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    TV-Tipp: Dieser blutige, absolut irre Kult-Hit ist für viele der coolste Film aller Zeiten – aber in Wahrheit total uncool!
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Sein erster Kinofilm war Disneys „Aladdin“. Schon in der Grundschule las er Kino-Sachbücher und baute sich parallel dazu eine Film-Sammlung auf. Klar, dass er irgendwann hier landen musste.

    Unfähige Figuren, die über banale Dinge schwafeln: Der blutige, extrem kultige Erfolgsfilm „Pulp Fiction“ ist nicht etwa die Vorzeigedefinition von Coolness, sondern in Wahrheit total uncool. Heute könnt ihr euch im TV davon überzeugen.

    Halt! Beißt erst einmal genüsslich in einen Burger oder ersäuft ein paar Pommes in Mayo, bevor ihr wütend kommentiert: Ja, in den obigen Zeilen habe ich die Coolness von „Pulp Fiction“ hinterfragt. Doch das heißt nicht, dass ich am Kultstatus von Quentin Tarantinos vielfach zitiertem Goldene-Palme-Gewinner rütteln will. Ganz im Gegenteil!

    Denn gerade der Uncool-Faktor macht den Gangsterfilm-Meilenstein so toll! Davon könnt ihr euch im TV überzeugen. Aber Vorsicht: „Pulp Fiction“ ist heute, am 11. Dezember 2023, ab 20.15 Uhr nur gekürzt bei kabel eins zu sehen! Uncut könnt ihr den Film in der Nachtwiederholung ab 1.50 Uhr sehen, oder jederzeit im Streaming, etwa bei Paramount+ im Abo:

    Auch im Abo von WOW* und ARTHAUS+* lässt sich der Klassiker ohne Zusatzkosten finden. Und falls ihr zu jenen zählt, die „Pulp Fiction“ noch nicht kennen, sind diese Streamingoptionen vorzuziehen: Ohne Werbeunterbrechungen könnt ihr viel tiefer in Tarantinos filmgewordene Schundliteratur-Welt abtauchen, als wenn euch die Reklame regelmäßig rausreißt.

    "Pulp Fiction": Alle sind total uncool, aber das muss so!

    Regelmäßig taucht „Pulp Fiction“ in Listen der coolsten Filme aller Zeiten auf, und Generationen an Jugendlichen ernannten die von Tarantino und Roger Avary erschaffenen Figuren zu ihren Coolness-Vorbildern. Dabei versprühen nahezu alle in dieser mit deftigen Blutspritzern, viel Schweiß und allerlei Fast-Food-Fett befleckten Räuberpistole bestenfalls „So uncool, dass es wieder cool ist“-Energie. Denn lässig, geschweige kompetent, ist in „Pulp Fiction“ kaum jemand – und das hat Methode! Tarantino verdreht Konventionen und ignoriert willentlich, was sich Leute üblicherweise von Groschenromanen und Gangsterfilmen erhoffen:

    Auftragskiller Jules Winnfield, mit immenser Spielfreude verkörpert von Samuel L. Jackson, ist kein abgebrühter Profi, sondern verliert überstürzt die Geduld, weil ein Typ ins Stottern gerät. Bald darauf hält er sich von Gott auserwählt (ziemlich abgehoben von ihm!) und will seinen Job hinwerfen. Letzteres ist vernünftig, aber vor Coolness trieft das nicht gerade.

    Jules' Kollege Vincent Vega ist noch uncooler: John Travolta, der mit „Saturday Night Fever“ tänzerisch eine Jugend-Subkultur prägte, zappelt sich unkoordiniert einen ab. Außerhalb der Tanzfläche ist Vincent ein nervliches Frack, das nicht weiß, wie es mit der Frau seines Chefs umgehen soll – und für einen Profikiller hat er verdammt wenig Ahnung von Schusswaffen-Sicherheit!

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    Das führt dazu, dass er und Jules wie hilflose Schuljungs jemanden rufen, der ihnen erklärt, wie sie ihr Malheur wegmachen, und sie in schlecht sitzende Ersatzkleidung steckt. Und wenn gerade nichts schief geht, schwafeln Jules und Vincent über Banalitäten wie Fast Food. Sie könnten genauso gut du und ich sein, die hungrig Smalltalk führen!

    Uma Thurman operiert als Mia Wallace auf derselben Wellenlänge: Die als verführerische Gefahr vermutete Gangsterboss-Gattin ist schlussendlich eine gescheiterte Schauspielerin mit kindischem Sinn für Humor. Sowie mit kindischen Gastronomie-Vorlieben: Sie schleppt ihren Aufpasser in ein Popkultur-Kitsch-Restaurant mit Touri-Charme. Das macht sie Leuten wie mir sympathisch – aber wenn Leute wie ich sie als Königin der Coolness feiern, plustern wir bloß unser eigenes Ego auf.

    Und dann ist da Bruce Willis als Boxer Butch Coolidge, der versehentlich (!) im Ring seinen Kontrahenten tötet und hastig die Flucht antritt. Die gerät aus der Bahn, weil er an einer alten Uhr hängt, die unrühmlicherweise mehr Hintern von innen als Armgelenke von außen gesehen hat. Wenn ihr das cool findet, möchte ich aus Angst um meine Wertsachen niemals ein cooles Wochenende mit euch verbringen – doch es hebt „Pulp Fiction“ zugleich über ein stumpfes „Der Film ist cool“ hinaus!

    Denn dieser Film ist eine subversive Abwandlung sowie raffinierte Verballhornung betont-cooler Schundunterhaltung. Das gelingt Tarantino mit derartiger Zielsicherheit, dass „Pulp Fiction“ völlig berechtigt zum Kult wurde. Und wenn man undeutlich spricht, klingen „cool“ und „Kult“ ja schon verflixt ähnlich...

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    Dies ist eine überarbeitete Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.

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