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    So ausgiebig ehrt "Scream 6" den toten Schöpfer der Reihe – nicht mal seine Sexfilm-Vergangenheit wird ausgespart!
    Michael Bendix
    Michael Bendix
    -Redakteur
    Schaut pro Jahr mehrere hundert Filme und bricht niemals einen ab. Liebt das Kino in seiner Gesamtheit: vom obskuren 70er-Jahre-Horrorfilm über Kunstfilme von Chantal Akerman bis hin zum neuesten "Mission: Impossible"-Blockbuster.

    In den letzten beiden „Scream“-Filmen gibt es zahlreiche Referenzen an die Filme des verstorbenen Wes Craven, der das Franchise 1996 ins Leben gerufen hat. Eine Anspielung entdeckt man aber nur, wenn man von Cravens Ausflug ins Porno-Genre weiß...

    2015 ist Regisseur Wes Craven verstorben, aber sein „Scream“-Franchise lebt weiter: Unter der Regie von Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett kam 2022 der schlicht „Scream“ betitelte fünfte Teil ins Kino, Anfang 2023 folgte mit „Scream 6“ der bisher erfolgreichste Film der Reihe.

    Wie man auch immer zu den späten Sequels des Horror-Hits von 1996 stehen mag (der Autor dieser Zeilen ist nicht allzu begeistert, in unserer Filmstarts-Kritik gab es für den sechsten Teil aber satte 4 Sterne!), kann man den neuen Regisseuren nicht vorwerfen, dass sie vergessen hätten, wem sie ihren Erfolg zu verdanken haben. Schon in „Scream 5“ gab es zahlreiche Hommagen an den Schöpfer der Reihe (sogar eine Figur wurde teilweise nach ihm benannt!) – und auch Teil 6 spart nicht mit Ehrerbietungen.

    Um sie zu entdecken, sollte man einerseits mit der Filmografie des „Nightmare On Elm Street“-Regisseurs vertraut sein – zum anderen muss man ganz genau hinschauen. Gerade während der Szene, in der sich Ghostface an Halloween unter hunderte verkleidete U-Bahn-Fahrgäste mischt, lohnt sich der Druck auf die Pause-Taste.

    Denn Bettinelli-Olpin und Gillett nutzen das Szenario nicht nur, um Verwirrung bei ihren Figuren zu stiften – das Ghostface-Kostüm ist ein echter Verkaufsschlager, weshalb es in der U-Bahn gleich dutzende potenzielle Killer gibt! –, sondern auch, um sich in Sachen Referenzen ordentlich auszutoben.

    So finden sich unter den Verkleideten andere Slasher-Ikonen wie Jason Voorhees (aus den „Freitag der 13.“-Filmen), Michael Myers („Halloween“) oder Mörderpuppe Chucky. Pinhead aus der „Hellraiser“-Reihe ist genauso von der Partie wie das tote Mädchen aus „The Ring“, und das Regie-Duo hat es sich auch nicht nehmen lassen, auf seinen eigenen Film „Ready Or Not“ zu verweisen.

    Eine Wes-Craven-Hommage jagt die nächste

    Doch vor allem Craven-Fans kommen in der Szene auf ihre Kosten – und ein Freddy-Krueger-Kostüm ist dabei nur die offensichtlichste Referenz. Die „Nightmare On Elm Street“-Reihe ist neben „Scream“ das zweite große Horror-Franchise, das auf Craven zurückgeht – und mit dem großartigen siebten Teil, den der Regisseur nach fünf mal mehr, mal weniger gelungenen Fortsetzungen wieder selbst inszenierte, nahm Craven 1994 schon das Meta-Konzept von „Scream“ vorweg.

    Neben dem Albtraum-Klassiker gibt es in der Subway-Szene noch zahlreiche weitere Anspielungen auf Cravens Filmografie zu bewundern: Die Kostüme bilden einen regelrechten Karriere-Querschnitt – vom lange verbotenen Debüt „Das letzte Haus links“ (1972) über 80er-Jahre-Filme wie „Der tödliche Freund“ und „Shocker“ bis hin zu späteren Regiearbeiten wie „Das Haus der Vergessenen“ (1991) und dem Eddie-Murphy-Film „Vampire in Brooklyn“ (1995).

    Diese Porno-Referenz übersehen selbst Fans...

    Ein Easter Egg, das auf Cravens zweiten Film Bezug nimmt, ist sogar noch besser versteckt! Die Bodega, in der Ghostface ein wahres Massaker anrichtet, trägt den Namen „Abe's Snake“, wie in einer Einstellung deutlich zu sehen ist (allerdings nur für etwa eine Sekunde).

    Was das mit Wes Craven zu tun hat? Die Horror-Legende hat 1975 einen Pornofilm gedreht – und dafür das Pseudonym „Abe Snake“ verwendet. Damals war es nicht unüblich für junge Regisseur*innen, sich im Genre des Erwachsenenfilms auszuprobieren und dafür auf Pseudonyme zurückzugreifen („Bad Lieutenant“-Regisseur Abel Ferrara zum Beispiel drehte seinen Debütfilm „9 Lives Of A Wet Pussycat“ unter dem Namen Jimmy Boy L.).

    Wenn ihr bei Minute 36 und 27 Sekunden auf Pause drückt, könnt ihr den Schriftzug deutlich erkennen:

    Paramount Pictures

    Wie ist der Wes-Craven-Porno?

    Nachdem Craven seine Karriere mit einem hochgradig ambivalenten Meisterwerk des Terrorkinos begonnen hatte („Das letzte Haus links“), schob er mit „The Fireworks Woman“ erst mal einen Porno dazwischen, der es vor allem inhaltlich in sich hatte: „The Fireworks Woman“ handelt von der unmöglichen Liebe zwischen Angela (Jennifer Jordan) und ihrem Bruder Peter (Eric Edwards). Der lässt sich zum Priester ausbilden, während Angela den Gedanken an ihren Bruder zu entfliehen versucht – und dabei von verschiedenen Männern und auch Frauen sexuell ausgebeutet wird...

    Wer will, kann auch „The Fireworks Woman“ als Horrorfilm lesen: Der Sex in dem Inzest-Porno ist zwar explizit, aber größtenteils beklemmend inszeniert – pikanterweise gilt das nicht für die betont sinnlichen Rückblenden, in denen Angela Sex mit ihrem Bruder hat (die wir allerdings klar aus ihrer ganz persönlichen Perspektive erleben). Viele von Cravens wiederkehrenden Themen (dysfunktionale Familien, Traumata, Religion) tauchen auch in „The Fireworks Woman“ auf – und schon hier gibt es eine der Traumsequenzen, die bei Craven nicht nur in den „Nightmare“-Filmen eine Rolle spielen.

    Craven selbst taucht am Anfang und am Ende als eine Art Zeremonienmeister mit Zylinder auf – und macht damit klar, dass es sich bei seinem Ausflug in den Porno-Bereich trotz des falschen Namens durchaus um einen echten Wes-Craven-Film handelt!

    Schon gewusst? Wes Craven hat einen Gastauftritt in "Scream" – und spielt damit auf einen seiner anderen großen Horror-Klassiker an!

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