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    Good Boys
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Good Boys

    Nicht nur für Fans von "South Park"

    Von Oliver Kube

    Eine Komödie um eine Gruppe unablässig fluchender Vorpubertärer, die aufgrund ihrer Dusseligkeit eine Schneise der Zerstörung hinterlassen und dennoch irgendwie liebenswert rüberkommen. Das klingt fast nach einer Realverfilmung von „South Park“, oder? Ein wenig ist „Good Boys“, produziert von Comedy-Superstar Seth Rogen („Long Shot - Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich“), sicher von der kultigen TV-Animationsserie inspiriert. Aber auch Fans von „Stand By Me - Das Geheimnis eines Sommers“, „Hangover“ oder „Superbad“ werden Parallelen zu ihren Favoriten in dem von Lee Eisenberg und Gene Stupnitsky („Bad Teacher“, „The Office“) geschriebenen und inszenierten Leinwandspaß feststellen.

    Sechstklässler Max (Jacob Tremblay) ist unsterblich in seine süße Klassenkameradin Brixlee (Millie Davis) verschossen, traut sich aber nicht, sie anzusprechen. Schließlich zählen er und seine drollig verschrobenen Kumpels Thor (Brady Noon) und Lucas (Keith L. Williams) zu den Außenseitern an ihrer Schule. Weil sich aber neuerdings das Gerücht verbreitet, Max hätte die Rekordzahl von vier Schluck Bier getrunken, wird er von den coolen Kids zu einer Party eingeladen, bei der angeblich geknutscht werden soll. Der Junge wittert seine Chance bei Brixlee, hat aber keine Ahnung, wie das mit dem Küssen überhaupt funktioniert. Mit Daddys (Will Forte) geklauter Kameradrohne sollen heimlich die etwas älteren Nachbarsmädchen (Molly Gordon, Midori Francis) für Anschauungsmaterial gefilmt werden. Allerdings stellen sich Max und seine Freunde dabei ziemlich ungeschickt an und schnell ist das teure Gerät zerstört. Bei dem Versuch, Ersatz zu beschaffen, bevor der Vater etwas bemerkt, geraten die Bengel dann von einem Schlamassel in den nächsten…

    Max und Lucas bekommen Ärger.

    So gut viele moderne Coming-of-Age-Komödien von „Lady Bird“ über „Juno“ bis aktuell „Booksmart“ sind, so sehr sind oft die erwachsenen Drehbuchautoren dahinter zu erkennen, die die Figuren zwar ungeschickt, aber viel zu überlegt handeln lassen. „Good Boys“ ist hier anders. Natürlich darf der genre-typische Verlauf nicht fehlen, bei dem die Protagonisten im Laufe ihres Abenteuers aus Fehlern lernen und sich dadurch weiterentwickeln. Doch es bleibt daneben jederzeit das Gefühl, die drei Jungs im Mittelpunkt so zu sehen, wie Jungs wirklich sind, wenn sie sich unter ihresgleichen befinden – und da gehört auch eine gewisse impulsive Naivität dazu, über die man mit großem Maul hinwegtäuschen will.

    So fluchen Max und Co. auch in einer Tour wie Kesselflicker. Dabei benutzen sie Worte, die sie irgendwo aufgeschnappt haben, ohne überhaupt deren Bedeutung zu kennen. Und da sie zu dem Zeitpunkt aufgrund fehlender Erfahrungen und noch nicht fortgeschrittener geistiger Reife auch viele Gegenstände, Momente, Zusammenhänge und Verhaltensweisen im Leben eines echten Erwachsenen gar nicht verstehen, stellen sie dazu reichlich dämliches Zeug an.

    Slapstick mit Sexspielzeug

    Genau diesen Aspekt nutzt „Good Boys“ für eine Menge hervorragend funktionierender Slapstick-Szenen. Es ist verdammt unterhaltsam, den naiven Jungs zuzuschauen, wie sie durch den Tag stolpern, fallen, wieder aufstehen und mit voller Wucht erneut hinknallen. Anders als die feierfreudigen Teenager in „Superbad“ oder die erwachsene Kiffertruppe in „Ananas Express“ brauchen Max und Co. auf ihrer Odyssee viel weniger Alkohol und Drogen, um im Comedy-Umfeld glaubhaft von einer schrägen oder teilweise sogar ziemlich gefährlichen Situation in die nächste zu schlittern.

    Denn dafür reicht oft die Konfrontation des kleinen Trios mit den Geheimnissen der Erwachsenenwelt. So haben Max und seine Freunde natürlich keinen Schimmer von Sexspielzeugen. Wenn sie dann im Schlafzimmer von Thors Eltern Dildos und eine Analkugeln-Kette finden, dann gehen sie in ihrer Naivität ganz selbstverständlich davon aus, Selbstverteidigungswaffen und Halsschmuck vor sich zu haben. Aus diesem krassen Gegensatz ziehen die Macher wunderbar witzige Momente, vor allem wenn sie die Kids dann mit Leuten konfrontieren, die genau wissen, womit da in Wirklichkeit gerade hantiert wird und deshalb kaum ihren Augen oder Ohren trauen.

    Begegnung mit dem anderen Geschlecht.

    Da „Good Boys“ eine Produktion von Seth Rogen und seinem Kompagnon Evan Goldberg ist, dürfen aber Drogen auch nicht ganz fehlen. Doch auch hier gibt es den spaßigen Blick durch ahnungslose Kinderaugen: Da die Burschen keine Idee haben, wovon sie reden, plappern sie nur nach, was ihnen ihre Lehrer und Eltern an Horrorgeschichten aufgetischt haben, während sie maximal mit halbem Ohr zuhörten. Speziell Lucas wird geradezu panisch, wenn er sich die abgefahrensten Szenarien dazu ausmalt, was alles passieren wird, falls man nur eine Ecstasy-Pille einwerfen sollte. Natürlich ist er derjenige aus der Dreierbande, der bald unfreiwillig die Wahrheit erfährt.

    Dass all dies so wunderbar funktioniert, ist aber nicht nur ein Verdienst des dynamischen Skripts und des sehr effektiv eingesetzten Schnitts von Daniel Gabbe, der bisher hauptsächlich für TV-Serien wie „Preacher“, „Gotham“ oder „Tote Mädchen lügen nicht“ tätig war, sondern vor allem der drei Hauptdarsteller. Jacob Tremblay („Raum“), Keith L. Williams („The Last Man On Earth“) und Brady Noon („Boardwalk Empire“) wachsen schnell ans Herz und haben eine unglaubliche Chemie, gehen dazu mit viel Liebe und Enthusiasmus zu Werke. Weil sie so begeistern und die Gags mit einer hohen Trefferquote zünden, kommt das schöne, realistische und sogar kluge Ende für all den temporeichen und turbulenten Wahnsinn nach nur etwas mehr als 90 Minuten fast ein wenig zu früh.

    Fazit: Eine „Coming Of Age“-Komödie für Freunde von durchaus deftigem, dabei keinesfalls dümmlichem Slapstick-Humor. Wer „South Park“ und „Superbad“ mag, wird die „Good Boys“ lieben.

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