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    Renegades - Mission Of Honor
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Renegades - Mission Of Honor
    Von Carsten Baumgardt

    Wenn ein Projekt längere Zeit im Giftschrank eines Verleihs oder Produzenten geparkt wird, ist das selten ein gutes Zeichen. Sicherlich hat das manchmal auch rechtliche oder vertragliche Gründe, aber meistens hängt der Umstand eng mit der Qualität des Werks zusammen. Bei „Renegades – Mission Of Honor“ spricht nun sehr viel für Letzteres: In dem bereits 2015 abgedrehten Action-Abenteuer wollen fünf Navy-Seals 1995 im kriegsgebeutelten Bosnien nicht nur Kriegsverbrecher jagen, sondern in ihrer Freizeit auch noch einen Nazi-Goldschatz heben. Das klingt nicht nur hanebüchen, sondern ist es auch. Weil sich Regisseur Steven Quale („Storm Hunters“) nicht recht für einen einheitlichen Erzählton entscheiden kann, mäandert der von Luc Besson produzierte und mitgeschriebene „Renegades“ unentschlossen zwischen krudem Action-Reißer und uninspiriertem Heistfilm, ohne der hochbrisanten politischen Hintergrundgeschichte auch nur ansatzweise gerecht zu werden.

    Sarajewo, 1995: Die Navy-Seals Matt Barnes (Sullivan Stapleton, „300: Rise Of An Empire“), Ben Moran (Joshua Henry), Stanton Baker (Charlie Bewley), Jack Porter (Dimitri Leonidas) und Kurt Duffy (Diarmaid Murtagh) sind im Mandat der NATO in Bosnien unterwegs, um Kriegsverbrecher zu verhaften. Ein Teil der Spezialeinheit schleicht sich als Journalisten getarnt zu General Milic (Peter Davor) vor, um ihn zu kidnappen. Doch der Überfall geht fürchterlich schief. Barnes und seine Männer bekommen den Schergen zwar zu fassen, hinterlassen bei der Flucht aber eine Spur der Verwüstung und mittelgroße Leichenberge aus toten serbischen Soldaten. Ihr Vorgesetzter Levin (J.K. Simmons) suspendiert die Seals deshalb vorübergehend. So haben sie Zeit, bei einem mysteriösen Plan von Stantons einheimischer Freundin Lara Simic (Sylvia Hoeks, „Blade Runner 2049“) mitzumischen. Die vermutet nämlich, dass in einem nahen See in einer versunkenen Stadt ein 25 Tonnen schwerer Nazi-Goldschatz im Wert von 300 Millionen Dollar liegt…

    Wir schätzen den unermüdlichen Tausendsassa Luc Besson für sein ebenso abwechslungsreiches wie oft auch ein bisschen größenwahnsinniges Schaffen. Der Kinoverrücke hat als Regisseur Meisterwerke wie „Léon – Der Profi“ erschaffen, mit abgefahrenem Blockbuster-Trash wie „Das fünfte Element“ und „Lucy“ grandios unterhalten oder mit dem megateuren Sci-Fi-Epos „Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“ auf sympathische Art maßlos übertrieben. Bei den von Besson produzierten Werken ist die Bilanz da schon deutlich durchwachsener, denn da findet sich auch viel B-Movie-Stangenware wie die „Transporter“-Reihe oder „Lockout“. „Renegades“ ist nun auch so ein simpel konstruierter Actionfilm, der wie gemacht für den Heimkinomarkt aussieht, aber nun in Deutschland trotzdem einen Kinostart bekommt (was wohl mehr mit dem Dreh in Berlin und der damit einhergehenden Filmförderung als den tatsächlichen Zuschaueraussichten zusammenhängt).

    Man muss gar nicht über die unsinnige Story debattieren oder warum es zum Beispiel in 50 Jahren (die Herkunft des Goldschatzes erklärt der 1944 angesiedelte Vorspann) niemandem – außer der smarten Lara natürlich – aufgefallen ist, dass sich nur 40 Meter unter der Wasseroberfläche eines nicht sonderlich versteckten Sees eine versunkene Stadt befindet. Auch sowas kann unter den richtigen Umständen trotzdem Spaß machen. Aber bei „Renegades“ stimmt weder die Mischung noch die Figuren.

    Wo der Film zunächst noch als augenzwinkernd-launiger Actionfilm im Stil der „Expendables“-Reihe loslegt, wenn die fünf dumpf-breitbeinigen Navy-Seals auf der Flucht spektakulär mit einem Panzer von einer Brücke in einen Fluss krachen, fehlt es im Anschluss merklich an Rhythmus und Stringenz. Zu einem zackigen Score werden kommentarlos reihenweise serbische Soldaten umgemäht, ohne dass dies auch nur den geringsten Einfluss auf die Handlung oder die Figuren hat. Der politisch schwierige Hintergrund des Bosnienkriegs, bei dem 100.000 Menschen ihr Leben verloren (inklusive Völkermord), ist nur hohle Staffage für Klischees wie die amerikanischen Cowboy-Soldaten oder finstere Serben-Militärs.

    Boss Barnes: „Packt eure Sache, wir lassen uns volllaufen!

    Die tumben Navy-Seals erweisen sich nicht gerade als Sympathieträger, sondern als Schmalspur-A-Team: Immer mit einem lockeren Spruch auf den Lippen („Ich hab‘ keine Zeit für so’ne Scheiße!“) wird sich darüber beschwert, dass sie hier in einem „dämlichen Friedenskorps“ dienen müssen, anstatt in einem anständigen Weltkrieg dienen zu dürfen. Wenn einer jedoch „Nazi-Gold“ in die Runde ruft, schnalzen alle frohlockend mit der Zunge. Angesichts dieser rudimentären Charakterzeichnung ist es nicht verwunderlich, dass keiner der fünf Navy-Seals-Darsteller sich in den Vordergrund spielen kann. Zu einer „Mission Of Honor“, wie der deutsche Untertitel suggeriert (im Original heißt der Film nur „Renegades“), bricht die Truppe übrigens auch nicht auf – schließlich beansprucht sie die Hälfte der 300 Millionen Dollar für sich, der Rest soll „an Laras Volk“ gehen.

    Obwohl Oscarpreisträger J.K. Simmons („Whiplash“) nur eine Handvoll Szenen hat, bringt er in diesen kurzen Cameo-Momenten als wie ein Rohrspatz dauerfluchender Kommandeur in einer Hommage an R. Lee Ermey (der Drill Instructor aus Stanley Kubricks „Full Metall Jacket“) mehr Leben in die Bude als seine Kollegen über die volle Spielzeit. Auch „Trainspotting“-Star Ewen Bremner („Wonder Woman“) sorgt mit seiner schrägen Art in einigen kleinen Szenen zumindest für ein bisschen Belebung.

    Fazit: „Renegades – Mission Of Honor“ ist ein inhaltlich unausgegorener und auf dreiste Art hohler Militär-Heistfilm mit zumindest solider (Unterwasser-)Action. Wer auf dieses Genre steht, sollte sich aber trotzdem lieber den Genre-Klassiker „Stoßtrupp Gold“ (1970) mit Clint Eastwood, Telly Savalas und Donald Sutherland ansehen.

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