue Geschichte um eine Gruppe von ums Überleben kämpfenden Höhlentauchern aber kaum einlösen kann. Selbst wenn „Sanctum" mit einer atmosphärischen Einführung, einigen klaustrophobischen Elementen und einer guten 3D-Umsetzung auftrumpft, reicht das letztendlich nur für einen mittelprächtigen B-Thriller. Den Spannungslevel von Neil Marshalls artverwandter Genreperle „The Descent" erreicht „Sanctum" so jedenfalls zu keinem Zeitpunkt.

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