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    Bill & Ted retten das Universum
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Bill & Ted retten das Universum

    0 Prozent Zynismus, 100 Prozent Rock!

    Von Christoph Petersen

    Man hat schon länger das Gefühl, dass Hollywood inzwischen wirklich jede Marke aus dem Keller hervorkramt, aus der sich womöglich noch ein paar Dollar quetschen lassen. Je nach Standpunkt mag man „Matrix 4“ mit Keanu Reeves in diese Kategorie einordnen oder nicht. Aber bei „Bill & Ted Face The Music“, dem späten Sequel zu den Kult-Komödien „Bill & Teds verrückte Reise durch die Zeit“ (1989) und „Bill & Teds verrückte Reise in die Zukunft“ (1991), liegt die Sache anders: Die ersten beiden Fantasy-Rock-Abenteuer haben zwar treue Fans, aber dass sich mit einem weiteren Teil – selbst bei einem Budget von nur 25 Millionen Dollar – noch mal groß Reibach machen lässt, schien trotzdem von Anfang an ausgeschlossen. Dafür ist Reihe dann doch zu sehr Nische.

    Dementsprechend hat es nach der ersten Idee auch ganze zehn Jahre gedauert, bis sich – wohl dank des Erfolgs von „John Wick“ – 2018 schließlich doch noch ein finanzierendes Studio für den Trilogie-Abschluss gefunden hat: „Bill & Ted Face The Music“ ist der Inbegriff einer Herzensangelegenheit – und das passt natürlich wie die Faust aufs Auge, wenn man bedenkt, dass es in den Filmen um zwei herzensgute, gnadenlos naiv-optimistische Rocker geht, die mit ihrer Musik nicht weniger als das ganze Universum zu vereinen versuchen. „Bill & Ted Face The Music“ mag ein wenig der trashige B-Movie-Charme der Fantasy-Kulissen der Vorgänger abgehen, aber insgesamt ist der dritte Teil nun sogar der rundeste Film der Trilogie geworden.

    Bill und Ted sind auch nach 30 Jahren noch immer auf der Suche nach dem Song aller Songs – nur sind sie dabei inzwischen vom rechten Rock-Weg abgekommen und stattdessen in avantgardistischen Sphären versunken…

    Bill (Alex Winter) und Ted (Keanu Reeves) sind noch immer mit ihren Prinzessinnen Joanna (Jayma Mays) und Elizabeth (Erinn Hayes) verheiratet, die sie einst in ihrer Zeitmaschinen-Telefonzelle aus dem England des 15. Jahrhunderts in die Gegenwart mitbracht haben. Zudem gibt es inzwischen zwei Tween-Töchter, Thea (Samara Weaving) und Billie (Brigette Lundy-Paine), die verdächtig nach ihren Slacker-Vätern kommen. Aber eins haben Bill und Ted noch immer nicht – jenen Song, der laut der Prophezeiung aus der Zukunft das gesamte Universum und alle Zeiten miteinander in Einklang bringen wird …

    … ganz im Gegenteil: Nach den ersten Erfolgen ist es mit der Rocker-Karriere ziemlich schnell wieder steil bergab gegangen. Statt mit Rock versucht es das Duo inzwischen mit sphärischen, experimentell-avantgardistischen Geräusch-Gewittern, die sie aber nicht einmal mehr bei der Hochzeit von Teds kleinem Bruder Deacon (Beck Bennett) vortragen dürfen. Gerade als die Verzweiflung ihren Höhepunkt erreicht, kommt eine Erinnerung aus der Zukunft: Bill und Ted bleiben nur wenige Stunden, um den Song endlich zu schreiben. Und weil die oberste Führerin (Holland Taylor) inzwischen das Vertrauen verloren hat, setzt sie vorsichtshalber auch einen Killer-Roboter auf das Duo an…

    Ganz die Alten

    Dass sich Keanu Reeves, aktuell 56, nun schon seit 30 Jahren standhaft weigert, auch nur einen Tag älter zu werden, ist längst Inhalt zahlloser Internet-Memes. Aber auch Alex Winter, dessen Karriere damals nicht ansatzweise so steil abgehoben ist wie die seines Kumpels, macht nun genau dort weiter, wo Bill und Ted Anfang der Neunziger aufgehört haben: „Bill & Ted Face The Music“ ist keines dieser späten Sequels mit alten Männern, die es noch mal wollen, aber nicht mehr können. Stattdessen ist es absolut erstaunlich, wie intakt der naiv-optimistische Geist der Reihe auch nach der langen Pause noch ist. Ein Film, der so sehr „1990“ schreit, ohne deshalb gleich wie ein müdes Revival zu wirken: Das hätte man fast nicht für möglich gehalten!

    Auch das Konzept mit den episodischen Zeitreisen ist noch immer dasselbe – nur dass in „Bill & Ted Face The Music“ gleich zwei solche Zeittouren auf einmal stattfinden: Bill und Ted reisen in die Zukunft, um von ihren zukünftigen Ichs (unsere Favoriten: die megamuskulösen Knast-Versionen von Bill und Ted) den alles entscheidenden Song zu bekommen. Währenddessen springen ihre Töchter in der Zeit zurück, um die besten Band aller Zeiten zusammenzustellen. Ein wahrer Traum für alle Musikfans: die gnadenlos gute Jam Session mit Mozart (Daniel Dorr) und Jimmy Hendrix (DazMann Still). Einer von mehreren Momenten, in denen sich der Film als Inbegriff des zeitlosen „Bill & Ted“-Mottos erweist: Be excellent to each other and party on dudes…

    Wie die Väter, so die Töchter: Auch aus Thea und Billie sind zwei gnadenlos abrockende Slacker geworden…

    Natürlich gibt es dabei auch ein Wiedersehen mit einigen alten Bekannten: Vor allem William Sadler ist als (ziemlich eingeschnappter) Tod noch lustiger als im zweiten Teil, während der bereits 2008 verstorbene „Bill & Ted“-Veteran George Carlin zumindest einen posthumen Cameo-Auftritt spendiert bekommt. Aber auch die Neuzugänge passen sich erstaunlich gut ein – darunter Jillian Bell („22 Jump Street“) als überforderte Paartherapeutin und Kristen Schaal („Der Spion von nebenan“) als Diktatorinnen-Tochter aus der Zukunft. Als MVP entpuppt sich allerdings Anthony Carrigan („Barry“) als von Selbstzweifeln und Schuldgefühlen geplagter Killer-Roboter Dennis Caleb McCoy – also uns hat er ehrlich leidgetan, der arme Kerl…

    Der einzige Neuzugang, auf den wir auch echt gut hätten verzichten können, sind die „modernen“ CGI-Effekte. Die mitunter schon recht trashigen Kostüme und Kulissen der ersten beiden Teile haben den Charme der Filme nur noch zusätzlich befeuert. Aber die billigen Effekte in „Bill & Ted Face The Music“ wirken nun tatsächlich genau so, nämlich „billig“. So richtig überzeugt in dieser Hinsicht eigentlich nur das Finale: In den ersten beiden Filmen hat man sich ja schon gefragt, wie das eigentlich aussehen soll, so ein Konzert, welches das gesamte Universum zusammenbringt. Jetzt gibt es die Antwort – und die fällt erstaunlich glaubhaft aus. Bei so viel optimistischer Energie komprimiert in nur 90 Minuten Spieldauer ist das aber auch kein Wunder…

    Fazit: Ein ebenso spätes wie sympathisches Sequel! „Bill & Ted Face The Music“ mag purer Fanservice sein – aber die Groupies von damals kommen auch nach fast 30-jähriger Auszeit noch voll auf ihre Kosten!

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