
Christopher Nolan ist ein großer Verfechter davon, dass man seine Kinofilme in dem größtmöglichen Format genießen muss – in IMAX-Kinos. Damit seine Werke dort auch bestmöglich zur Geltung kommen, nutzt er intensiv spezielle IMAX-Kameras. Schon bei „The Dark Knight“ wurden mehrere Szenen mit den allerdings sehr großen, schweren und lauten Kameras gedreht.
Einen ganzen Hollywood-Blockbuster mit ihnen zu drehen, schien lange Zeit unmöglich – doch das wird sich nun ändern. Nolans Fantasy-Epos „The Odyssey“ soll als erster großer Kino-Spielfilm der Geschichte zu 100 % mit IMAX-Kameras gedreht werden, wie jetzt im Rahmen der Filmfestspiele in Cannes enthüllt wurde.
Doch der Reihe nach: Warum schien das bislang unmöglich?
Die Probleme von IMAX-Kameras erklärt!
Gerade bei Dialogszenen kam einem die Lautstärke der Kamera in die Quere, bei Steadicam-Szenen war derweil ihre Unhandlichkeit ein massives Problem. Hier gab es allerdings bereits in der Vergangenheit starke Verbesserungen, was Nolan bei „Oppenheimer“ nutzen konnte, um IMAX auch in Szenen einzusetzen, bei denen es vorher nicht denkbar war.
Doch viele Probleme existierten weiterhin. Die Filmrollen, mit denen man jeweils (abhängig von der Bildfrequenz) nur etwa zwei bis drei Minuten Material aufnehmen kann, sind teuer, schwer zu transportieren und empfindlich. Sie zu wechseln dauerte lange, was einen Dreh immer wieder ausbremste. Für die Nachbearbeitung mussten sie aufwändig gescannt werden. Die Sichtung der sogenannten Dailies, also der Tagesaufnahmen, war wegen des analogen Formats nur verzögert möglich – im Gegensatz zu digitalen Drehs, bei denen man direkt auf das Material zugreifen kann.
Doch gleichzeitig haben die Kameras große Vorteile, die Nolan eigentlich nicht missen will – und darunter fällt nicht nur, dass man in speziellen IMAX-Kinos ein viel größeres Bild hat. Sie nutzen zum Beispiel 65mm-Film im 15-Perforations-Format, was ein besonders großes Bildfeld ergibt – ideal für beeindruckende Bildschärfe und Farbtiefe.
"The Odyssey" wird der erste 100 % IMAX-Film
Doch nun scheinen die bisherigen Probleme gelöst – das enthüllte zumindest IMAX-CEO Brian Gelfond im Rahmen der Filmfestspiele in Cannes. Laut dem Magazin Collider scherzte er zu Beginn seiner Aussage noch „Chris bringt mich um, weil ich das verrate“, um dann ernst zu werden: Rund ein Jahr vor dem Drehstart von „The Odyssey“ habe Nolan ihn angerufen und ihm mitgeteilt, dass er einen kompletten Film ausschließlich mit IMAX-Kameras drehen will. Er habe Gelfond daher eine Aufgabe mit auf den Weg gegeben:
„Er sagte: ‚Ich gebe euch eine Herausforderung. Wenn ihr herausfindet, wie man diese Probleme löst, werde ich zu 100 % mit IMAX-Kameras drehen.‘ Und wir haben seine Probleme gelöst. [‚The Odyssey‘] wird also der erste Film überhaupt sein, der vollständig mit IMAX-Kameras gedreht wurde“, so Gelfond bei der Veranstaltung.
Der CEO erklärte laut dem Hollywood Reporter, dass die neuen Kameras leichter und 30 Prozent leiser seien. Zudem habe man Probleme beim Scannen und Verarbeiten des 70-mm-Filmmaterials gelöst, sodass Nolan während der Dreharbeiten problemlos die Tagesaufnahmen sichten kann. „Er zwang uns dazu, diesen Teil unseres Geschäfts neu zu überdenken“, so Gelfond.
100 % IMAX: Was bedeutet das für "The Odyssey"?
Aktuell darf nur Christopher Nolan die neuen Kameras exklusiv nutzen. Sobald er die Arbeiten an „The Odyssey“ abgeschlossen hat, werden aber auch andere Regisseur*innen Zugriff darauf haben – und gerade andere IMAX-Fans wie Jordan Peele oder „Dune“-Regisseur Denis Villeneuve dürften sofort anklopfen.
Es könnte am Ende für eine noch einmal weiter gesteigerte visuelle Immersion sorgen. Schließlich erlauben die IMAX-Kameras extreme Detailtiefe – ob Gesichter, Landschaften, Architektur, alles kann Nolan in „The Odyssey“ noch einmal unmittelbarer auf uns wirken lassen. Farben wirken so realistischer (gerade Hauttöne viel natürlicher). Szenen haben eine spektakuläre Tiefe.
Das Ergebnis ist das sogenannte „Fenster in die Welt“-Gefühl, welches nur gut gemachte IMAX-Szenen in einem IMAX-Kino erzeugen können. Es wirkt nicht mehr so, als würde man dem Geschehen auf einer Kinoleinwand folgen, sondern man bekommt den Eindruck, als blicke man durch ein Fenster direkt auf echte Ereignisse.
Ein kleiner Nebeneffekt: Weil Nolan bei seinen früheren Filmen nur Teile mit IMAX-Kameras drehen konnte, ging damit auch ein Formatwechsel in Filmen einher, was manche als störend empfanden. Das fällt nun auch weg – beim Anschauen später auf Blu-ray am heimischen TV-Bildschirm ein riesiger Vorteil.
Der IMAX-Effekt – auch dank Nolan eine Erfolgsgeschichte
Immer mehr große Blockbuster setzen auf den IMAX-Effekt, weil sich gezeigt hat, dass ein am bestmöglichen Erlebnis interessiertes Publikum auch bereit ist, deutlich mehr Geld für den Kinobesuch zu zahlen. Bei „Oppenheimer“ stammten so rund 20 Prozent der Kinoeinnahmen aus IMAX-Vorführungen. Laut Gelfond werde es 2025 so viele Filme wie noch in der Geschichte geben, die Szenen beinhalten, welche mit IMAX-Kameras oder Modellen anderer Hersteller, die von IMAX offiziell anerkannt werden, gedreht wurden.
Einer dieser IMAX-Filme, die dann auch die großen Kinoleinwände für einen gewissen Zeitraum exklusiv bekommen, startet in diesen Tagen in den Kinos: „Mission: Impossible 8: The Final Reckoning“ hat seinen offiziellen Kinostart zwar erst am 21. Mai 2025, kann aber bereits ab diesem Wochenende deutschlandweit in hunderten Kinos mit mehreren Vorführungen täglich in Previews geschaut werden – natürlich auch in IMAX-Kinos.
Davon gibt es leider nur ein Dutzend in Deutschland, wobei viele davon gar keine „echten“ IMAX-Kinos des Unternehmens selbst sind, sondern „nur“ IMAX-zertifizierte Leinwände haben. Trotzdem ist es beim entsprechenden Film ein absolut empfehlenswertes Erlebnis – bei Nolan sowieso, aber auch bei „Mission: Impossible 8: The Final Reckoning“, den der Autor dieser Zeilen bereits in einem IMAX-Kino sehen konnte. Noch mehr zum finalen Teil der Action-Reihe mit Tom Cruise gibt es in unserer FILMSTARTS-Kritik.
Mit Informationen zu „The Odyssey“ selbst, der Story, der berühmten Vorlage und dem beeindruckenden Cast, den Christopher Nolan mal wieder versammelt hat, haben wir in diesem Artikel gegeizt. Das findet ihr aber in zahlreichen anderen Artikel von uns zu dem heiß erwarteten Fantasy-Abenteuerfilm – zum Beispiel im folgenden:
Christopher Nolans neuer Film "ist ein nur einmal pro Generation entstehendes Meisterwerk": "The Odyssey"-Statement sorgt für Lacher