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    10 Dinge, die ich an Dir hasse
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    10 Dinge, die ich an Dir hasse
    Von Lars-Christian Daniels

    „Hamlet", „Romeo + Julia", „Ein Sommernachtstraum" - Shakespeare-Adaptionen für die große Leinwand sind ein schlagender Beweis dafür, dass die Popularität des Barden knapp 400 Jahre nach seinem Tod ungebrochen ist. Auch das Interesse am Liebesleben des englischen Dramatikers ist noch lange nicht erloschen: Der Kassenschlager „Shakespeare in Love" begeisterte 1998 sogar das junge Publikum. Trotz des Riesenerfolgs des John-Madden-Dramas verzichtete Regisseur Gil Junger („Ritter Jamal") mit „10 Dinge, die ich an dir hasse" einige Monate später darauf, mit dem Namen Shakespeare Kasse zu machen. Sein unbekümmerter Highschool-Spaß, der sich inhaltlich an dem vergleichsweise eher unbekannten Theaterstück „Der Widerspenstigen Zähmung" orientiert, traf zur Jahrtausendwende aber zumindest Nerv eines jugendlichen Publikums und erlangte einen gewissen Ruf. Das Drehbuch von Karen McCullah Lutz und Kirsten Smith wandelt strukturell zwar auf den ausgetretenen Pfaden des Genres, feuert seine Gags aber mit bemerkenswerter Präzision ab und punktet mit köstlich überzeichneten Nebenfiguren.

    Bianca (Larisa Oleynik) und Kat (Julia Stiles) sind Schwestern, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Während die hübsche Bianca den Jungs auf der Highschool gleich reihenweise den Kopf verdreht, interessiert sich ihre miesepetrige Schwester nicht die Bohne für Abschlussbälle und Rendezvous. Für Bianca, die ein Auge auf das schmierige Hobby-Model Joey (Andrew Keegan) geworfen hat, wird das zum Problem: Ihr argwöhnischer Dad (Larry Miller) untersagt ihr nämlich jedes Date, solange Kat nicht auch eines hat. Weil alle Versuche fehlschlagen, Kats Interesse am männlichen Geschlecht zu wecken, fasst Bianca gemeinsam mit ihrem schüchternen Verehrer Cameron (Joseph Gordon-Levitt) und dem Shakespeare-Fan Michael (David Krumholtz) einen Plan: Sie bezahlen den schicken Bad Boy Patrick (Heath Ledger) dafür, mit Kat auszugehen...

    Fast zeitgleich mit „10 Dinge, die ich an dir hasse" startete 1999 der ähnlich gelagerte Mega-Erfolg „American Pie" in den amerikanischen Kinos – und löste einen wahren Boom an Teenie-Komödien aus. Die Folge waren nicht nur müde Nachahmer im Stile von „Nicht noch ein Teenie-Film", sondern später auch lausige Direct-to-DVD-Sequels wie „American Pie präsentiert: Nackte Tatsachen". Das Kinopublikum mag heute wahrlich genug davon haben – dennoch zählt Gil Jungers Film keineswegs zu den Trittbrettfahrern, sondern mit seinen vielen eigensinnigen Ideen klar zu den originelleren Vertretern des Genres. Sicher, das kitschige Finale oder die über weite Strecken vorhersehbare Handlung könnte man schon monieren. Doch die Stärken überwiegen. So hervorragend getimte Pointen und derart sympathische Figuren hat das Genre selten hervorgebracht. Zehn Aspekte, die man an „10 Dinge, die ich an dir hasse" unmöglich hassen kann:

    1. Heath Ledger

    Der viel zu früh verstorbene Schauspieler wird dem Publikum zwar eher mit seiner oscarprämierten Joker-Performance in „The Dark Knight" oder als Cowboy in „Brokeback Mountain" in Erinnerung bleiben. Sein Auftritt als Zahnstocher-kauende Ringellocke, die ängstliche Mitschüler am liebsten zum Frühstück verspeist, bringt weibliche Teenie-Herzen aber auch heute noch zum Schmelzen.

    2. Der Tabledance

    Auch das männliche Publikum kommt auf seine Kosten: Hätte der 1997 verstorbene Rap-Papst Christopher „Biggie" Wallace noch miterleben dürfen, wie die betrunkene Kat zu seiner HipHop-Hymne „Hypnotize" auf dem Tisch lasziv die Hüften schwingt – wer weiß, ob er Julia Stiles nicht direkt für seinen nächsten Videoclip verpflichtet hätte.

    3. Unterricht bei Mr. Morgan

    Einfach herrlich, wie der zynische Lehrer (Daryl Mitchell) seine Schüler maßregelt und jeden Versuch, konstruktiv an seinem Unterricht teilzunehmen, mit hämischer Verachtung straft.

    4. Sprüche wie:

    „Was ist denn los mit der Tussi, hat sie Nippel mit Biergeschmack?" Die Oneliner sitzen einfach. Auch Biancas bissige Provokationsversuche und die permanente Rechtfertigung ihrem besorgten Vater gegenüber sorgen für urkomische Dialoge.

    5. Der Nostalgie-Faktor

    Das Drehbuch spult so ziemlich alles ab, was zum Teenie-Dasein dazugehört: Alkoholschwangere Hauspartys, Schwärmereien und fiesen Gruppenzwang, blonde Zicken beim Schulsport und natürlich den finalen Abschlussball, bei dem sich die Ereignisse überschlagen. Und ja, all das hat tatsächlich auch etwas mit Shakespeare zu tun!

    6. Der Soundtrack

    Wer von kuscheligem Alternative-Rock im Stil von „Teenage Dirtbag" (aus dem Soundtrack zu „Loser") nicht genug bekommen kann, darf hier getrost die Boxen aufdrehen. Auch Fans der französischen Synthie-Popper Air („Sexy Boy") oder der 90er-Ikonen Salt ‚N‘ Pepa („Push it") kommen auf ihre Kosten.

    7. Die Modesünden

    Was zur Jahrtausendwende noch trendy war, muss heute als Verbrechen am guten Geschmack verbucht werden. Vor allem die grassierende Bauchfrei-Epidemie ist hier wunderbar dokumentiert. Larisa Oleynik und Julia Stiles sehen dabei freilich in ausnahmslos jeder Garderobe fantastisch aus.

    8. Keine Ekeleien

    Während das Duo Aaron Seltzer/Jason Friedberg („Meine Frau, die Spartaner und ich") und weitere Teenie-Spoofs à la „Scary Movie" einfach nicht ohne Fäkalhumor auskommen, verzichtet „10 Dinge, die ich an dir hasse" auf jegliche Form von Ekel-Gags. Selbst Kats Kotz-Anfall auf der Schaukel wird von der Kamera nicht eingefangen.

    9. Wohldosierter Slapstick

    Die Slapstick-Einlagen übersteigen nie das gesunde Maß und halten den Nerv-Faktor der Komödie für das ältere Publikum erfreulich gering.

    10. Der Abspann

    Bei diesem Film lohnt es sich, beim Abspann sitzen zu bleiben: Neben spaßigen Outtakes gibt es eine Szene zu entdecken, die in der Endfassung dem Schnitt zum Opfer fiel.

    Fazit: Es wäre verfehlt, „10 Dinge, die ich an dir hasse" vorschnell als x-te Ausgabe einer viel zu oft erzählten Highschool-Geschichte abzustempeln – dafür ist das Endergebnis einfach zu stimmig. Gil Junger bringt Shakespeare so erfrischend witzig mit Teenie-kompatiblen Pointen in Einklang, dass der Film bis heute nichts von seinem Charme eingebüßt hat.

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