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    Nach "Aquaman": Ich will das alte DCEU zurück!

    Fünf Jahre nach dem Startschuss des DC Extended Universe wurde nun die Kehrtwende eingeläutet, um das einst so düstere Marvel-Pendant vor dem vorzeitigen Untergang zu bewahren. Ob eine billige Kopie der Konkurrenz der richtige Weg ist?

    Warner Bros.

    +++ MEINUNG +++

    Machen wir uns nichts vor: Warner Bros.‘ Versuch, auf den Erfolgszug von Marvel aufzuspringen, wirkte heute wie damals überhastet, erzwungen und nur bedingt erfolgversprechend. Aber klar, wenn man die Rechte an vergleichbaren Stoffen besitzt, die der Konkurrenz Milliarde um Milliarde einbringen, kann einen schon mal der Übereifer packen. Nach der dreijährigen Pause zwischen „Man Of Steel“, den ich nach wie vor sogar zu meinen Lieblings-Comicverfilmungen zähle, und dem etwas vorschnellen „Batman V Superman: Dawn Of Justice“ kamen mir allerdings Zweifel. Ist es wirklich der richtige Weg, zwei der beliebtesten Heldenfiguren der Comic-Geschichte aufeinander treffen zu lassen (und dabei auch noch zahlreiche weitere Charaktere einzuführen), ohne auch dem zweiten erst einmal einen (neuen) Solofilm zu spendieren?

    Gerade nach Christopher Nolans „Dark Knight“-Trilogie hätte es wohl nicht geschadet, dem Zuschauer einen zusätzlichen Film zu bieten, um sich an den neuen Batman zu gewöhnen. Ich mag Ben Affleck in der Rolle des Dunklen Ritters, doch selbst der dreistündige Extended Cut reichte nicht aus, um ein packendes und vor allem stimmiges Comic-Abenteuer zu liefern, wie ich es mir so gewünscht habe. Aber lernten DC und Warner daraus? Nein, und so machten sie denselben Fehler nach „Suicide Squad“, über den ich am liebsten den Mantel des Schweigens lege und dem wunderbar charmanten „Wonder Woman“, gleich noch einmal. „Justice League“ war mehr schlecht als recht, doch während sich langsam auch der letzte Funken Hoffnung auf eine Veröffentlichung des sagenumwobenen Snyder Cut in Luft auflöst, wünsche ich mir nach „Aquaman“ trotz all der Ungereimtheiten in den Vorgängerfilmen das alte DCEU zurück.

    DC und die Notwendigkeit der Kehrtwende

    Es ist kein Geheimnis, dass der Mann aus Stahl und dessen Kumpanen der Gerechtigkeitsliga im Kino hinter den Erwartungen blieben. Ja, die Filme haben ihre treue Anhängerschaft (wenn auch keine so große wie die meisten Marvel-Abenteuer) und waren auf den ersten Blick auch finanziell keine absoluten Totalausfälle. Sie alle brachten immerhin jeweils 650 Millionen Dollar oder mehr ein und deckten damit zumindest ihre (teils horrenden) Produktionskosten. Im Vergleich zur Konkurrenz hinkt man dennoch hinterher: Filme wie „Deadpool“ oder „Logan“ können da sogar trotz höherer Altersfreigabe – R-Rating in den USA, FSK 16 in Deutschland – mithalten und „Marvel’s The Avengers“ spielte 2012 allein in den USA über 620 Millionen Dollar ein.

    Während mir der Klamauk aus dem Hause Marvel längst zum Halse raus hing, kam DC für mich gerade richtig, mit seiner absolut humorlosen Zerstörungsorgie. Immerhin duellieren sich auf der Leinwand regelrechte Übermenschen inmitten der Normalbevölkerung, die dabei stets den Kürzeren zieht. Dass dies verheerende Folgen für die Menschen mit sich bringt, ist selbstverständlich, fast schon unausweichlich. Und wenn die Welt dem Untergang geweiht scheint, steht einem nun mal nicht nach Witzeleien – und zwar schon gar nicht, wenn sich einem Michael Shannon in den Weg stellt. Von einem derart überzeugenden, nachvollziehbaren und perfekt besetzten Schurken wie General Zod in „Man Of Steel“ träumen die MCU-Verantwortlichen bis heute (noch fieser war Shannon nur noch in Guillermo Del Toros Oscarfilm „Shape Of Water“).

    Ja, wenn Filme tatsächlich nur so gut wie ihre Bösewichte wären, würde der DCEU-Startschuss wohl nahezu alle Comic-Verfilmungen der vergangenen Jahre spielerisch hinter sich lassen. Es ist aber vor allem der bitter-ernste Anstrich, der frischen, aber nicht lockeren, unterhaltsamen, aber nicht kurzweiligen Action-Bombast entstehen und Snyders Vision lebendig werden lässt. Selbst in Anbetracht brachialer Over-the-Top-Action sorgte jene Düsternis immer für eine gewisse Erdung, das, was sich auf der Leinwand abspielte, erhielt eine völlig neue Gewichtung. Neben Danny Huston als Erich Ludendorff in „Wonder Woman“ trifft dies sogar auf die oftmals belächelte Darbietung von Jesse Eisenberg zu, den ich als Lex Luthor auf seine ganz eigene Art und Weise durchaus schätze. Zack Snyder verzichtet auf knackige Oneliner, um die Stimmung aufzuhellen (und den Spannungsbogen zu durchbrechen), sondern streut stattdessen sowohl inhaltlich als auch visuell philosophische Denkansätze ein, die von vielen Zuschauern gar nicht erst wahrgenommen werden. Doch selbst wenn es zu unfreiwilligen Lachern kommen sollte – etwa in der „Martha-Szene“ aus „BVS“ –, erholt sich die dichte, kurzzeitig angeknackste Atmosphäre schnell. Denn man hat schlichtweg das Gefühl, dass es hier um mehr geht als um selbstverliebte Sprücheklopfer, die ihren Platz im Rampenlicht genießen.

    2018 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC.

    Lauwarmer MCU-Aufguss

    Die ersten Pressestimmen zu „Aquaman“ weckten meine Neugier, denn demnach würde sich der Film wie ein Kapitel aus dem frühen Marvel Cinematic Universe anfühlen. Und auch wenn ich mich an Thor, Captain America & Co. spätestens seit „Avengers: Age Of Ultron“ sattgesehen habe, gehören Filme wie „Iron Man“ oder „The Return Of The First Avenger“ immer noch zu meinen persönlichen Highlights, die das Genre in der letzten Dekade hervorgebracht hat. Schade nur, dass „Aquaman“ mit diesen nicht allzu viel gemein hat.

    Gerade zu Beginn verzeihe ich dem Film noch plumpe Witzeleien, weil er zum einen von Anfang an klarstellt, dass er sich nicht allzu ernst nimmt und zum anderen, weil Jason Momoa ganz einfach sichtlich Spaß an seiner Rolle hat. Ja, hat man ihn einmal als fischigen DC-Helden gesehen, kann man sich kaum einen anderen an seiner Stelle vorstellen – ähnlich wie bei Robert Downey Jr. als Tony Stark oder Ryan Reynolds als Wade Wilson. Dennoch entsteht schnell der Eindruck, als hätte man versucht, das Drehbuch um ein paar Oneliner herum zu basteln, was schon bald zur Erkenntnis führt: Selbstironie macht einen Film noch lange nicht lustig.

    Zu offensichtlich wird versucht, die Marvel-Gag-Schiene zu fahren. Das funktioniert allerdings hinten und vorne nicht, da man vermeintliche Pointen von weitem kommen sieht, diese vor allem ans Publikum im Teenie-Alter auf den Leib geschneidert sind und darüber hinaus schlichtweg keinerlei tiefere Bedeutung für den Inhalt haben. Gut geklaut mag immer noch besser als schlecht selbstgemacht sein, in diesem Fall hat man allerdings einfach nur schlecht (bei Marvel) geklaut.

    Verschwommen: Die Effekte

    Mit dem Effektdesign ging das DCEU schon immer einen eigenen Weg, der zwar immer wieder harscher Kritik zum Opfer fiel, mir aber durchaus zusagte, weil er den Esprit eines auf Film gebannten Comics versprühte. Und während „Aquaman“ in Sachen World-Building auch so einiges richtig macht und vor frischen, fetzigen Ideen nur so sprudelt, zeigt sich einmal mehr, dass nach wie vor wohl kaum etwas schwieriger zu animieren ist als Wasser.

    Nicht falsch verstehen: „Aquaman“ bietet einige visuell großartige Momente, die vor allem dem Produktionsdesign zu verdanken sind. Selbst im offensichtlichen Fantasy-Kontext wirken aber vor allem die Unterwasserszenen unglaublich unnatürlich, nicht etwa fließend in ihr Setting eingebunden, sondern ertränkt in Weichzeichner. Dieser kommt übrigens auch an Land zum Einsatz und beschert uns hier vor Kitsch triefende Bilder, bei denen sich meine Aufmerksamkeit mal auf den erschreckend offensichtlichen Green-Screen-Gebrauch und mal auf die ebenso augenscheinliche, teils unglaublich misslungene CGI-Verjüngungskur von Nicole Kidman und Co. richtete und dabei fast den eigentlichen Film an mir vorbeiziehen ließ.

    2018 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC.

    Dass es „Aquaman“ damit (völlig zu Recht) gar nicht erst unter die zehn Kandidaten für den Oscar in der Kategorie Beste visuelle Effekte geschafft hat, dürfte für die Verantwortlichen eine herbe Enttäuschung sein, für den Schauwert des Films ist das aber dennoch nur bedingt von Belang. Denn es ist genauso wie mit dem Humor: Es braucht nicht zwingend ein pausenloses Feuerwerk oder bahnbrechende Ideen, die man so noch nie gesehen hat – gerade bei einem selbstironischen Abenteuerfilm wie diesem, der ganz bewusst auf angestaubte Klischees baut. „Aquaman“ versäumt es trotz des bestgelaunten Momoa schlichtweg, diese auch charmant zu verpacken und fühlt sich stattdessen nicht wie eine augenzwinkernde Hommage, sondern vielmehr wie ein Relikt aus der Vergangenheit an – mit Sprüchen aus C-Movies der 80er Jahre und Effekten aus den 2000ern.

    Laut, bunt und ganz egal

    „Aquaman“ strotzt geradezu vor flotten Sprüchen und Testosteron, vor Farben, Musik (die einem regelrecht aufs Ohr gedrückt wird und obendrein oft schrecklich deplatziert wirkt) und wilden Kreaturen (ein trommelnder Oktopus, der für zwei Sekunden zu sehen ist, ist mein Highlight des gesamten Films). Und während ich mich gerade zu Beginn noch für so manches Szenario begeistern konnte – etwa für einen Kampf der jungen Atlanna –, verliert „Aquaman“ zunehmend den Fokus auf die Geschichte, auf die sich James Wan eigentlich so sehr konzentrieren wollte. Als klassische Origin Story angelegt, fehlt es dem Film schlichtweg an einem roten Faden. Man hangelt sich von einem Oneliner, einem Effektspektakel zum nächsten, sodass dazwischen kaum noch Platz für einen Spannungsbogen und eine Geschichte von Bedeutung bleibt.

    Auch wenn ich dem MCU längst den Rücken gekehrt habe – sorry, aber der Vergleich liegt nun mal auf der Hand –, erreichten die Filme trotz zahlreicher Gags ihre Zuschauer auch immer wieder emotional. In „Aquaman“ hingegen entsteht vielmehr der Eindruck, als hätte man versucht, inhaltliche Belanglosigkeit anhand von Oberflächlichkeiten zu kaschieren. Wer auch zum hundertsten Mal über ein und denselben Witz lachen kann, mit den bisherigen DCEU-Filmen nicht viel anfangen konnte und ohnehin nur ins Kino geht, um in den Sessel gedrückt zu werden, könnte mit „Aquaman“ aber durchaus auf seine Kosten kommen.

    2018 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC.

    Die Zukunft des DCEU

    „Aquaman“ ist so etwas wie der Reset-Button des DC Extended Universe, der die prominentesten Helden runterfährt, um die Riege aus der zweiten Reihe neu zu laden. Die Hoffnung auf eine neue, eigenständige Richtung für das Franchise zerschmettert der Herrscher über Atlantis allerdings mit einem müden Marvel-Abklatsch, der weder Fisch noch Fleisch ist – obwohl gerade Ersteres im Übermaß vorhanden ist. „Früher war alles besser“ heißt es nur zu oft. Nun, es war vielleicht nicht alles besser, aber vieles zumindest origineller, nicht perfekt, dafür aber eben auch nicht glattgebügelt, sondern mit Ecken und Kanten und Denkanstößen, die keinen kindgerechten Comics für zwischendurch entsprechen, sondern eine tiefergehende Vorlage erahnen lassen. Aber wenn ich einen MCU-Film sehen will, habe ich innerhalb des Marvel’schen Universums doch mittlerweile mehr als genug Auswahl. Ich aber wünsche mir das alte DCEU zurück!

    Ich werde Ben Affleck als Gothams Wächter genauso vermissen wie Henry Cavill als Mann aus Stahl, dennoch keimt in mir nach wie vor die Hoffnung, schon bald wieder Freude am so oft gescholtenen DCEU zu finden. Auf die Fortsetzung des unglaublich charmanten und ebenso spektakulären wie bodenständigen „Wonder Woman“ freue ich mich nämlich genauso wie auf „Shazam!“ mit Sympathieträger Zachary Levi, den ich spätestens seit „Chuck“ in mein Herz geschlossen habe – auch wenn der wohl nur wenig mit dem DCEU gemein hat, das ich ins Herz geschlossen habe. Doch wer weiß, vielleicht geht es mit dem einen oder anderen überzeugenden Schurken wieder dahin zurück, wo es mir einst so gut gefiel. Denn eigentlich mochte ich das frühe DC Extended Universe immer sehr – nicht etwa als Konkurrenz von Marvel, sondern vielmehr als Ergänzung. Die Zukunft des Franchise scheint mit dem Erfolgslauf von „Aquaman“ jedenfalls gesichert – zumindest vorerst.

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