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    Planet der Affen 3: Survival
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Planet der Affen 3: Survival
    Von Christoph Petersen

    Es hat doch alles so harmlos angefangen, als James Franco 2011 in „Planet der Affen: Prevolution“ den niedlichen Baby-Schimpansen Caesar aus dem Labor mit zu sich nach Hause genommen hat. Aber das liegt lange zurück. Nach den Geschehnissen aus „Prevolution“ und der 2014er-Forsetzung „Planet der Affen: Revolution“ ist Caesar nun schon zu Beginn von „Planet der Affen 3: Survival“ schwer gezeichnet – graue Haare, grimmiger Blick, ein Affe, der zu viel Grausamkeit gesehen hat, um noch so etwas wie unbeschwertes Glück zu empfinden, ein Anführer, für den einzig noch das bloße Überleben seines Stammes zählt. „Planet der Affen 3: Survival“ ist sogar noch abgründiger als sein eh schon extrem düsterer Vorgänger – wahrhaft eine Reise in das Herz der Finsternis, die Fantasy-Variante von „Apocalypse Now trifft Schindlers Liste“. Wenige Wochen nach dem Kinostart von Michael Bays „Transformers 5: The Last Knight“, in dem die Effektorgien ausschließlich sich selbst genügen, zeigt „Cloverfield“-Regisseur Matt Reeves hier, was sich mit bahnbrechenden visuellen Effekten eben auch anstellen lässt: „Survival“ ist ein verstörend-intensiver Anti-Kriegsfilm, mit dem sich die neue „Planet der Affen“-Trilogie endgültig als eine der herausragenden Blockbuster-Reihen der Kinogeschichte etabliert.

    Zwei Jahre nachdem Koba (Toby Kebbell) einen Krieg mit den verbliebenen Menschen angezettelt hat, machen der Colonel (Woody Harrelson) und seine Spezialeinheit immer noch Jagd auf die Affen und ihren sagenumwobenen Anführer Caesar (Andy Serkis). Aber erst durch einen feigen Verrat erfahren die Soldaten schließlich von dem Versteck der Primaten hinter einem Wasserfall. Bei dem folgenden heimtückischen nächtlichen Angriff wird auch Caesars Familie nicht verschont. Statt seinen Stamm zu einer möglichen neuen Behausung zu führen, die sein Sohn Blue Eyes (Max Lloyd-Jones) zuvor bei einer Erkundungsmission entdeckt hatte, nimmt Caesar gemeinsam mit Maurice (Karin Konoval), Luca (Michael Adamthwaite) und Rocket (Terry Notary) die Verfolgung des Colonels auf. Zum ersten Mal liegt dem sonst so besonnenen Schimpansen mehr an Rache als an Verständigung…

    Schon nach den ersten beiden Teilen waren immer wieder Stimmen lautgeworden, dass man Andy Serkis (Gollum in „Der Herr der Ringe“) doch nun als Bester Schauspieler für einen Oscar nominieren müsse (oder ihm für seine Verdienste um das Motion Capturing zumindest einen Ehrenpreis verleihen solle). Solche Rufe dürften nach „Planet der Affen 3: Survival“ kaum leiser werden, ganz im Gegenteil. Vom Schimpansen-Baby über den großen Rebellen-Anführer bis zum gezeichnet-grauhaarigen Kriegsveteranen – die „Planet der Affen“-Trilogie ist im Kern die epische Biografie eines einzelnen Schimpansen, und welche neuen Seiten Serkis auch im dritten Teil aus seiner sowieso schon so vielschichtigen Figur herauskitzelt, ist schlichtweg atemberaubend (und die eine oder andere Träne dürfte im Kinosaal auch fließen). Gegen eine solche Oscarnominierung wird dabei ja immer ins Feld gebracht, dass das endgültige Ergebnis der Performance aus dem Computer kommt. Aber aus Caesars Augen spricht ein solches Leid, ein solches Grauen, eine solche Verzweiflung, aber eben auch eine solche Menschlichkeit – das kann nur von einem Schauspieler und nicht aus einer seelenlosen Rechenmaschine stammen.

    Aber das Besondere am Motion Capturing bei „Planet der Affen“ im Vergleich zu den visuellen Effekten anderer Großproduktionen ist eben nicht nur die Präzision der Mimik, sondern auch, dass die Szenen nicht im Studio vor einer grünen Wand, sondern an Originalschauplätzen gedreht wurden – und diese Rückkehr nach draußen in die Natur verleiht den Filmen trotz Computereffekten in praktisch jeder Einstellung insgesamt ein erstaunlich geerdetes Feeling. Und „geerdet“ ist gerade in „Survival“ durchaus wörtlich zu verstehen, denn nach einem Abstecher in ein verlassenes Skigebiet spielt ein großer Teil des Films diesmal im winterlichen Matsch eines Arbeitslagers. Wenn man dermaßen viel Aufwand in die Spezialeffekte einer Blockbuster-Produktion steckt, dann will man verständlicherweise auch, dass sie anschließend auf der Leinwand möglichst hübsch glänzend rüberkommen – aber in dieser Hinsicht gehen die Macher von „Survival“ genau den entgegengesetzten Weg. Hier herrschen nicht nur an jeder Ecke Trostlosigkeit, Trauer und Verzweiflung, diese Gefühle spiegeln sich auch in den Animationen wider: Die oft schwer vernarbten Affen aus Caesars Stamm wirken abgemagert und abgewrackt, die zu den Menschen übergelaufenen Verräter sind mit herabwürdigenden Slogans verschandelt.

    Solchen Mut zur Hässlichkeit beweist Matt Reeves aber nicht nur beim Look seines zweiten „Planet der Affen“-Films (bei „Prevolution“ hatte noch Rupert Wyatt Regie geführt). Auch der Krieg selbst wird in seiner ganzen Grausamkeit ausgebreitet. Gleich in der ersten Schlacht, als sich eine Einheit des Colonels an eine von Caesars Festungen heranschleicht, gibt es nicht einen einzigen Moment, in dem Menschen und Affen tatsächlich auf Augenhöhe miteinander kämpfen. Stattdessen schlachten erst die einen die anderen ab - und dann umgekehrt. Der deutsche Titel passt da richtig gut – denn es geht in „Survival“ nie ums Gewinnen, sondern maximal ums Überleben. Es sind nach dem grassierenden Virus überhaupt nur noch ein paar Menschen auf der Erde übrig und die Affen wollen lediglich im Wald in Ruhe gelassen werden – es gibt also schon längst keinen Grund mehr für einen Krieg. Aber rationale Entscheidungen sind Schnee von gestern, denn nach all dem Leid und Verlust herrscht nur noch der blanke Wahnsinn, den gerade Woody Harrelson („Natural Born Killers“, „Zombieland“) in seiner Marlon-Brando-Gedächtnisperformance dann auch gleich eimerweise über die Leinwand ausgießt. Als Caesars Gegenspieler ist er eine abgrundtief finstere aber zugleich auch unendlich tragische Gestalt – und das ist ja bekanntermaßen die beste Mischung für Kinobösewichte.

    Obwohl die Gags des neu hinzugekommenen Sidekick-Affen Bad Ape (Steve Zahn, „Joyride – Spritztour“) nun so gar nicht zum sonst so extrem düsteren Tonfall des Films passen, ist man als Zuschauer absolut dankbar für jede noch so kleine Aufheiterung, gerade wenn sich „Planet der Affen 3: Survival“ in der zweiten Hälfte immer mehr zu einer kaum weniger niederschmetternden Primaten-Version von „Schindlers Liste“ wandelt. Holocaust und Vietnamkrieg – Matt Reeves nimmt sich eine Menge vor, ohne sich dabei zu verheben, die Metaphern sitzen, selbst wenn man das Graffiti Ape-Pocalypse vielleicht auch eine Nummer kleiner im Hintergrund an die Wand hätte malen können. „Survival“ geht thematisch in die Vollen – bis hin zum berührenden Schluss, mit dem sich Andy Serkis‘ Caesar endgültig seinen Platz in der Riege der ganz großen Leinwandhelden sichert. Ginge es in „Planet der Affen 3“ um Menschen, hätte er eine Oscarnominierung als Bester Film praktisch schon sicher – aber auch so bleibt die Hoffnung, dass „Survival“ stellvertretend für die ganze Trilogie (ähnlich wie damals „Die Rückkehr des Königs“ für die „Der Herr der Ringe“-Reihe) die verdiente Anerkennung erhalten wird.

    Achtung: Spoiler zur finalen Schlacht im nächsten Absatz!

    Es ist ein ebenso ironischer wie genialer Twist, dass sich hier im explosiv-epischen Finale trotz des Originaltitels „War For The Planet Of The Apes“ gar nicht wie erwartet (und im Trailer durch geschickte Schnitte angedeutet) eine Menschenarmee und eine Affenarmee gegenüberstehen. Stattdessen vernichten sich die Menschen gegenseitig, während die Affen nichts anderes tun als zu überleben – bevor sich dann die Natur in Form einer Lawine ein für alle Mal den Planeten von den Menschen zurückerobert. Das ist eine sehr viel cleverere und zugleich so viel bitterere Dystopie als in der originalen „Planet der Affen“-Reihe, in der ja tatsächlich bewaffnete Affen mit Gewalt die Erde übernommen haben, was sich natürlich sehr viel leichter als weit entfernte Science-Fiction-Fantasy ohne großen Bezug zum Hier und Jetzt abtun lässt.

    Fazit: „Ape-Pocalypse Now“ – „Planet der Affen 3: Survival“ ist ein ebenso fesselndes wie abgründiges Anti-Kriegs-Epos mit einmal mehr bahnbrechenden visuellen Effekten.

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