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    The Old Way
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    The Old Way

    Nicolas Cage dreht ausgerechnet als Westernheld den Wahnsinn runter!

    Von Lutz Granert

    Im Oktober 2021 sorgte ein tödlicher Unfall beim Dreh des Westerns „Rust“ für internationale Schlagzeilen, als Alec Baldwin mit einem versehentlich scharf geladenen Revolver aus der Requisite die Kamerafrau Halyna Hutchins erschoss und auch Regisseur Joel Souza verwundete. Neben dem auch als Produzent am Film beteiligten Schützen Alec Baldwin geriet auch die weit weniger bekannte Waffenmeisterin Hannah Gutierrez-Reed, die das Laden des Revolvers übernommen hatte, in den Fokus der Strafjustiz. Dabei hatte es schon beim Dreh von „The Old Way“ kurze Zeit zuvor Ärger gegeben: Gutierrez-Reed feuerte zweimal ohne Vorwarnung neben Nicolas Cage eine Waffe ab. Das war zu viel für das Trommelfell des notorisch klammen Hollywood-Stars, der aus Protest wutentbrannt das Set verließ.

    Ob dieser Vorfall (mit-)verantwortlich ist für die mürrisch-bemühte Performance, die der Oscarpreisträger im ersten waschechten Western seiner langen Karriere abliefert? Das lässt sich von außen natürlich nur schwer beurteilen, aber Fakt ist: In dem sichtlich preisgünstig produzierten Streifen unter der Regie von Brett Donowho stiehlt die zum Zeitpunkt des Drehs gerade mal elf Jahre alte und ungleich besser aufgelegte Newcomerin Ryan Kiera Armstrong (die junge Antonia Dreykov aus dem MCU-Blockbuster „Black Widow“) dem groß auf dem Blu-ray-Cover prangenden Superstar ganz gehörig die Show.

    Nicolas Cage als Westernheld – da haben Fans eigentlich schon seit Ewigkeiten drauf gewartet …

    Colton Briggs (Nicolas Cage) ist ein ebenso berühmter wie berüchtigter Revolverheld, der sich inzwischen aber eine bürgerliche Existenz aufgebaut hat. Zusammen mit Frau Ruth (Kerry Knuppe) und Tochter Brooke (Ryan Kiera Armstrong) wohnt er in einem Häuschen nahe einer kleinen Stadt in Montana, in der Briggs einen Krämerladen betreibt. Eines Tages stattet eine Gangsterbande um den Ganoven James McCallister (Noah Le Gros) Ruth einen Besuch ab – und tötet sie. Obwohl sich ein Marshall und seine Männer an die Fersen der Mörderbande hängen, nehmen Briggs und Brooke die Fährte ebenfalls auf und folgen ihr bis nach Santa Rosa. Dort hat auch McCallister noch eine Rechnung mit Briggs offen, die 20 Jahre in die Vergangenheit reicht...

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    Es scheint ein wenig so, als habe Drehbuchautor Carl W. Lucas nach seinem Skript zum Drogentrip „The Wave“ bei „The Old Way“ so etwas wie eine entfernte Hommage an Clint Eastwoods Spätwestern „Erbarmungslos“ (1992) im Sinn gehabt. Die wilden Schießereien gehören bei Briggs, der seine Cowboykluft längst gegen edlen Zwirn eingetauscht hat und seine Tochter als steifer Kaufmann brav zur Schule bringt, schließlich ebenso der mythisch verklärten Vergangenheit an wie beim tollpatschigen Schweinezüchter William Munny in „Erbarmungslos“.

    Aber wo Eastwood die zuvor eifrig in den Dialogen betriebene Legendenbildung um seinen Protagonisten spätestens im furiosen Finale einlöst, bleibt ein solcher Umschwung in „The Old Way“ schlicht aus. Von einer gewissen Badass-artigkeit ist bei Briggs bis zum Schluss nichts zu spüren! Stattdessen bleibt die Spannung bei dieser halbherzigen Outlaw-Hatz, in der sich ein mit Plattitüden-Dialogen überfrachtetes Familiendrama mit unübersichtlich montierten Schießereien inklusive arg tölpelhaft agierender Gesetzeshüter abwechseln, schnell auf der Strecke – und das ändert sich auch im enttäuschenden Finale nicht mehr.

    … und dann stielt die Jungschauspielerin Ryan Kiera Armstrong dem Oscarpreisträger locker die Show.

    Die letzte Hoffnung, dass das Tempo, das nach einem verheißungsvollen Auftakt schnell gegen Null tendiert, doch noch mal anzieht, stirbt nach einer Laufzeit von einer knappen Stunde bei einem sechsminütigen (!) Gespräch am nächtlichen Lagerfeuer, das auch noch mal das schauspielerische Kräfteverhältnis offenlegt: Während Nicolas Cage in „The Old Way“ einen gelangweilten Einheitsgesichtsausdruck aufsetzt, drückt er in dieser Szene zumindest einmal kurz (wenn auch etwas gequält) beim weggenuschelten Resümee seiner Seelenpein und der rettenden Kraft der Liebe auf die Tränendrüse. Seine kurzweiligen Wahnsinns-Ausraster, für die er sonst berüchtigt ist, bleiben diesmal jedoch aus.

    Wesentlich souveräner agiert Filmtochter Ryan Kiera Armstrong, die sichtbar Spaß daran hat, als seine Komplizin reiten und schießen zu lernen und die Männerdomäne um der konturlos bleibenden Noah Le Gros (der schon im Cage-Heuler „A Score To Settle“ mitwirkte) in einem (ebenfalls zu langen) Einschüchterungsmonolog mit erstaunlich erwachsenem Selbstbewusstsein entgegenzutreten. Mit ihrer erfrischend-frechen Performance wird sie zur alleinigen Sympathieträgerin. Vielleicht erklärt sich die mangelnde Spiellaune von Nicolas Cage neben einer schroffen Waffenmeisterin aber auch durch seine billig wirkende Kostümierung: Mit seinem übergroßen Mantel und riesigem Halstuch hätte er auch beim Kinderfasching mitmischen können – vom offensichtlich angeklebten Oberlippenbart zu Beginn in einer Rückblende mal ganz zu schweigen. Etwas mehr Budget hätte „The Old Way“ in vielerlei Hinsicht sicher gutgetan.

    Fazit: Nach einem vielversprechenden Auftakt beginnt diese unausgegorene und ereignisarme Mischung aus Rache-Western und Familien-Drama alsbald zu langweilen. „The Old Way“ wirkt tatsächlich reichlich altbacken und bietet einen angeödet anmutenden Nicolas Cage, der ohne jeglichen Wahn(witz) so gar nicht zur Unterhaltung beitragen will.

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