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    The Flash
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    The Flash

    Der beste DC-Film seit "The Dark Knight"!

    Von Christoph Petersen

    Im Oktober 2022 wurden James Gunn und Peter Safran mit der Aufgabe betraut, das spätestens seit dem „Justice League“-Fehlschlag unaufgeräumt und ziellos wirkende DC-Universum wieder in die Spur zu bringen. Aktuell entwickeln der „Guardians Of The Galaxy“-Regisseur und der „Conjuring“-Produzent einen acht bis zehn Jahre umspannenden Plan, um unter dem DC-Banner entstehende Filme, Serien und Videospiele künftig besser aufeinander abzustimmen. Aber bevor die Arbeit der neuen Leitung dann ab 2024/25 so langsam Früchte tragen kann, kommen 2023 erst noch einige Blockbuster in die Kinos, die noch als Teil des „alten DCEU“ (DC Extended Universe) in Auftrag gegeben wurden: Neben „Blue Beetle“ (17. August) und „Aquaman 2: Lost Kingdom“ (21. Dezember) bildet „The Flash“ nun den Auftakt zu dieser Abschiedstour – und es ist schon ein bittersüßes Gefühl, dass „ES“-Mastermind Andy Muschietti ausgerechnet jetzt den besten DC-Film seit Christopher Nolans „The Dark Knight“ abliefert.

    Gunn und Safran haben ja bereits angekündigt, dass sie nicht zwingend alles über Bord werfen wollen – und es bleibt ihnen nur zu wünschen, dass sie so viel wie möglich von „The Flash“ in die Ära des neuen DC-Universums (DCU) hinüberretten: Ein wunderbar trockener und zugleich doch auch herzlicher Humor; kreativ-abwechslungsreiche Actionszenen, in denen zur Not auch mal ein Baby in der Mikrowelle zwischengeparkt wird; die pure ansteckende Freude am Superheldendasein, die vor allem der zweite Barry Allen alias The Flash transportiert; ein ebenso cleverer wie verspielter Umgang mit Zeitreisen und Multiversen, der zugleich aber immer voll auf den starken emotionalen Kern der Geschichte einzahlt; dazu jede Menge (überraschende) Meta-Elemente, die Fans der letzten 100 Jahre DC laut jubeln lassen, ohne dass es sich deshalb gleich wie forcierter Fanservice anfühlen würde. Und der erste logische Schluss wurde offenbar auch schon gezogen: Es wird aus verlässlicher Quelle bereits gemunkelt, dass Andy Muschietti nun auch den ersten „Batman“-Film im neuen DC-Universum inszenieren soll!

    Die Rückkehr von Michael Keaton als Batman ist nur eines von vielen nostalgischen Highlights, die DC-Fans aller Generationen zusammenbringen.

    Wenn er nicht gerade als The Flash seinen Justice-League-Kolleg*innen wie Batman (Ben Affleck) oder Wonder Woman (Gal Gadot) unter die Arme greift, arbeitet Barry Allen (Ezra Miller) als Forensiker – und es fällt wirklich nicht schwer zu erraten, warum der introvertierte Eigenbrötler ausgerechnet einen Job im Polizeilabor von Central City angenommen hat: Schließlich sitzt sein Vater Henry (Ron Livingston) seit fast 20 Jahren wegen des Mordes an seiner Ehefrau Nora (Maribel Verdú) hinter Gittern – und obwohl Barry seine tote Mutter noch immer über alles vermisst, ist er sich dennoch absolut sicher, dass sein Vater die Tat damals nicht begangen hat. Als sich ein neuer Ansatz, doch noch Henrys Unschuld zu beweisen, wieder mal als Sackgasse entpuppt, läuft Barry voller Wut durch die nächtliche Metropole – und stellt dabei fest, dass er sich schneller als das Licht fortbewegen und so sogar in der Zeit zurückreisen kann.

    Barry ist sich der Gefahren zwar durchaus bewusst, kann aber der Versuchung nicht widerstehen und reist bis an den Tag des Mordes zurück: Es braucht tatsächlich nur eine heimlich in den Einkaufswagen geräumte Tomatendose und schon ist seine Mutter gerettet. Aber auf dem Rückweg wird The Flash von einer merkwürdig verkrusteten Gestalt aus der Speed-Force geschleudert – und landet so in einer Parallelrealität, in der der dortige Barry Allen (ebenfalls Ezra Miller) gerade 18 Jahre alt ist, noch keine Superkräfte besitzt, dafür aber eine glückliche Kindheit mit lebendiger Mutter verlebt hat. Nur ist das dummerweise nicht die einzige Änderung, die die neue Zeitlinie mit sich bringt: Der „Man Of Steel“-Bösewicht General Zod (Michael Shannon) erklärt der Erde den Krieg – nur hat hier dummerweise noch nie jemand etwas von Superman gehört. Und auch Barrys bester Freund Bruce Wayne (jetzt: Michael Keaton) ist nicht mehr der Alte...

    Sandwiches, Schokoriegel und Mikrowellen-Burritos

    „The Flash“ schreckt auch vor sehr düsteren Momenten nicht zurück, beginnt aber erst einmal wunderbar leichtfüßig: Was für Superman das Kryptonit ist für Barry Allen der Mangel an Kalorien – und so muss nach einer fehlgeschlagenen Sandwich-Bestellung zur Not eben der halb aufgegessene Schokoriegel eines am Straßenrand kreischenden Flash-Groupies herhalten, um es trotzdem noch rechtzeitig zum anstehenden Justice-League-Einsatz zu schaffen. Diesmal steht der ganze Flügel des Gotham General Krankenhauses kurz vor dem Einsturz – und zwischen all dem Glas und Beton stürzt auch ein Dutzend Babys von der Entbindungsstation in einem der obersten Stockwerke Richtung Boden. Speziell in einer Einstellung erinnert das durchaus an die apokalyptischen Wimmelbilder von Hieronymus Bosch – nur eben mit Neugeborenen in rosafarbenen und hellblauen Strampelanzügen, die sich darin verstecken.

    Für The Flash läuft das zwar alles in Superzeitlupe ab – und trotzdem erweist sich das Szenario für ihn als komplizierte Rätselaufgabe, denn er kann die Babys nicht ohne Weiteres in Sicherheit bringen (seine Geschwindigkeit würden sie selbst bei kurzen Strecken nicht überstehen). Stattdessen muss er sich andere kreative Lösungen einfallen lassen: Da kommt dann das bereits erwähnte Zwischenparken eines Babys in der Mikrowelle ins Spiel, wobei das Küchengerät zugleich auch noch für ein In-der-Luft-Kalorien-Nachtanken mit Burritos herhalten muss. Das ist noch mal sehr viel kreativer und auch spaßiger als die vergleichbaren Quicksilver-Sequenzen der Marvel-Konkurrenz – und sowieso sind die meist herrlich trockenen und oft auch angenehm uneitle Pointen durch die Bank perfekt getimt. Einen frühen Humor-Höhepunkt bildet etwa das selbstanalytische Um-Kopf-und-Kragen-Reden von Batman und The Flash, die versehentlich von Wonder Womans Lasso der Wahrheit an die Leine gelegt wurden.

    In "The Flash" nimmt es nicht Superman, sondern Supergirl (Sasha Calle) mit General Zod auf.

    Auf The Flash lastet – wie auf den meisten DC-Figuren – bleischwer die Verantwortung der Existenz als Superheld. Im Gegensatz dazu versprüht die noch vollkommen unbeschwerte 18-jährige College-Studenten-Version von Barry Allen eine regelrecht ansteckende Freude an den übermenschlichen Kräften. Doch selbst wenn es sich bis hierhin vielleicht so anhört, ist „The Flash“ nicht nur eine bloße selbstironische Spaßgranate – denn anders als zuletzt etwa „Thor 4: Love And Thunder“ gelingt „The Flash“ sehr wohl die Wende hin in ernstere Gefilde: Dabei profitiert der Film neben der grandiosen Doppel-Performance von Ezra Miller ganz extrem von dem starken emotionalen Kern der Geschichte, aus dem heraus sich die ganze Multiversums-Geschichte überhaupt erst entwickelt. Batman mag den ganzen Zeitreise-Wirrwarr mit selbstgekochten Spaghetti erklären – aber am Ende geht es immer um diesen einen kleinen, fast schon banalen Moment, bei dem man alles geben würde, um ihn nachträglich doch noch ändern zu können…

    Und selbst wenn die Folgen der Vergangenheits-Einmischung immer massiver werden, verliert „The Flash“ nie den eigentlichen Kern seiner Erzählung aus den Augen: Andy Muschietti und seine Drehbuchautorin Christina Hodson („Birds Of Prey“) sind sich immer bewusst, dass der zentrale Konflikt von „The Flash“ einer ist, den Barry am Ende doch nur mit sich ganz allein ausmachen kann – auch wenn es kurz den Anschein hat, dass mit einer gewaltigen Schlacht in der Wüste ein „klassisches“ Blockbuster-Finale eingeläutet werden könnte. So endet „The Flash“ auf einer angemessen persönlich-intimen Note - selbst wenn um den innerlich zerrissenen Protagonisten herum ein gewaltiges, visuell überbordendes Nostalgie-Feuerwerk, in dem fast 100 Jahre DC-Geschichte in Form von Popkultur-Planeten buchstäblich ineinander kracht, abgefeuert wird. Da bekommen längst nicht nur DC-Hardcore-Fans, die jedes der zahllosen Zitate sofort einordnen können, eine wohlige Gänsehaut…

    Fazit: Mit dem immens unterhaltsamen, zu Herzen gehenden und mit DC-Nostalgie im Überfluss aufwartenden „The Flash“ haut das scheidende DCEU auf der Zielgeraden noch mal richtig einen raus!

     

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