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    Wie schreibt man Liebe?
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Wie schreibt man Liebe?
    Von Andreas Staben

    Wenn in Hollywoodfilmen von Drehbuchschreibern erzählt wird, dann geht es meist um die dunklen Seiten der Traumfabrik. In „Ein einsamer Ort“ von Nicholas Ray gerät Humphrey Bogart als Autor unter Mordverdacht und William Holdens Joe Gillis bezahlt seine Ambitionen in Billy Wilders zynischem „Boulevard der Dämmerung“ gar mit dem Leben. In den Jahrzehnten nach diesen 50er-Jahre-Klassikern hat sich das Bild nicht wesentlich geändert: Für John Turturro als Broadway-Stückeschreiber „Barton Fink“ wird das Engagement in Hollywood zum Albtraum-Trip und Nicolas Cage hat in einer denkwürdigen Doppelrolle in „Adaption.“ mit einer ernsthaften Identitätskrise zu kämpfen. Auch der Protagonist von „Wie schreibt man Liebe?“ ist ein Drehbuchautor in der Krise, aber er wird von Hugh Grant gespielt und so ist der von Marc Lawrence geschriebene und inszenierte Film eine weitere auf den Star zugeschnittene Komödie. Doch schon der Originaltitel „The Rewrite“ deutet darauf hin, dass es hier nicht ganz so unbeschwert zugeht, wie es die verquere deutsche Namensschöpfung nahelegt. Eine Prise augenzwinkernde Selbstreflexion, ein paar clevere Seitenhiebe auf die Filmindustrie, ein klitzekleiner Hauch Romantik und Nebendarsteller mit echter Klasse, die aus dem etwas schematischen Skript und aus Grant eine Menge herausholen, machen aus „Wie schreibt man Liebe?“ amüsante Komödienunterhaltung für Erwachsene.

    Vor Jahren hat Drehbuchautor Keith Michaels (Hugh Grant) einen Oscar gewonnen. Doch inzwischen bekommt der Engländer in Hollywood keine Aufträge mehr und er kann nicht einmal mehr die Stromrechnung bezahlen. Das einzige, was ihm seine Agentin Ellen (Caroline Aaron) anbieten kann, ist ein Job als Gastdozent für kreatives Drehbuchschreiben an einem College in Binghamton, New York, den er widerwillig annimmt. Er hält nichts vom Unterrichten und stellt seinen Kurs nach dem Facebook-Profil der Bewerber zusammen: ein paar männliche Alibi-Nerds und sonst nur lauter hübsche junge Frauen. Mit einer von ihnen, Karen (Bella Heathcote), landet er prompt im Bett, mit Gleichaltrigen kann er dagegen weniger anfangen. Erst die patente Holly (Marisa Tomei), die er nachträglich in seinen Kurs aufnimmt, weckt sein Interesse und bald beginnt Keith, seinen Uni-Job zu mögen. Doch dann erfährt die Jane-Austen-Expertin Professor Weldon (Allison Janney), mit der er bei einem Fakultätsempfang aneinandergeraten ist, von seiner Beziehung zu Karen und veranlasst eine Anhörung vor dem Ethikrat. Dem Dekan Dr. Lerner (J.K. Simmons) bleibt nichts anderes übrig, als Keith die freiwillige Kündigung nahezulegen…

    „Wie schreibt man Liebe?“ ist die vierte Zusammenarbeit von Hugh Grant mit Regisseur und Autor Marc Lawrence. Nach dem enttäuschenden „Haben Sie das von den Morgans gehört?“ finden sie hier wieder zu der Form der Vorgänger „Ein Chef zum Verlieben“ und „Mitten ins Herz“ zurück. Grant spielt einmal mehr den leicht blasierten großen Jungen, der den Weg des geringsten Widerstands geht. Und der typische Charme des inzwischen deutlich über 50-jährigen Stars ist immerhin noch so intakt, dass selbst Keiths frauenfeindliche Entgleisungen bei einem Empfang (seine Entschuldigung: „Zuviel Wein, zu wenig Käse“) bloß als Ausdruck der eigenen Hilflosigkeit erscheinen. Wenn er später behauptet, nicht gewusst zu haben, dass intime Beziehungen zu den eigenen Studenten für die Lehrkräfte ein absolutes Tabu sind, dann ist das weniger ein Seitenhieb auf die vermeintliche Hollywood-Unmoral als ein Hinweis auf Keiths fehlende Reife. Aber auch für ihn bleibt der Lernprozess natürlich nicht aus und es ist hohe Kunst, wie Lawrence den an den dramaturgischen Haaren herbeigezogenen Wandel glaubhaft werden lässt. Er braucht dafür letztlich kaum mehr als eine einzige überzeugende ernsthafte Szene: Keith erzählt seiner Klasse, wie sein Erfolgsdrehbuch (der Film trägt übrigens den ironischen Titel „Paradise Misplaced“) als Gute-Nacht-Geschichte für seinen Sohn entstanden ist.

    Matrix“ trifft „Gossip Girl“ - von so etwas sind die hier sanft als opportunistisch karikierten Studiotypen begeistert. Sie laufen jedem Trend hinterher, dem setzt Lawrence die sympathische, aber auch banale Überzeugung entgegen, dass die persönliche Leidenschaft das Wichtigste sei. Irgendwann überdenkt Keith also seine etwas zynische Einstellung zum Unterrichten, zum Schreiben und zum Leben überhaupt, aber Hugh Grant bleibt Hugh Grant und spielt das Ganze mit leicht spöttischer Nonchalance. Als er eine Binsenweisheit nach dem Muster „Wenn du nur daran glaubst, dann schaffst du es auch“ von sich gibt, entgegnet ihm Holly prompt: „Aus deinem Mund klingt das lächerlich!“ Und tatsächlich sind es eher die hervorragenden Nebendarsteller, die hier für die besonders gefühlvollen Momente sorgen. Neben Oscar-Preisträgerin Marisa Tomei („Mein Vetter Winnie“, „The Wrestler“) als warmherziges „älteres Semester“ holen auch TV-Star Allison Janney („Mom“) und J.K. Simmons („Whiplash“) das Maximum aus ihren nicht gerade komplexen Rollen heraus. Wenn die sonst so strenge Professorin Weldon dem Hollywood-Hallodri mit fast mädchenhafter Scheu offenbart, dass auch sie ein Manuskript in der Schublade hat (kein Drehbuch, sondern ihre Lebensgeschichte, aber die Rolle wäre was für Meryl Streep) oder wenn der in einem Frauenhaushalt mit Gattin und vier Töchtern lebende Dekan schon beim bloßen Gedanken an die Familie Tränen der Rührung unterdrücken muss, dann bekommt der Film durch ihre Natürlichkeit eine verblüffende Emotionalität.

    Fazit: Clever geschriebene Komödie mit Hugh Grant in alter Form und beherzt aufspielenden Nebendarstellern.

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