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    Planet der Affen: Prevolution
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Planet der Affen: Prevolution
    Von Christoph Petersen

    Franklin J. Schaffners „Planet der Affen" von 1968, in dem Charlton Heston als Astronaut auf einem von Affen beherrschten Planeten notlandet, gilt zu Recht als Klassiker des Science-Fiction-Genres. Allerdings ist das Meisterwerk inzwischen ganz schön in die Jahre gekommen. Was damals als erschreckende Dystopie durchging, weckt inzwischen vornehmlich nostalgische Gefühle, was auch an den nach heutigen Maßstäben ziemlich trashigen Kostümen liegt. Nach vier mehr schlechten als rechten Fortsetzungen in den 1970ern unterzog Regisseur Tim Burton den Stoff 2001 einer Frischzellenkur. Die handgemachten Affenkostüme wurden beibehalten, der Rest jedoch uninspiriert auf modernes Mainstream-Kino getrimmt, weshalb das mehr als 100 Millionen Dollar teure Projekt schließlich als seelenloses und oberflächliches Action-Vehikel verendete. Eine Fehlentwicklung, aus der das produzierende Studio 20th Century Fox offenbar die richtigen Lehren gezogen hat: Blockbuster-Neuling Rupert Wyatt („The Escapist") setzt bei „Planet der Affen: Prevolution" zwar auf State-of-the-Art-Performance-Capture-Technik und nicht mehr auf klassische Kostüme, aber viel entscheidender ist, dass im Mittelpunkt seines Science-Fiction-Prequels eine verdammt starke Geschichte und eine noch stärkere Hauptfigur stehen.

    Der Wissenschaftler Will Rodman (James Franco) hat im Rahmen seiner Alzheimer-Forschung einen Virus entwickelt, mit dessen Hilfe zerstörtes Gehirngewebe wiederhergestellt werden kann. Allerdings scheint das ALZ-112 genannte Medikament schlimme Nebenwirkungen zu haben, weshalb das Pharmaunternehmen Gen-Sys das Projekt einstellt und die für die Experimente verwendeten Schimpansen einschläfert. Nur ein mit dem Virus infiziertes Affenbaby kann Will noch aus der Forschungsstation herausschmuggeln und so vor dem Tod bewahren. Der geschasste Wissenschaftler zieht den Caesar getauften Schimpansen (Andy Serkis) fortan wie seinen eigenen Sohn auf. Dabei stellt Will schnell fest, dass Caesars Intelligenz nicht nur die seiner Artgenossen, sondern auch die gleichaltriger menschlicher Kinder bei Weitem übertrifft. Erst einmal ausgewachsen, ist der Schimpanse allerdings nicht länger nur niedlich, sondern auch ganz schön kräftig. Schließlich landet Caesar auf gerichtliche Anordnung im Tierheim des geldgeilen Betreibers John Landon (Brian Cox). Hier lernt der hochbegabte Affe die dunkle Seite der menschlichen Natur kennen, woraufhin der Eingekerkerte eine Revolution unter seinen Artgenossen anzettelt...

    Die Macher von „Planet der Affen: Prevolution" haben sich der Performance-Capture-Technik von James Camerons „Avatar - Aufbruch nach Pandora" bedient und diese erstmals mit Drehs an realen Schauplätzen kombiniert. Zudem wurde mit Andy Serkis (Gollum aus Peter Jacksons „Der Herr der Ringe"-Trilogie) der wohl beste Performance-Capture-Darsteller überhaupt verpflichtet. Was sich im ersten Moment nach technischen Randnotizen anhört, ist für das Gelingen des Films von eminenter Bedeutung. Caesar ist der erste CGI-Protagonist der Kinogeschichte, der tatsächlich dieselbe emotionale Bandbreite wie ein menschlicher Darsteller abdeckt. Das hat nichts mehr mit den emotional unterkühlten Figuren aus den Performance-Capture-Filmen von Robert Zemeckis („Die Legende von Beowulf", „Disneys Eine Weihnachtsgeschichte") zu tun, stattdessen akzeptiert man diesen Affen sofort als real und schließt ihn augenblicklich ins Herz.

    Zudem hat der Regisseur die wortlose Kommunikation der Affen, die in diesem Prequel ja noch nicht sprechen können, gemeinsam mit seinen Autoren Rick Jaffa („Das Relikt") und Amanda Silver („Die Hand an der Wiege") grandios herausgearbeitet. Zwischen intensivem Mienenspiel und antrainierter Zeichensprache begreift man immer, was in den Primaten gerade vorgeht. Dabei verläuft Caesars Entwicklung vom zutraulichen Babyaffen hin zum kompromisslosen Revolutionsführer äußerst subtil und in kleinen Schritten, von denen jeder einzelne im Drehbuch überzeugend motiviert wird. Da muss also offenbar erst ein CGI-Schimpanse daherkommen, um zu beweisen, dass eine gelungene Charakterentwicklung auch im Blockbuster-Genre nicht zwingend ein Fremdwort sein muss.

    Wie schon angemerkt, reiht sich Rupert Wyatts Film nicht ins Konzert vieler moderner Action-Blockbuster à la „Transformers 3" ein, bei denen Story und Charaktere meist nur als fadenscheiniges Alibi dienen, um das Geschehen von einer Krachbumm-Szene zur nächsten voranzutreiben. In „Planet der Affen: Prevolution" ist es vielmehr genau andersherum: Hier entwickelt sich die Action zwingend aus der Geschichte und den Figuren. Das wirkt dann vielleicht nicht ganz so laut und krachend wie bei Michael Bay & Co. (auch wenn die Affeninvasion der Golden Gate Bridge sehr beeindruckend ausfällt), aber weniger intensiv ist das wilde Treiben deshalb noch lange nicht - schließlich fiebert man jederzeit mit den Protagonisten mit. Und noch besser: Weil man Caesar seit seiner Kindheit kennt und weil seine Motivation so präzise herausgearbeitet wird, fällt es im Finale wirklich schwer, den Menschen die Daumen zu drücken. Sicherlich wäre es schon irgendwie doof, wenn die Menschheit ausstirbt, aber sind Affen nicht sowieso die besseren Menschen?

    Im Vorfeld wurde viel diskutiert, ob James Franco („Milk", „Your Highness") überhaupt in der Lage ist, einen Blockbuster dieser Größenordnung als Hauptdarsteller zu stemmen. Nun wissen wir, dass er das gar nicht muss, schließlich fällt diese Aufgabe Caesar und damit CGI-Vorkämpfer Andy Serkis zu. Francos Job ist es vielmehr, das in der Realität verankerte und im Verlauf der Handlung immer mehr ins Science-Fiction-Genre hinübergleitende Geschehen zu erden – und das gelingt ihm, indem er im Zusammenspiel mit den CGI-Figuren stets eine große Natürlichkeit ausstrahlt. Sich für einen Charakterkopf wie Franco statt eines typischen Helden-Darstellers zu entscheiden, war deshalb sicher die richtige Wahl. Ob John Lithgow („Dexter") als an Alzheimer erkrankter Vater von Will, Brian Cox („X-Men 2") als geldgeiler Anstaltsleiter oder Tom Felton (Draco Malfoy aus den „Harry Potter"-Filmen) als sadistischer Tierwärter – die Riege der menschlichen Nebendarsteller steht zwar hinter ihren tierischen Leinwandpartnern zurück, ist aber trotzdem fast durchweg überzeugend. Allein die Darstellung von „Slumdog Millionär"-Entdeckung Freida Pinto als Tierärztin mit Herz fällt am Ende arg glatt aus. Aber da das der einzige Kritikpunkt an der Story ist, kann das Lob für das Autorenduo eigentlich gar nicht groß genug ausfallen, gerade weil bei solch hochbudgetierten Sommerfilmen ja selten genug das Drehbuch tatsächlich an erster Stelle steht.

    Fazit: Grandioses Science-Fiction-Prequel, das nicht nur in tricktechnischer Hinsicht Maßstäbe setzt und sich vor dem 1968er-Klassiker-Original wahrlich nicht zu verstecken braucht.

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