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    Die Muppets
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Die Muppets
    Von Christoph Petersen

    Die Muppets waren eigentlich schon weg vom Fenster ... und seien wir ehrlich, niemand konnte darüber wirklich traurig sein. Gerade die vorherigen beiden Leinwandausflüge „Muppets - Die Schatzinsel" und „Muppets aus dem All" dienten in erster Linie dazu, noch ein paar Dollar aus den einst sehr beliebten Figuren herauszupressen und hatten mit dem anarchischen Charme der originalen „Muppets Show" nur noch wenig zu tun. Deshalb war die Skepsis zunächst groß, als Walt Disney verkündete, das Franchise nach zwölf Jahren Leinwandabstinenz mit einem neuen Kinofilm wiederbeleben zu wollen. Doch dann eröffnete das Studio mit dem Fake-Trailer „Green with Envy" eine der lustigsten Werbekampagnen überhaupt und die Erwartungshaltung schlug komplett um. Plötzlich waren die Muppets wieder Kult, Miss Piggy wurde zu Talkshows eingeladen und Kermit interviewte Johnny Depp am Roten Teppich der „Fluch der Karibik 4"-Premiere. Der Hype nahm schnell ungeahnte Dimensionen an, worüber der eigentliche Film fast ein wenig in Vergessenheit geriet - aber zum Glück auch nur fast: James Bobins „Die Muppets" ist nämlich eine ungemein liebevolle, ziemlich verrückte und dem ursprünglichen Geist der TV-Show treu ergebene Musical-Komödie, die Fans der ersten Stunde genauso wie Muppets-Neulinge für sich begeistern wird.

    Der Muppet Walter und sein menschlicher Zwillingsbruder Gary (Jason Segel) sind riesige Fans der einst weltberühmten Muppets. Als Gary mit seiner Freundin Mary (Amy Adams) in den Urlaub nach Los Angeles fährt, will Walter unbedingt mit, um das legendäre Muppets-Studio einmal mit eigenen Augen zu sehen. Doch das alte Theater ist längst verfallen, die Muppets treten schon lange nicht mehr gemeinsam auf. Aber damit nicht genug: Zufällig bekommen die drei mit, dass der bösartige Geschäftsmann Tex Richman (Chris Cooper) das Studio abreißen will, um darunter nach Öl zu bohren. Das können und wollen Walter und Gary natürlich nicht zulassen – also bitten sie den inzwischen zurückgezogen lebenden Frosch Kermit, die alte Truppe wieder zusammenzutrommeln, um eine neue Show auf die Beine zu stellen und so das Theater doch noch zu retten. Aber das ist gar nicht so einfach, schließlich leben die Muppets inzwischen in alle Himmelsrichtungen verstreut und Mary hatte sich so sehr darauf gefreut, endlich mal ein wenig Zeit nur mit Gary allein zu verbringen...

    Der Film ist voller augenzwinkernder Gastauftritte (u.a. Zach Galifianakis, Jack Black, Whoopi Goldberg), aber der vielsagendste ist der von Teenie-Star Selena Gomez („Plötzlich Star"). Die aktuelle Freundin von Justin Bieber begründet ihr Erscheinen gegenüber den Muppets durch und durch pragmatisch: „Ich habe zwar keine Ahnung, wer ihr seid, aber meine Agentin meinte, es wäre gut für meine Karriere." Die Macher hinter „Die Muppets" sind sich darüber bewusst, dass ihre Puppen-Protagonisten bei der heutigen Teenager-Generation nicht ganz oben auf der Beliebtheitsskala rangieren und spielen immer wieder selbstbewusst auf diesen Fakt an. Während Kermit wie ein ausgemusterter Hollywoodstar allein in einer riesigen Villa voller Erinnerungsstücke an bessere Zeiten haust, hat es Fozzy Bär noch viel schlimmer erwischt: Statt in der „Muppets Show" präsentiert er seine Stand-up-Comedy inzwischen in einer heruntergekommenen Truckerkneipe, wo er zwischen seinen Witzen immer wieder die abendlichen Sonderangebote anpreisen muss (am besten getroffen hat es ausgerechnet Sprengmeister Gonzo, der inzwischen als Toilettenkönig einen florierenden Badezimmergroßhandel betreibt).

    Derart vollgestopft mit selbstreferenziellem Humor und Popkultur-Zitaten (Miss Piggy ist inzwischen Chefredakteurin der Pariser Vogue und kopiert dabei den Habitus von Meryl Streep in „Der Teufel trägt Prada") hätte „Die Muppets" leicht zur reinen Meta-Nummer verkommen können. Aber zum Glück ist Hauptdarsteller und Drehbuchautor Jason Segel („Nie wieder Sex mit der Ex", „How I Met Your Mother") jederzeit bewusst, was den Geist der Muppets im Kern ausmacht: nämlich ihr wild-anarchischer, aber trotzdem immer auch sehr warmherziger Humor. Und auch davon bietet der Film reichlich: Gerade noch sind die Muppets „per Karte" nach Paris gereist (eine Anspielung auf klassische Abenteuerfilme wie „Indiana Jones", in denen eingeblendet wird, wohin die Figuren gerade unterwegs sind), aber schon wenige Szenen später funktioniert das erste Wiedersehen von Kermit und Miss Piggy auch auf der emotionalen Ebene hervorragend – dieses Gleichgewicht zwischen selbstreferenziellen Gags und großen Gefühlen ist ein seltenes Kunststück, das zuvor nur wenigen Filmemachern ähnlich überzeugend gelungen ist.

    Zu einem echten „Muppets"-Happening gehören auch eine Handvoll Musicaleinlagen – und die zählen diesmal zweifellos zu den größten Stärken des Films. Sie sind nicht nur hervorragend choreographiert (mit bis zu 100 Tänzern), sehr lustig und ebenso mitreißend, sondern bringen zugleich auch die Handlung voran: Die erste Nummer „Life's a Happy Song" etabliert perfekt die gutgelaunt-optimistische Atmosphäre des Films, während der überraschend emotionale „Man or Muppet" die innere Zerrissenheit von Walter und Gary noch einmal auf den Punkt bringt. Gerade weil es für Academy-Wähler besonders wichtig ist, dass Filmsongs möglichst stimmig in den Plot eingeflochten sind, verwundert es uns gar nicht, dass sich in diesem Jahr nicht nur einer, sondern gleich drei der „Muppets"-Songs berechtigte Hoffnung auf eine Oscar-Nominierung machen dürfen.

    Fazit: Die Macher hinter „Die Muppets" sind selbst die größten Fans der liebenswürdigen Anarcho-Puppen – und ihre größte Leistung besteht darin, dass sich diese herzliche Begeisterung eins-zu-eins auf das Publikum überträgt.

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