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    Voll ins Leben
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Voll ins Leben

    Garantiert gute Laune!

    Von Gaby Sikorski

    Dany Boon ist nicht nur so multitalentiert, dass man schon beinahe von einem Omnitalent sprechen könnte, er entwickelte sich in den vergangenen 15 Jahren auch zum Garanten für einen sehr liebenswürdigen und oft beinahe niedlichen Krawallhumor, mit dem er ein großes Publikum längst nicht nur in seiner französischen Heimat für sich einnahm: Mit „Willkommen bei den Sch’tis“ gelang ihm 2008 der große Coup – und seitdem ist der vielseitige Künstler als Comedian, Schauspieler, Zeichner, Autor und Regisseur längst auch in Deutschland ein Star.

    Ähnlich bekannt sind sein „Sch’tis“-Co-Star Kad Merad sowie Charlotte Gainsbourg, die Tochter von Jane Birkin und Serge Gainsbourg, die als vielbeschäftigte Schauspielerin mit einer sehr herben Ausstrahlung bereits mehrfach mit Lars von Trier (etwa „Melancholia“) gearbeitet hat. Die drei Schauspielgrößen bilden in „Voll ins Leben“ nun ein unwiderstehlich komisches Trio, wobei Dany Boon mit seiner Spielfreude und seinem anarchischen Humor nicht nur als Regisseur hinter der Kamera, sondern auch als Darsteller davor die Führungsposition einnimmt.

    Wie es sich für eine Komödie gehört, sind die Brüder so unterschiedlich, wie man es sich nur irgendwie vorstellen kann!

    Die Story um den liebenswert naiven Tridan (Dany Boon), der als Fünfzigjähriger noch nie den mexikanischen Club Med verlassen hat, in dem er einst geboren wurde und bis jetzt als Animateur tätig war, ist schon mal hübsch ausgedacht. Allein aus dieser Konstellation ergeben sich eine ganze Reihe drolliger bis leicht klamottiger Gags, aber auch diverse Probleme rund um Tridans Lebensweg – beruflich wie privat. Also fliegt er nach Paris, um Nägeln mit Köpfen zu machen und nach 42 Jahren endlich seine verschollene große Liebe Violette wiederzufinden. In der Wohnung seines verstorbenen Vaters trifft er unerwartet auf Louis (Kad Merad), seinen unbekannten und bis über beide Ohren verschuldeten Halbbruder, der sich seit seiner Scheidung als Uber-Fahrer durchschlägt.

    Nebenbei betätigt sich Dating-Portal-Dauernutzer Louis als Frauenheld. Er wittert Morgenluft, als ihm der arglose Tridan seine Geschichte erzählt. Vielleicht könnte er über Tridan seine Schulden los werden? Er gaukelt Tridan also vor, ihm bei der Suche nach Violette zu helfen. Doch das ist lediglich eine Masche, um eine seiner Sexpartnerinnen, die wilde Roxane (Charlotte Gainsbourg), als Violette auszugeben. Das böse Spiel scheint aufzugehen, doch dann überschlagen sich die Ereignisse…

    Nicht immer überraschend, aber dafür immer lustig

    Dany Boon spielt als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller in dieser romantischen Boulevard- und Verwechslungskomödie geradezu übermütig mit Klischees. Das geht schon mit dem liebevollen Vorspann im Stil eines Super8-Films aus der Flower-Power-Hippie-Zeit los – und endet noch lange nicht mit dem Bild von Paris als Moloch Großstadt, in der es die wenigen rechtschaffenen Menschen schwerhaben, sich gegen Gauner, Diebe und Blender zu behaupten. Manchmal übertreibt er es ein wenig und wird in seiner Krawallkomik allzu schlicht und vorhersehbar. Aber meistens funktioniert das Konstrukt:

    Da ist der unschuldige, liebenswürdige Tridan, der reinen Herzens in die große Welt reist und ab dem Moment seiner Ankunft über den Tisch gezogen wird. Doch das tut seiner guten Laune keinen Abbruch: Tridan ist eine Frohnatur, er glaubt an das Gute im Menschen und lässt sich durch nichts und niemanden davon abbringen. Er ist einfach ein Schätzchen, so lieb, dass man ihm niemals böse sein kann. Sein Bruder Louis ist, wie es sich auf dem Boulevard gehört, das absolute Gegenteil: unfreundlich, zynisch, egoistisch und auf seinen Vorteil bedacht – ein Betrüger in einer Stadt der Betrüger. Die beiden sind die Phänotypen zweier gegensätzlicher Brüder, die sich nicht kennen und durch die Umstände zusammengeführt werden: Das schreit geradezu nach einem Kampf um die Vorherrschaft, bei dem nur einer als Sieger vom Platz gehen kann.

    Roxane (Charlotte Gainsbourg) wird zwar angeheuert, um Tridan (Dany Boon) hinters Licht zu führen – aber natürlich kommt es, wie es kommen muss…

    Dabei kommt Roxane als Love Interest ins Spiel. Sie liebt unverbindlichen Sex und treibt es mit Louis, solange er keine ernsthaften Absichten hat. Problemlos wirft sie sich auch Tridan an den Hals und macht Louis‘ Spielchen mit. Doch sie ist keinesfalls dumm und schon gar nicht so niederträchtig wie Louis, ganz im Gegenteil. Charlotte Gainsbourg spielt die Roxane nicht als doofes Betthäschen, sondern sie schafft es bei aller Komik, ihrer Figur ein glaubwürdiges dramatisches Profil zu geben. Das ist keine leichte Aufgabe angesichts ihrer beiden Kollegen, die jede Gelegenheit nutzen, darstellerisch auf den Putz zu hauen und sich die Bälle zuzuspielen.

    Dany Boon als fröhliches Naivchen ist nicht nur drollig, sondern manchmal richtig niedlich – diese Rolle liegt ihm einfach. Kad Merad ist als miesepetriger, feindseliger Pariser Taxifahrer ein echtes Erlebnis. Beinahe wünscht man sich, er dürfe so bleiben. Aber wie in jeder Boulevardkomödie, besonders wenn sie von Dany Boon stammt, läuft auch hier alles am Ende in Richtung Friede, Freude und Omelette.

    Fazit: Immer kurzweilig und witzig, manchmal vielleicht ein bisschen vorhersehbar, aber mit hübschen Gags – so ist Dany Boons neue Komödie, die sich mehr auf seinen ganz speziellen, immer liebenswürdigen Humor verlässt als auf irgendeinen psychologischen Tiefgang. Eine turbulente Boulevardkomödie mit RomCom-Touch, vor allem aber ein kurzweiliger Gute-Laune-Film mit ziemlich hohem Lachfaktor.

     

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