
Er ging als Western-Revolverheld in die Kinogeschichte ein – und auch im realen Leben präsentierte sich John Wayne oft als Raubein: Vorfälle, in denen ihm die Hutschnur riss, trugen ebenso zu seinem Image bei wie seine Rollenauswahl. Dennoch hatte er auch seine milderen Momente: Er lehnte beispielsweise einen zentralen Part in einem Erfolgsfilm ab, weil er ihm zu versaut war, und er spielte in einem filmischen Kleinod der Regie-Ikone John Ford einen konfliktscheuen Mann auf der Suche nach Liebe.
Ein weiterer Film, in dem sich Wayne von seiner sanfteren Seite zeigt, ist der Abenteuerfilm „Tycoon“ von Regisseur Richard Wallace. Die Romanadaption geriet jedoch weitestgehend in Vergessenheit – worüber der Schauspielstar gewiss froh wäre. Denn John Wayne hegte einen flammenden Hass gegen „Tycoon“.
Darum geht es in "Tycoon"
Der Ingenieur Johnny Munroe (John Wayne) ist für die Konstruktion eines Eisenbahntunnels in den südamerikanischen Anden zuständig. Als er nach einer langen, schlauchenden Arbeitswoche einen über den Durst trinkt, wirft er ein Auge auf eine fremde Frau und folgt ihr erst in die Kirche und dann zu ihrer Haustür.
Wie der angetrunkene Johnny herausfindet, hat er sich Hals über Kopf in die erzkonservative Maura Alexander (Laraine Day) verliebt – die Tochter seines schwerreichen Auftraggebers und Cousine eines Ingenieurskollegen. Johnny findet einen Draht zu Maura. Doch ihr Vater befindet sich auf Kriegsfuß mit ihm, was nicht nur das junge Liebesglück gefährdet, sondern auch auf abenteuerliche Weise das Bauprojekt aus der Bahn wirft.
Eine spontane Umbesetzung...
Ursprünglich war Maureen O'Hara für die weibliche Hauptrolle in „Tycoon“ vorgesehen: Eine beliebte Schauspielerin, die mit John Wayne alias „der Duke“ eine enge Freundschaft hegte und ab 1950 mehrfach mit ihm zusammenarbeitete. „Tycoon“ wäre ihrem ersten gemeinsamen Film „Rio Grande“ um drei Jahre zuvorgekommen, doch vergleichsweise kurz vor Produktionsstart beschlossen ranghohe Entscheidungsträger des verantwortlichen Studios RKO, dass O'Hara stattdessen in „Sinbad der Seefahrer“ mitspielen sollte.
Dies dürfte das Schicksal der mit einem für damalige Verhältnisse hohen Budget von 3,2 Millionen Dollar ausgestatteten Romanverfilmung „Tycoon“ besiegelt haben. Denn als Ersatz für O'Hara wurde Laraine Day auserkoren, die jahrelang eine tragende Rolle in der populären Filmreihe „Dr. Kildare“ spielte. Kurz vor „Tycoon“-Drehbeginn machte sie eine in den Medien viel thematisierte Scheidung durch, um den berühmten Baseball-Trainer Leo Durocher zu ehelichen.
Diese Beziehung hatte großen Einfluss darauf, wie Day auf ihre eigene Arbeit blickte: Ihre schauspielerischen Ambitionen gerieten ins Hintertreffen und sie fokussierte sich stärker darauf, Durochers Team zu unterstützen und als erweiterte Repräsentantin der Mannschaft zu dienen.
Wie sie selbst 1954 in einem Interview mit der Associated Press sagen sollte: „Bevor ich Leo geheiratet habe, wollte ich einen Academy Award gewinnen. Nun will ich einfach nur, dass wir die Meisterschaft holen. Meine Arbeit ist nebensächlich.“ Dieses rapide gesunkene Interesse am Schauspiel soll sich bereits beim Dreh von „Tycoon“ bemerkbar gemacht haben.
...und heftige Eifersucht
Darüber hinaus störte Days frisch gebackener Gemahl die Dreharbeiten. Wie „Tycoon“-Nebendarsteller Anthony Quinn in der John-Wayne-Biografie „John Wayne: The Man Behind The Myth“ zitiert wird, war der Baseball-Star extrem eifersüchtig und ließ sich das am Rande des Sets stets anmerken: „Er hat es überhaupt nicht gern gesehen, wie seine Frau von John Wayne umarmt und geküsst wird. Jeden Tag saß Durocher da und schaute zu. Und wenn es zu einer Liebesszene kam, hat er den Duke böse angestarrt.“
Das wiederum habe Wirkung gezeigt: Laut Quinn wollte Wayne es nicht auf einen Streit mit Durocher ankommen lassen. „Deshalb fehlte es den Liebesszenen an Passion“, so Quinn in „John Wayne: The Man Behind The Myth“.
Einmal hätte Quinn versucht, Wayne Mut zuzusprechen und ihm geraten, Durochers feindseligen Blicken zum Trotz seinen Job mit vollem Einsatz zu machen. Statt sich von diesem Ratschlag motivieren zu lassen, erwiderte Wayne Quinns Worte mit einem steinernen Blick: „Ich habe genug Probleme in meiner eigenen Ehe, ich werde jetzt keine Risse in Laraines verursachen. Lass diesen Dreck einfach hinter uns bringen.“
Quinn rundet die Anekdote damit ab, dass nicht nur Wayne davon überzeugt war, dass „Tycoon“ ein mieser Film sei. Auch Quinn fand keinerlei positive Worte über die Romanadaption: Er betont, dass Wayne richtig gelegen hätte. „Das war der Film. Absoluter Mist.“ Ein Großteil der zeitgenössischen Kritik teilte diese Ansicht: Neben einzelnen positiven Stimmen, die etwa die Inszenierung lobten, merkten viele Stimmen an, der Film sei langweilig, wenig überzeugend und zäh.
Ein weiterer Film, den John Wayne gehasst hat, wurde dagegen zum gefeierten Klassiker. Mehr dazu erfahrt ihr im folgenden Artikel:
"Das Unamerikanischste, das ich in meinem ganzen Leben gesehen habe": John Wayne hasste diesen hochspannenden Western-Klassiker*Bei dem Link zum Angebot von Amazon handelt es sich um einen sogenannten Affiliate-Link. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision.