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    Mad City
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Mad City
    Von FILMSTARTS-Team

    Das Mediengeschäft ist hart und erbarmungslos. Einfache Leute können über Nacht zu Stars gemacht werden, aber der Absturz ist genauso schnell möglich. Dass die gezielte Manipulation des Publikums dabei eine große Rolle spielt, ist keine neue Erkenntnis. Das war sie schon 1997 längst nicht mehr, als Costa-Gavras‘ Medien-Drama „Mad City" in die Kinos kam. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum dem Film trotz geballter Star-Power kein Kassenerfolg beschieden war. Aber seine Themen sind weiter aktuell und auch wenn der griechisch-französische Regisseur letztlich nur an der Oberfläche kratzt, ist „Mad City" immer noch spannende, durchaus brisante Unterhaltung und verdient allemal einen zweiten Blick.

    Max Brackett (Dustin Hoffman) ist ein abgebrühter Fernsehreporter bei einem lokalen Nachrichten-Sender. Früher war er bei einem großen Network, wurde jedoch in die Provinz strafversetzt, nachdem er mit dem Star-Moderator Kevin Hollander (Alan Alda) aneinandergeraten war. Jetzt berichtet Max zusammen mit seiner Praktikantin Laurie (Mia Kirshner) von den Schwindeleien lokaler Banker und den Finanzproblemen des örtlichen Museums. Nach dem Interview mit der dortigen Kuratorin Mrs. Banks (Blythe Danner) wird Max zufällig Zeuge einer Geiselnahme: Sam Baily (John Travolta), der entlassene Wachmann des Museums, fordert Mrs. Banks auf, ihm seinen Job wiederzugeben. Als sie sich weigert, zieht er eine Schrotflinte aus der Tasche, verriegelt die Türen des Museums und nimmt damit die einzigen Besucher des Museums, eine Gruppe Kinder samt Erzieherin, als Geiseln. Brackett gelingt es, das Vertrauen des einfältigen und eher zurückhaltenden Geiselnehmers zu gewinnen. Max sieht die Chance auf ein Karriere-Comeback, denn er ist für die Presse als Live-Reporter und Insider unentbehrlich. Als die Geschichte immer größere mediale Dimensionen erreicht, tritt Bracketts alter Rivale Hollander auf den Plan.

    Das Nachrichtengeschäft ist hart umkämpft. Ob in der Zeitung, im Internet oder im Fernsehen, es kann sich nur durchsetzen, wer brandaktuelle und vor allem spektakuläre Neuigkeiten anbietet. Mindestens ebenso wichtig wie der Inhalt der Nachrichten ist dabei ihre Präsentation, den größten Erfolg verheißt es, wenn die Gefühle des Publikums angesprochen werden. Es gilt die Leser oder Zuschauer emotional aufzuwühlen, für Quote und Auflage werden Information und Unterhaltung untrennbar vermischt. Hauptsache, das Interesse ist geweckt. Doch wie steht es dabei mit der Wahrheit? Ist Sam Baily ein unbarmherziger Geiselnehmer, der unschuldige Kinder mit einer Waffe bedroht oder ein verzweifeltes Opfer des sozialen Systems, das nicht weiß, wie es seine Familie ernähren soll? Eine Frage der Perspektive. Je nach Gefühlslage der Außenwelt, wird Baily als Spielball der Medien vom Täter zum Opfer und wieder zum Täter. Oscarpreisträger Costa-Gavras zeigt diese Mechanismen etwas schematisch, aber durchaus geschickt auf, wobei der Spezialist für brisante Stoffe, der mit Werken wie „Z", „Vermisst" und „Music Box" immer wieder für aufgeregte Diskussionen gesorgt hat, allerdings nicht an die Ausdruckskraft seiner Klassiker herankommt.

    Mit Dustin Hoffman und John Travolta hat „Mad City" ein prominentes Hauptdarsteller-Duo zu bieten und zumindest der Erstgenannte zeigt auch eine Klasseleistung. Die Rolle des charmanten Reporters ist Hoffman („Die Reifeprüfung", „Rain Man") wie auf den Leib geschneidert. Er stellt die Entwicklung, die Brackett im Lauf des Films durchmacht, gekonnt und nie zu aufdringlich dar. Sein Reporter ist zwar egozentrisch und abgebrüht, aber doch nie unsympathisch oder kaltherzig. Er erhält auch die besten Dialogzeilen, die viele der fragwürdigen Methoden der Medien pointiert verdeutlichen („I don't wanna cross the line. I just wanna move it a little."). Auf der anderen Seite steht John Travolta („Pulp Fiction"), der seine Sache zwar solide macht, aber dem die Rolle des vertrottelten Geiselnehmers Sam Baily nur bedingt abzunehmen ist. Das ist nicht zuletzt auch dem Drehbuch von Tom Matthews geschuldet, das den meisten Charakteren wenig Platz zur Entfaltung bietet. So wirkt etwa die Wandlung der Praktikantin Laurie vom naiven Landei zur zielstrebigen Karrierefrau nicht besonders glaubwürdig. Trotz dieser oft mangelnden Sorgfalt bei der Figurenentwicklung sind die Geschehnisse meist nachvollziehbar und Nebendarsteller wie der oscarnominierte „M*A*S*H"-Veteran Alan Alda und Emmy-Preisträgerin Blythe Danner agieren auf hohem Niveau.

    Auch wenn „Mad City" eine nicht gerade originelle Geschichte erzählt und seine Kritik am Sensationsjournalismus und an den Auswüchsen des Mediengeschäfts gleichfalls nicht gerade Neuigkeitswert besitzt, gelingt es Regieroutinier Costa-Gavras dennoch, den Zuschauer mit einer geschickten und effektiven Inszenierung in Bann zu ziehen. Es sei nur auf den sparsamen, aber äußerst wirkungsvollen Musikeinsatz hingewiesen. So ist der Film rundum solide und auch heute noch allemal sehenswerte Kost. Bei einem provokanteren Ansatz, der etwa den Zuschauer selbst mit in die Verantwortung genommen hätte, wäre aber noch deutlich mehr drin gewesen.

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