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    Der letzte Tempelritter
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Der letzte Tempelritter
    Von Rochus Wolff

    Im Mittelalter, so der vorherrschende Stereotyp, ging es finster zu: Der Schwarze Tod dezimierte die Bevölkerung - und wer die Pest überlebte, musste sich mit Hungersnöten, Kriegen und Aberglauben herumschlagen. Von Letzterem gab es eine Menge und er vermischte sich ganz hervorragend mit der christlichen Religion zu weitverbreiteten Vorurteilen, weshalb zum Beispiel weise Frauen schnell als Hexen auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden. Für „Der letzte Tempelritter" hat „Nur noch 60 Sekunden"-Regisseur Dominic Sena nun all die üblichen Mittelalter-Abziehbilder mit einem kräftigen Schuss Fantasy abgeschmeckt und zu einem insgesamt eher faden Abenteuergebräu vermischt, das auch Hauptdarsteller Nicolas Cage nicht mehr ins solide Genremittelfeld hinüberretten kann.

    Mitte des 14. Jahrhunderts: Nach etlichen Jahren Krieg im Dienst der Kirche desertiert Kreuzfahrer Behmen (Nicolas Cage) zusammen mit seinem Kumpan Felson (Ron Perlman), weil er nach einer erfolgreichen Erstürmung einer Stadt mitansehen muss, wie dort wehrlose Frauen und Kinder ermordet werden. Zurück in Europa geraten sie mitten in die erste große Pestepidemie und erhalten von Kardinal D'Ambroise (Christopher Lee) den Auftrag, zusammen mit dem Priester Debelzaq (Stephen Campbell Moore) eine geheimnisvolle junge Frau (Claire Foy) zu einem Kloster zu geleiten. Dort soll es das letzte Exemplar eines Buches geben, mit dem die Seuche erfolgreich bekämpft werden könnte – denn die junge Frau wird der Hexerei verdächtigt und für den Ausbruch der Krankheit verantwortlich gemacht. Mit Hilfe des Buches soll ihr Fluch nun gebrochen werden...

    So sehr sich der Film mit seinen Jahres- und Ortsangaben auch um den Anschein von Realitätsnähe bemüht, erweist sich dies als schwer ernstzunehmende Show, die das mittelalterliche Dekor lediglich ein wenig glaubwürdiger erscheinen lassen soll. Puristen werden sich schon allein daran stören, dass im Universum des Films der Nahe Osten, Nordafrika (mit seinen computergenerierten Wüsten) und Europa, in dem sich Orte wie Villach und Marburg unerwartet ähnlich sehen, offenbar in unmittelbarer Laufnähe zueinander liegen. Zudem siedelt bereits die erste Szene, in der eine erhängte und ertränkte Hexe sich aus ihrem nassen Grab erhebt, den Film klar im Bereich des Fantastischen an.

    Dominic Sena („Passwort: Swordfish") nimmt dies aber keinesfalls zum Anlass, die Handlung des Films auf irgendeine Weise ironisch zu brechen – sein Star Nicolas Cage („Duell der Magier") verzichtet sogar auf sein obligatorisches Overacting und spielt seinen Charakter als völlig ernsthaft an seiner Kirche Zweifelnden, der die Hexe erst nach einem - natürlich völlig ahistorisch gedachten - „fairen Prozess" dem Tod ausliefern will. Dass es dazu nicht kommen wird, ahnt der Zuschauer schon sehr früh – wie im Drehbuchdebüt von Bragi F. Schut sowieso nur wenige Überraschungen vorkommen.

    Es gibt nur wenige Momente, in denen die Ernsthaftigkeit des Geschehens zumindest vorsichtig ironisch gebrochen wird, so zum Beispiel durch Christopher Lees („Der Herr der Ringe") kleine Rolle als durch die Pest völlig entstellter Kardinal. Der Gastauftritt wurde wohl eh nur in den Film integriert, um das aufwändige Make-up präsentieren zu können. Ähnliches gilt für eine Szene, in der Ron Perlman, in „Hellboy" immerhin selbst ein Dämon, einer Ausgeburt der Hölle einen saftigen Kopfstoß verpasst.

    Genrefans werden solche augenzwinkernden Momente zu schätzen wissen, aber sie werden auch unweigerlich den Vergleich zu „Black Death" von Christopher Smith ziehen. Auch der verband schließlich die Themen Pest und Hexerei, lies aber bis zuletzt in der Schwebe, ob die Handlung nun fantastische Elemente birgt oder nicht. „Black Death" ist so erheblich düsterer und ernstzunehmender geraten. Für die Wahrnehmung von „Der letzte Tempelritter" bedeutet das in erster Linie, dass er nun wie ein platter Hollywood-Nachahmer des deutlich kleiner produzierten „Black Death" wirkt – auch wenn „Der letzte Tempelritter" schon lange vor dem Kinostart von „Black Death" fertig war, der geplante Release im März 2010 jedoch um acht Monate verschoben wurde, um noch Szenen nachzudrehen.

    Der fertige Film kann trotz Nachdrehs nicht überzeugen. Zwar ist alles grundsolide inszeniert und stellenweise sogar einigermaßen spannend, doch Dominic Sena, der mit der Graphic-Novel-Verfilmung „Whiteout" zuletzt schon einen Flop abgeliefert hat, tut auch diesmal nicht mehr, als bekannte Versatzstücke des Abenteuergenres (etwa die Überquerung einer maroden Brücke) aneinanderzureihen. Es gibt menschenfressende Wölfe, entvölkerte Klöster, bösartig grinsende Kirchenmänner, reichlich Hexerei und Dämonen an jeder Ecke – aber nichts davon ist gruselig oder überraschend. Die Selbst- und Glaubenszweifel des Protagonisten nimmt man ihm allein schon deshalb nicht ab, weil er jahrelang an vorderster Front Krieg geführt hat, aber nun zum ersten Mal gesehen haben soll, wie dabei Frauen und Kinder zu Tode kommen. Das scheint selbst für Genreverhältnisse zu weit hergeholt.

    Das alles wäre leichter zu verzeihen gewesen, wenn Dominic Sena den Film als das inszeniert hätte, was er ist: letztlich harmloser, wenig origineller, aber stellenweise brachialer Trash ohne tieferen Sinn oder große Ambitionen. Dass „Der letzte Tempelritter" stattdessen aber als ernsthaftes Fantasy-Abenteuer daherkommt, klingt vielleicht im ersten Moment spannend, sorgt im Endeffekt aber lediglich für unfreiwillige Komik.

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