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    Leberkäsjunkie
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Leberkäsjunkie

    Ein typischer Eberhofer – macht also Spaß!

    Von Oliver Kube

    Das Licht im Kinosaal geht aus und wir finden uns sofort in der mittlerweile wohlbekannten Dorfkneipe von Niederkaltenkirchen wieder. Es ist spät am Abend in der zwar fiktiven, aber zugleich so typischen wie lebensecht erscheinenden niederbayrischen Kleinstadt. Die wenigen verbliebenen Gäste halten sich mehr schlecht als aufrecht an ihrem Tisch. Da dröhnt plötzlich ein lautes Hardrock-Riff („Rock You Like A Hurricane“ von den Scorpions) durch den Saal und Dorfpolizist Franz Eberhofer setzt wild posend zu einem Luftgitarrensolo an. So beginnt „Leberkäsjunkie“, der mittlerweile sechste Film in sieben Jahren nach den amüsanten Heimatkrimi-Bestsellern von Bestsellerautorin Rita Falk; natürlich auch diesmal wieder unter der Regie von Ed Herzog („Schwesterherz“).

    Beim dank regelmäßiger TV-Ausstrahlungen auch außerhalb des blauweißen Bundeslandes inzwischen stark angewachsenen Stammpublikum dürfte die Freude groß sein. Denn es ist absolut alles beim Alten geblieben; alles noch genauso wie damals, als wir vor zwölf Monaten für das „Sauerkrautkoma“ oder vor 24 Monaten für die „Grießnockerlaffäre“ vorbeigeschaut haben. Der Zuschauer fühlt sich, als würde er nach Hause kommen, wenn das Darsteller-Ensemble den trockenhumorigen und authentisch provinziellen Charme der literarischen Vorlagen zwar längst routiniert, aber dennoch mit spürbarer Leidenschaft zelebriert. Da macht es sogar (oder gerade?) als Norddeutscher einmal mehr richtig Spaß, sich vorzustellen, dass es einen solch kuriosen Mikrokosmos, irgendwo da unten südlich des Weißwurstäquators, tatsächlich geben könnte.

    Diesmal wird auch im Umfeld des örtlichen Fußballclubs ermittelt …

    Schon wieder eine Leiche in Niederkaltenkirchen. Dieses Mal ist es ein weibliches Brandopfer, das Eberhofer (Sebastian Bezzel) und seinem Privatdetektiv-Kumpel Rudi Birkenberger (Simon Schwarz), dem selbsternannten Gottvater of Hinterherschnüffeling, Kopfzerbrechen bereitet. Hat der örtliche Fußballstar Buengo (Castro Dokyi Affum) die Tat aus fehlgeleiteter, romantischer Leidenschaft begangen? Oder hängt der Mord vielleicht mit dem geplanten, schwer umstrittenen Hotelbau zusammen, der dem Örtchen einen wirtschaftlichen Boom bescheren soll? Aber das ist längst nicht alles, was dem wackeren Dorfbullen Sorgenfalten beschert. Seine Cholesterinwerte gehen nämlich durch die Decke – kein Wunder, bei dem exorbitanten Konsum an Leberkäs-Semmeln und Zwetschgen-Datschi mit Sahne. Doch damit ist Schluss, als Oma (Enzi Fuchs) ihren Liebling kurzerhand auf eine vegetarische Diät setzt. Fortan knurrt Eberhofers Magen in einer Tour. Da hilft es auch nicht, dass Halb-Ex-Freundin Susi (Lisa Maria Potthoff) dem Franzl auch noch den gemeinsamen, einjährigen Sprössling Pauli für eine komplette Woche zum Aufpassen aufs Auge drückt...

    Eines können wir gleich verraten: „Leberkäsjunkie“ zählt definitiv zu den Highlights der Reihe, selbst wenn der neue Film nicht ganz an „Grießnockerlaffäre“ herankommt. Grund dafür ist aber sicher nicht der Kriminalfall, der als roter Faden für die Handlung herhalten muss. Der kommt zwar annehmbar durchdacht daher, ist aber letztlich nicht wirklich atemberaubend komplex oder gar in der Auflösung überraschend. Viel wichtiger ist bei dem von Herzog und seiner Crew weiterhin mit viel Liebe zum Detail ins Bild gesetzten Krimi-Abenteuern aber ohnehin die Gag-Dichte - und die ist diesmal wieder erstaunlich hoch. Beim sechsten Teil einer Reihe können sich schon mal Ermüdungserscheinungen bei Machern und Cast zeigen, die sich dann schnell aufs Publikum übertragen. Dafür gibt es hier allerdings keinerlei Anzeichen. Denn gelacht und geschmunzelt werden darf immer wieder im Verlauf der wie im Fluge vergehenden 93 Minuten.

    … und die (durchaus überschaubaren) Proteste gegen einen geplanten Hotelbau könnten auch mit dem Mordfall im Zusammenhang stehen.

    All die uns bekannten kauzig-urigen Einwohner des Dorfs mit dem wohl am wenigsten befahrenen Kreisverkehr im gesamten Freistaat Bayern sind wieder mit dabei - und jeder hat mindestens einen witzigen Auftritt, ohne dass dieser erzwungen oder wie plumper Fan-Service wirken würde. Schließlich bringen die Szenen Eberhofers Ermittlungen allesamt auf manchmal unerwartete Weise ein kleines Stück voran oder werfen zumindest ein neues Licht auf sie. Selbst die Newcomer fügen sich da problemlos ein. Eva Mattes („Lena Lorenz“) etwa gibt die abwechselnd wie ein Rohrspatz schimpfende oder vor der Nase des darbenden Protagonisten genüsslich die herrlichsten Hausmacher-Leckereien in sich hineinstopfende Besitzerin der abgebrannten Pension, in der das Opfer wohnte. Robert Stadlober („Sonnenallee“) und Frederic Linkemann („Sweethearts“) spielen ein schwules Hipster-Pärchen, das sich schon allein dadurch verdächtig macht, dass es viel besser ins gentrifizierte Münchener Glockenbachviertel passen würde als an diesen eher hinterwäldlerischen Ort. Allein Ex-Bayern-München-Profi Klaus Augenthaler sorgt mit seinem extrem hölzernen und unbeholfenen Spiel als Trainer des lokalen Sportvereins für gewisse Irritationen.

    Zum natürlich guten Schluss fragt sich der geneigte Zuschauer, warum es eigentlich nur einmal im Jahr zu einem Wiedersehen mit Eberhofer & Co. kommen darf. Man könnte doch endlich eine wöchentliche oder zumindest monatliche TV-Serie daraus basteln. Angesichts der offenbar erschreckend hohen Kriminalitätsrate in dem Kaff müsste das locker realisierbar sein. Aber es ist ja auch gut, so wie es jetzt ist. Sonst gehen uns diese in kleinen Dosen so liebenswert erscheinenden Marotten der Niederkaltenkirchener vielleicht irgendwann auch auf den Wecker. Und das wäre wahrlich schade.

    Fazit: Ein typischer Eberhofer-Krimi – herrlich skurril und mit jeder Menge ländlichem Charme, bei dem die Verbrechensaufklärung einmal mehr eher zur Nebensache gerät.

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