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    Ein "Pretty Woman"-Update für Erwachsene gewinnt die Goldene Palme in Cannes: Auf dieses Meisterwerk könnt ihr euch wirklich freuen!
    Christoph Petersen
    Christoph Petersen
    -Chefredakteur
    Schaut 800+ Filme im Jahr – immer auf der Suche nach diesen wahrhaftigen Momenten, in denen man dem Rätsel des Menschseins ein Stück näherkommt.

    Es ist eines der seltenen Jahre, in dem die Cannes-Jury und die FILMSTARTS-Redaktion ausnahmsweise mal einer Meinung sind: „Anora“ von Sean Baker ist nicht nur ein Meisterwerk – die Sexarbeiterinnern-Komödie ist dazu auch noch unfassbar unterhaltsam!

    FilmNation Entertainment

    In den vergangenen zwölf Tagen fand an der französischen Côte d'Azur zum 77. Mal das weltweit wichtigste Filmfestival statt – und FILMSTARTS.de war auch dieses Mal wieder live für euch vor Ort. Neben Blockbuster-Weltpremieren wie „Furiosa“ von George Miller, „Horizon“ von Kevin Costner oder „Megalopolis“ von Francis Ford Coppola stand dabei natürlich vor allem der offizielle Wettbewerb im Zentrum des Interesses. In diesem Jahr konkurrierten insgesamt 22 Filme um die Goldene Palme.

    Ausgewählt wurden die Preisträger-Filme wie immer von einer Jury aus Filmschaffenden, in diesem Jahr u. a. besetzt mit Schauspielerin Lily Gladstone (gerade oscarnominiert für „Killers Of The Flower Mooin“), Regisseur Juan Antonio Bayona („Die Schneegesellschaft“) und Schauspieler Omar Sy („Ziemlich beste Freunde“, „Lupin“). Als Jurypräsidentin fungierte hingegen Greta Gerwig, die seit ihrem Welthit „Barbie“ wohl angesagteste Regisseurin des Planeten.

    77. Filmfest Cannes: Die Goldene Palme geht an:

    Nach unumstrittenen Meisterwerken wie „Apocalypse Now“, „Pulp Fiction“ oder „Parasite“ hat nun auch „Anora“ eine Goldene Palme gewonnen – und das vollkommen zu Recht! Die Sexarbeiterinnen-Komödie von „The Florida Project“-Regisseur Sean Baker wurde hier in den vergangenen Tagen abgefeiert wie kein anderer Film im Wettbewerb – auch, weil er einfach unglaublich viel Spaß macht und mit seinem Wahnsinnstempo extrem gut unterhält. Auf diesen Film dürfen sich wirklich alle Kinofans freuen – und nicht nur Anhänger*innen von ambitionierten Kunstfilmen.

    Die Frage war eigentlich nur, ob „Anora“ den Jurymitgliedern vielleicht nicht als „wichtig“ genug erscheint. Schließlich handelt es sich an der Oberfläche um eine Art „Pretty Woman“-Update für Erwachsene, das im Stil des Adam-Sandler-Meisterstücks „Der schwarze Diamant“ gedreht ist. Leider steht aktuell noch nicht fest, wann „Anora“ mit Shootingstar Mikey Madison („Scream 6“) auch in die deutschen Kinos kommen wird (» zur ausführlichen FILMSTARTS-Kritik).

    Ein politischer Preis für einen großartigen Film

    Der andere heiße Palmen-Kandidat neben „Anora“ war „The Seed Of The Sacred Fig“ von Berlinale-Gewinner Mohammad Rasoulof. Der iranische Regisseur ist erst vor wenigen Tagen auf waghalsige Weise aus seinem Land geflohen, nachdem er dort für seine Arbeit zu einer achtjährigen Haftstrafe und Peitschenhieben verurteilt worden war. Es wäre auch kein rein politischer Preis gewesen, denn „The Seed Of The Sacred Fig“ ist ebenfalls unglaublich gut – hochaktuell, intensiv, saumäßig spannend (» zur ausführlichen FILMSTARTS-Kritik). Statt des Hauptpreises gab es allerdings einen speziell geschaffenen Spezialpreis der Jury, der nicht in jedem Jahr vergeben wird.

    Ebenfalls kreativ wurde die Jury beim Preis für die beste Hauptdarstellerin. Denn statt einer einzelnen Schauspielerin wurde direkt der ganze weibliche Cast des queeren Gangster-Musical-Melodramas „Emilia Perez“ ausgezeichnet. Der Film handelt von einem mexikanischen Mafia-Boss, der seinen eigenen Tod vortäuscht, um sein weiteres Leben nach einer Geschlechtsangleichung als Frau leben zu können (» zur ausführlichen FILMSTARTS-Kritik). Die Trans-Schauspielerin Karla Sofía Gascón war ohnehin als Favoritin gehandelt worden, nun wurden aber Zoe Saldana („Guardians Of The Galaxy“), Selena Gomez („Only Murders In The Building“) und Adriana Paz mit ausgezeichnet. Ebenfalls an „Emilia Perez“ ging auch der Jurypreis (quasi der dritte Platz) für Regisseur Jacques Audiard, der für „Dheepan“ bereits eine Goldene Palme gewonnen hat.

    Ein Hollywoodstar gewinnt für gleich drei Rollen!

    Der große Preis der Jury (quasi der zweite Platz) ging unterdessen an „All We Imagine As Light“, den ersten indischen Film im Cannes-Wettbewerb seit 30 Jahren: Regisseurin Payal Kapadia erzählt darin von zwei Krankenschwestern und einer Krankenhausköchin, die sich im modernen Mumbai durchschlagen (» zur ausführlichen FILMSTARTS-Kritik).

    Der Preis für den Besten Hauptdarsteller ging an Jesse Plemons, zuletzt in einer verstörenden Rolle in „Civil War“ zu sehen, der allerdings auch einen kleinen Wettbewerbsvorteil hatte: Schließlich spielt er im heiß erwarteten neuen Film von „Poor Things“-Mastermind Yorgos Lanthimos gleich drei Rollen! Der zwei Stunden und 44 Minuten lange, dunkelschwarzhumorige und mitunter geradeheraus schockierende „Kinds Of Kindness“ ist nämlich gleich drei Filme in einem, einer abgefuckter als der andere – und in allen spielen dieselben Schauspieler*innen (neben Plemons u. a. noch Emma Stone und Willem Dafoe) mit, nur eben jedes Mal in anderen Rollen (» zur ausführlichen FILMSTARTS-Kritik).

    Bestes Drehbuch und Beste Regie

    Dass „The Substance“ einen Preis gewinnt, war eigentlich klar – schließlich hat die völlig abgefahrene Horror-Komödie mit Demi Moore den Kinosaal in eine Partylocation verwandelt, so fantastisch war die Stimmung während des Screenings. Dass es nun ausgerechnet den Preis für das Beste Drehbuch für Regisseurin Coralie Fargeat gab, war hingegen schon überraschend. Bei einem Horrorfilm ausgerechnet das Skript auszuzeichnen, klingt im ersten Moment schließlich schon merkwürdig – aber tatsächlich hat die so groteske wie blutige Abrechnung mit Hollywoods Jugendwahn mehr Substanz als die meisten vergleichbaren Schock-Satiren zu bieten (» zur ausführlichen FILMSTARTS-Kritik).

    Als Bester Regisseur wurde unterdessen der portugiesische Autorenfilmer Miguel Gomes („Tabu“) ausgezeichnet: Seine filmische Südostasienreise „Grand Tour“, bei der ein Beamter des Britischen Empire vor seiner Verlobten flieht, spielt in den Jahren 1917/1918 und verbindet auf brillante Weise im Studio gedrehte Schwarz-weiß-Spielszenen mit heute gedrehtem Dokumentar-Material aus den besuchten Ländern (» zur ausführlichen FILMSTARTS-Kritik).

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