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    Benjamin Blümchen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Benjamin Blümchen

    Nur für Hardcore-Nostalgiker

    Von Björn Becher

    Als rund ein Jahr vor Kinostart der erste Trailer zum „Benjamin Blümchen“-Kinofilm erschien, fanden sich in den Foren schnell viele negative Stimmen, die zum Teil sehr harsche Kritik an der Animationstechnik übten. Wer trotzdem darauf gehofft hat, dass dieses Problem im fertigen ersten Leinwandabenteuer des berühmten sprechenden Elefanten womöglich behoben sein könnte, den müssen wir leider enttäuschen. Doch womöglich wären die misslungenen Computeranimationen und die teilweise sichtbar vor Green Screen agierenden Darsteller gar kein so großes Problem, wenn Tim Trachtes Kinderfilm diese rein technischen Schwachstellen mit viel Charme und Witz wieder wettmachen würden. Aber auch in dieser Hinsicht enttäuscht die Leinwandadaption und so stehen am Ende doch nur ein gewisser Nostalgiefaktor und ein paar spielfreudige Nebendarsteller auf der Habenseite.

    Der kleine Otto (Manuel Santos Gelke) freut sich darauf, die Sommerferien statt mit seinen Eltern mit seinem besten Freund Benjamin Blümchen (Stimme: Jürgen Kluckert), dem weltbekannten sprechenden Elefanten, verbringen zu dürfen. Doch weil der Neustädter Zoo längst nicht mehr genug Geld einbringt, ist es mit der Ruhe schnell vorbei. Der Bürgermeister (Uwe Ochsenknecht) hat nämlich die durchtriebene Unternehmerin Zora Zack (Heike Makatsch) angeheuert, um den Zoo von Herrn Tierlieb (Friedrich von Thun) mal anständig zu modernisieren. Doch die hat ihre ganz eigenen (finsteren) Pläne und wickelt für deren Umsetzung auch den naiven Benjamin um ihren Finger. Also ist es allein an Otto, nicht nur den Zoo, sondern auch seine Freundschaft zu dem Dickhäuter zu retten. Unterstützt wird er dabei von Wärter Karl (Tim Oliver Schultz), Reporterin Karla Kolumna (Liane Forestieri) und dem verschrobenen Ex-Spion Walter Weiß (Dieter Hallervorden) …

    Ottos Freund verändert sich: Benjamin trägt plötzlich sogar coole Klamotten.

    Bereits in der 1977 erschienen, zweiten Episode der berühmten Hörspielreihe um Benjamin Blümchen mussten der große Elefant und sein kleiner Menschenfreund den Zoo retten. Auch in der ersten Episode der 1989 erschienen Trickfilmserie geht es darum, dass Herr Tierlieb nicht mehr genug Geld für das Tierfutter und sonstige Unterhaltskosten hat. Obwohl Benjamin Blümchen in vielen der mehr als 140 Hörspiel- und 60 Serienfolgen irgendwelche Berufe ausprobiert und sich dabei in der Regel sehr tollpatschig anstellt, geht es doch immer wieder darum, dass der Zoo vor dem Aus steht. Also gibt es nun auch im ersten Kinofilm erneut diese schon etwas ausgelutschte Story. Allerdings wirkt das, was in 30 bis 45 Minuten schon öfter funktioniert hat, auf Spielfilmlänge gestreckt dann doch arg zäh. Zumal Regisseur Tim Trachte („Abschussfahrt“) und Drehbuchautorin Bettina Börgerding (die „Bibi & Tina“-Filme) einfach nur eine Story nach Schema F präsentieren.

    Die fiese Antagonistin legt ihren geheimen Plan schon früh für den Zuschauer offen – und dann werden auch einfach nur noch die zu erwartenden Stationen abgehakt. Die humorigen Einschübe laufen meist ins Leere, gibt es doch hauptsächlich zwei sich wiederholende Arten von Witzen: Benjamin ist tollpatschig und richtet Chaos an. Oder Zora Zacks Hipster-Handlanger Hans (Max von Thun) und Franz (Johannes Suhm) sind unfähige Trottel und bauen Mist. Da zerren die beiden Bösewichte dann zum Beispiel den betäubten Benjamin in einen Kleintransporter. Weil Hans aber mittendrin ein lustiges Video aufs Handy geschickt bekommt, ist er abgelenkt, weswegen der schwere Elefant auf Franz landet. Doch dann wird dem Kompagnon auch das Tiervideo gezeigt und es wird gemeinsam gelacht. Nur der Zuschauer stimmt nicht mit ein. Allgemein sind die beiden Pseudo-Hipster die schwächsten und überflüssigsten Figuren des Films. Zwei Männer jenseits der 40 in hippe Jugendklamotten zu stecken, ihnen eine vermeintliche Jugendsprache aufzudrücken und sie noch auf sogenannte Self-Balance-Scooter zu stellen, ist per se einfach noch kein Witz, so sehr uns „Benjamin Blümchen“ auch vom Gegenteil überzeugen will.

    Nur wenige Momente zeigen derweil, wie charmant „Benjamin Blümchen“ hätte werden können. Da begeben sich zum Beispiel Otto und Benjamin auf eine Agentenmission in bester „Mission: Impossible“-Manier (Brian De Palmas Klassiker wird auch direkt zitiert) – mit dem kleinen Problem, dass der Elefant natürlich schwerer ist als Ethan Hunt (Tom Cruise), was beim Abseilen aus luftiger Höhe nicht zu verachten ist. Solche Momente gibt es aber zu selten und sie sind meist einzelnen Schauspielern zu verdanken. Heike Makatsch („Hilde“) hat zum Beispiel sichtlich Spaß daran, ihre Antagonistin zu überzeichnen und exaltiert zu agieren. Friedrich von Thun („Traumfrauen“) ist als Herr Tierlieb so unglaublich herzensgut, wie man sich die Figur immer vorgestellt hat. Und Dieter Hallervorden („Honig im Kopf“) spielt wie in seinem eigenen Film und lässt bei Zuschauern im richtigen Alter sogar Erinnerungen an alte Didi-Tage aufkommen (es werden sogar passende Fotografien aus den Achtzigern eingebaut).

    Otto und Benjamin auf geheimer Mission.

    Obwohl sich „Benjamin Blümchen“ vor allem an (heutige) Kinder richtet, schafft es Trachte nicht nur mit Hallervordens Auftritt, sondern auch mit Verweisen auf die Geschichte der seit mehr als 40 Jahren existierenden „Benjamin Blümchen“-Reihe zumindest vereinzelt, für Nostalgiegefühle beim älteren Publikum zu sorgen – und das liegt nicht nur an Originalsprecher Jürgen Kluckert, der seit dem Tod von Vorgänger Edgar Ott im Jahr 1994 Benjamin in den Hörspielen und der Zeichentrickserie spricht. So wird sogar die Originalmusik der ersten 57 Hörspielfolgen eingebaut. Während seit 1989 nämlich ein Kinderchor „Benjamin, du lieber Elefant...“  zu Beginn jeder Folge und auch dieses Films singt, erklingt der vorherige, von vielen Fans der ersten Stunde schmerzlich vermisste Klassiker über den „großen grauen Berg“, der „auf ‘ner schönen grünen Wiese liegt“ schon wenige Minuten später – performt von der Zoo-Band von Wärter Karl.

    Doch diese wenigen guten Momente täuschen nun mal nicht darüber hinweg, dass „Benjamin Blümchen“ am Ende einfach kein guter Film ist – und das liegt dann eben doch ein Stück weit auch an den Animationen. Dass Benjamin selbst ein Fremdkörper bleibt, ist das eine Problem, weil es einen gerade auch im Zusammenspiel mit dem kleinen Manuel Santos Gelke (zuletzt sehr überzeugend in „TKKG“) immer wieder aus dem Geschehen reißt. Viel problematischer ist aber, dass die komplette Szenerie jederzeit unschön künstlich wirkt: Der utopische, gitterlose Zoo aus Neustadt existiert so in der Realität natürlich nicht und stammt deswegen aus dem Computer. Dies sorgt allerdings dafür, dass die Darsteller in vielen Szenen sichtbar im Vordergrund vor einem Green Screen agieren, während im platten, fast nie plastischen wirkenden Hintergrund Tiere herumtollen oder Passanten entlangschlendern. Meist gibt es absolut keine Verbindung oder Interaktion zwischen diesen beiden Welten, die so streng getrennt voneinander bleiben – das fühlt sich von der ersten bis zur letzten Sekunde einfach sehr befremdlich an.

    Fazit: Das erste Leinwandabenteuer des weltbeliebtesten Elefanten ist leider eine ziemliche Enttäuschung. „Benjamin Blümchen“ kann seine offensichtlichen technische Mängel nur viel zu selten mit Charme und Witz überspielen.

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