Mufasa: Der König der Löwen
Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
3,5
gut
Mufasa: Der König der Löwen

Diesmal klappt’s auch mit dem Lächeln

Von Christoph Petersen

Das fotorealistisch animierte „Der König der Löwen“-Remake hat 2019 das Publikum gespalten: Während einige den Film von „Iron Man“-Regisseur Jon Favreau als tricktechnischen Quantensprung feierten, ließ er andere, auch wegen der mangelnden Mimik der tierischen Figuren, völlig kalt. Dazu schwang immer die Frage mit: Warum sollte man den zeitlosen Disney-Klassiker – abgesehen vom schnöden Mammon – überhaupt noch mal neu auflegen? Aber auf den Erfolg an den Kinokassen hatte all das offenbar gar keinen Einfluss: Mit einem weltweiten Einspielergebnis von mehr als 1,6 Milliarden Dollar avancierte das Remake zum umsatzstärksten Animationsfilm aller Zeiten – ein absoluter Fabelrekord, der erst in diesem Sommer von „Alles steht Kopf 2“ noch einmal übertroffen werden konnte.

Fünf Jahre später folgt nun die Fortsetzung „Mufasa: Der König der Löwen“ – und zumindest die beiden Hauptkritikpunkte am Vorgänger lassen sich diesmal kaum aufrechterhalten: Zum einen erzählt der Oscar-gekrönte Regisseur Barry Jenkins („Moonlight“) in seinem Prequel eine komplett neue Geschichte – und zum anderen haben die zwei- und vierbeinigen Protagonist*innen ihre Gesichtsmuskeln diesmal SEHR viel besser im Griff. Dazu kommen immer wieder inszenatorische Einfälle, die insbesondere den Actionszenen noch einmal eine ganz andere Dynamik verleihen: Auch ohne einen erneuten Technik-Quantensprung gibt es wirklich wahnsinnig spektakuläre Sequenzen. Nur bei der Story hapert es, denn gerade für die Origin Story eines der großartigsten Leinwand-Bösewichte aller Zeiten fehlt es dann doch ein wenig an Biss.

Kiara lauscht gebannt, als ihr Rafiki die Geschichte ihres Großvaters Mufasa erzählt. Disney und seine verbundenen Unternehmen
Kiara lauscht gebannt, als ihr Rafiki die Geschichte ihres Großvaters Mufasa erzählt.

Weil das Königspaar Simba (Stimme im Original: Donald Glover) und Nala (Beyoncé) auch mal Zeit für sich brauchen, fällt es dem royalen Sicherheitsteam Timon (Billy Eichner) und Pumbaa (Seth Rogen) zu, sich um die Betreuung ihrer Tochter Kiara (Blue Ivy Carter) zu kümmern. Schon bald lauscht das Trio gebannt der Erzählung von Rafiki (John Kani), der sich laut erinnert, wie Kiaras Großvater überhaupt erst zum König der Tiere der Savanne wurde: Noch als Welpe wird Mufasa (Aaron Pierre) von einer Springflut davongerissen, bis ihn der gleichaltrige Taka (Kelvin Harrison Jr.) im letzten Moment vor herannahenden Krokodilen rettet.

Aus den beiden werden beste Freunde, auch wenn Takas Vater Obasi (Lennie James) allen Außenseitern gegenüber mit Abscheu begegnet und Mufasa deshalb am liebsten sogar töten würde. Als Jahre später ein Rudel mächtiger weißer Löwen angreift, gelingt Mufasa und Taka erst in letzter Sekunde die Flucht. Aber der rachedurstige Anführer Kiros (Mads Mikkelsen) nimmt die Verfolgung auf. Auf ihrem strapaziösen Weg treffen Mufasa und Taka u. a. auf die junge Löwin Sarabi (Tiffany Boone) mit ihrem gefiederten Späher Zazu (Preston Nyman) – und plötzlich droht Eifersucht einen Keil zwischen die brüderlichen Freunde zu treiben…

Kein König der Löwen ohne Timon und Pumbaa

Ein „König der Löwen“-Film (fast) ohne die beliebten Figuren des Originals? Das geht natürlich nicht – und so gibt es eben die Rahmenhandlung, in der Timon und Pumbaa den erzählenden Rafiki immer wieder mit spitzen (Meta-)Kommentaren unterbrechen. Das hat tatsächlich Witz und Biss, etwa wenn Timon nach dem ersten Akt direkt „weniger Kindheitstrauma, mehr Erdmännchen“ einfordert oder sich über seine Umsetzung als „Sockenpuppe“ im „König der Löwen“-Musical echauffiert. Gerade zu Beginn stehlen die Fan-Favoriten der eigentlichen Handlung sogar ein wenig die Show: Man wartet fast mehr darauf, ob sie den immer nur kurz angestimmten Sensations-Ohrwurm „Hakuna Matata“ doch noch mal ganz singen, als dass man wissen will, wie es mit dem zu diesem Zeitpunkt noch ganz jungen Mufasa weitergeht.

Aber das ändert sich zum Glück im Laufe des Films – und das hat auch ganz massiv damit zu tun, dass die Animationsabteilung zumindest in Sachen Mimik noch einmal massiv draufgesattelt hat: Es fällt diesmal wirklich extrem viel leichter, mit den fotorealistischen CGI-Tieren mitzufühlen – und auch die im Vorgänger mitunter mangelnde Lippen-Synchronität ist diesmal kein Problem mehr. Dazu kommt das Regietalent von Barry Jenkins, der immer wieder mit unerwarteten Einstellungen überrascht – darunter etwa Aufnahmen, die wirken, als würden die fliehenden Löwenwelpen einen Helm mit einer auf ihr Gesicht ausgerichteten GoPro-Kamera tragen. „Mufasa: Der König der Löwen“ wirkt deshalb weniger wie eine Natur-Dokumentation mit Off-Kommentaren, sondern entwickelt sich schnell zu einem involvierenden Abenteuer-Epos voller spektakulärer Setpieces.

Kein „König der Löwen“-Film ohne Timon und Pumbaa, auch wenn das Erdmännchen und das Warzenschwein diesmal zum Babysitten verdonnert werden. Disney und seine verbundenen Unternehmen
Kein „König der Löwen“-Film ohne Timon und Pumbaa, auch wenn das Erdmännchen und das Warzenschwein diesmal zum Babysitten verdonnert werden.

Bevor er zu Scar, dem womöglich besten Disney-Bösewicht aller Zeiten heranwachsen wird, rettet Taka nun zunächst einmal Mufasa – und zwar, indem er dem hilflos im Wasser strampelnden Löwenwelpen seine Krallen in die Pfoten rammt. Es ist eine fast exakte Spiegelung der wohl dramatischsten Szene aus „Der König der Löwen“, wenn Scar seinen Bruder – mit der ungebremsten tragischen Wucht eines Shakespeare-Königsdramas – in den Tod stürzen lässt. Der Weg von Punkt A (unzertrennliche Kindheitsfreunde) zu Punkt B (hasserfüllte Konkurrenten) ist in „Mufasa: Der König der Löwen“ zwar mit grandiosen Panoramen – von der üppigen Steppe bis zum zugeschneiten Berggipfel – gesäumt, entwickelt darüber hinaus aber nicht die dramatische Tiefe, wie es einer der Giganten der Bösewichts-Galerie eigentlich verdient hätte: Eine enttäuschte Teenager-Schwärmerei mit ein wenig vom Vater eingeimpfter toxischer Männlichkeit – fertig ist der Antagonisten-Cocktail, der Scar eher entzaubert als ihm noch neue Facetten hinzuzufügen.

Wobei sich ein Löwenrudel als Metapher für (toxische) Maskulinität natürlich perfekt anbietet – die Männchen pennen, während die Weibchen die ganze Arbeit verrichten. So stellt der fremdenkritische Rudelkönig Obasi an einer Stelle sogar ohne auch nur einen Funken Einsicht fest: „Wir beschützen die Ehre des Rudels mit unseren Nickerchen.“ Bevor Taka seinen besten Freund verraten wird, fällt diesmal Kiros die Rolle des Bösewichts zu – im Original grandios-einschüchternd gesprochen von Mads Mikkelsen („Indiana Jones 5“). Seine dramaturgische Aufgabe beschränkt sich zwar weitgehend darauf, Mufasa und Taka vor sich herzutreiben, aber zumindest hat er dabei den besten der allesamt von „Hamilton“-Schöpfer Lin-Manuel Miranda („Vaiana“) verfassten Songs: Darin wird „Der ewige Kreis“ aus Elton Johns Megahit-Soundtrack des 1994er-Originals als bloßer Euphemismus entlarvt, um bloß nicht von Räubern und ihrer Beute sprechen zu müssen. Nicht der einzige Ansatz, bei gewissen afrika-kitschigen Elementen des Originals gegenzusteuern.

Fazit: Die Animationen – gerade in Sachen Mimik und Action-Inszenierung – sind noch mal eine ganz klare Steigerung gegenüber dem „König der Löwen“-Remake von 2019. So erweist sich das Prequel als immer wieder atemberaubend-spektakuläres Leinwand-Abenteuer, selbst wenn Mufasa und Scar schon seit ihrem ersten Kino-Auftritt einfach derart ikonische Figuren sind, dass die nachgereichte Erzählung ihrer Kinder- und Jugendjahre da eigentlich fast nur enttäuschen kann.

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