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    Ocean's 8
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Ocean's 8
    Von Christoph Petersen

    Man merkt der zwischen 2001 und 2007 entstandenen „Ocean’s“-Trilogie mit den Megastars George ClooneyMatt Damon und Brad Pitt jederzeit an, dass der oscarprämierte Regisseur Steven Soderbergh („Traffic“) eben kein typischer Blockbuster-Handwerker ist, sondern selbst bei seinen hochbudgetierten Produktionen vor geradezu experimentellen Digital-Spielereien nicht zurückschreckt. Das Ergebnis: Obwohl die Heists in „Ocean’s Thirteen“ und noch mehr die in „Ocean’s Twelve“ nicht mal ansatzweise einen Sinn ergeben, rauscht Soderbergh mit einem solchen Selbstbewusstsein und Stil über die Logiklöcher hinweg, dass man von seiner temporeichen Inszenierung einfach mitgerissen wird.

    Die Tribute von Panem“-Regisseur Gary Ross fällt hingegen trotz seines außergewöhnlichen Debüts „Pleasantville“ schon sehr viel eher in die Kategorie eines Hollywood-Handwerkers – und so fehlt seinem Spin-off-Sequel „Ocean’s 8“ über weite Strecken einfach die unwiderstehliche Verve der Vorgänger-Trilogie. Trotzdem ist seine stargespickte Heist-Komödie durchaus sehenswert – und das liegt nicht nur an einer durchweg starken Schauspielerinnenriege, sondern auch am Drehbuch, das Ross gemeinsam mit der Regisseurin Olivia Milch („Dude“) geschrieben hat. Nicht nur ist der Plan der Bande diesmal sogar einigermaßen nachvollziehbar, das Skript ist auch vollgestopft mit amüsant-bissigen Seitenhieben auf die Macho-Kultur der Soderbergh-Filme.

    Debbie Ocean (Sandra Bullock), die Schwester des inzwischen (vermutlich) verstorbenen Danny Ocean, hat die vergangenen fünf Jahre im Knast genutzt, um einen perfekten Heist auszuhecken. Bei einer anstehenden hochexklusiven Spendengala im Metropolitan Museum in Manhattan will sie ein legendäres Diamanten-Collier vom Hals des It-Girls Daphne Kluger (Anne Hathaway) stehlen, das mehr als 150 Millionen Dollar wert sein soll. Zur Unterstützung holt sie sich die motorradfahrende Hobby-Köchin Lou (Cate Blanchett), das Organisations-Genie Tammy (Sarah Paulson), die Hackerin Nine Ball (Rihanna), die Diamanten-Expertin Amita (Mindy Kaling), die Taschendiebin Constance (Awkwafina) und die Modedesignerin Rose Weil (Helena Bonham Carter) in ihr Team. Und wer mitgezählt hat, der weiß jetzt, dass da offensichtlich noch eine Person fehlt, schließlich heißt der Film nicht „Ocean’s Seven“…

    Sowohl das 1960er-Original „Frankie und seine Spießgesellen“ als auch die Remake-Trilogie von Soderbergh sind bis obenhin vollgestopft mit selbstreferenziellen Dialogen. Das liegt vor allem daran, dass die Schauspieler hier wie dort extrem viel improvisieren durften. So weiß man an vielen Stellen gar nicht sicher, ob da gerade wirklich die Filmfiguren oder nicht vielleicht doch eher die Stars selbst miteinander quatschen. Gerade das Finale von „Ocean’s Thirteen“ wirkt viel eher so, als ob sich da am Flughafen gerade George Clooney und Brad Pitt und eben nicht Danny Ocean und Rusty Ryan voneinander verabschieden.

    In „Ocean’s 8“ gibt es von diesen doppeldeutigen Dialogen auch wieder jede Menge – aber statt einfach nur auf den Starstatus der Schauspielerinnen verweisen sie vielmehr auf die aktuellen Entwicklungen in Hollywood zurück: Wenn Debbie Ocean an einer Stelle sagt, dass sie den Heist auch deshalb durchziehe, weil da draußen bestimmt gerade ein achtjähriges Mädchen davon träumt, später mal eine Kriminelle zu werden, ist das natürlich nicht allzu schwer als Meta-Kommentar zur Debatte um „Wonder Woman“ & Co. zu durchschauen. Aber darüber hinaus ist „Ocean’s 8“ auch noch mit weit subtileren Seitenhieben auf die Machismo-Attitüde der Vorgängerfilme vollgestopft (und es ist ja auch nicht so, dass die das nicht verdient hätten, Julia Roberts und Catherine Zeta-Jones sind schließlich deshalb bei „Ocean’s Thirteen“ ausgestiegen, weil es den Autoren „nicht möglich war“, substantielle Rollen für sie zu schreiben).

    Leider sind diese bissigen Anspielungen aber gerade in der ersten Stunde neben der schauspielerischen Gravitas von Sandra Bullock (Oscar für „Blind Side“) und Cate Blanchett (Oscars für „Aviator“ und „Blue Jasmine“) so ziemlich das einzige, was den nötigen Biss und Schwung in den Film bringt. Ansonsten gestaltet sich die Team-Zusammenstellung samt anschließender Heist-Vorbereitung nämlich erstaunlich träge. Natürlich verlangt niemand von Gary Ross, dass er den Stil von Steven Soderbergh eins zu eins kopieren soll – aber „Ocean’s 8“ bleibt nun mal ein Heistfilm und da gehört der eine oder andere inszenatorische Schnörkel eben einfach dazu.

    Zumindest ein wenig zieht das Tempo dann mit dem Beginn des Raubzugs an, der sich - wie gesagt - diesmal sogar als vergleichsweise nachvollziehbar erweist (und während dem Sandra Bullock die ganze Zeit Deutsch spricht, weshalb man sich den Film nach Möglichkeit im englischen Original angucken sollte). So richtig Laune macht „Ocean’s 8“ dann allerdings ironischerweise erst ab dem Moment, wo a) der Heist vorbei ist und b) mit James Corden („Into The Woods“) als Versicherungsdetektiv der einzige männliche Hauptdarsteller auf dem Plan erscheint. Der MVP der starken letzten halben Stunde ist Corden aber trotzdem nicht, dieser Preis geht an Anne Hathaway (Oscar für „Les Misérables“), die auf der Zielgeraden noch mal richtig Gas gibt und sowieso von allen Beteiligten den meisten Spaß an ihrer herrlich selbstironischen Rolle zu haben scheint.

    Fazit: Die Schauspielerinnen (und James Corden) sind top, der Heist wird tatsächlich einigermaßen glaubhaft eingefädelt, aber die Inszenierung ist mit Ausnahme der letzten halben Stunde einfach ein ganzes Stück zu lahm.

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