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    American Pie 4: Das Klassentreffen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    American Pie 4: Das Klassentreffen
    Von Carsten Baumgardt

    Wenn man streng die ursprüngliche alttestamentliche Bedeutung des Jubeljahrs zugrunde legt, werden Jubiläen frühestens nach 25 Jahren gefeiert. Besonders in der Arbeitswelt hat sich aber der Brauch durchgesetzt, die Jubeljahre vergleichsweise exzessiv im Fünf-Jahres-Takt zu begehen. Aber egal, wie man es dreht und wendet, ein 13. Jubiläum gibt es eigentlich nicht. So ist es einer der besten Witze in der Komödien-Fortsetzung „American Pie: Das Klassentreffen", wenn die beiden Regisseure Jon Hurwitz und Hayden Schlossberg („Harold & Kumar 2") sich inhaltliche Verrenkungen sparen und die „American Pie"-Highschool-Clique einfach 13 Jahre nach ihrem Abschluss zum „Jubiläum" zusammenkommen lassen – runde Zahl hin oder her. Das wird nonchalant mit einem Halbsatz begründet. Von dieser unmittelbaren, spontan wirkenden Komik bietet „American Pie: Das Klassentreffen" jedoch über die gesamte Spielzeit zu wenig. Hurwitz und Schlossberg versuchen, den frech-frivolen Witz der drei Originalfilme wiederzubeleben, aber einigen Darstellern fehlt mittlerweile die Frische, ihn so unbekümmert wie einst vorzutragen.

    Die Freunde Jim (Jason Biggs), Kevin (Thomas Ian Nicholas), Oz (Chris Klein) und Finch (Eddie Kaye Thomas) waren schon immer etwas tranig: Erst beim Schulabschlussball 1999 verloren die vier ihre Jungfräulichkeit. 13 Jahre später wollen die ehemaligen Schulkollegen an der East Great Falls High School in West Michigan die große Wiedervereinigung feiern. Ihren renitenten Freund Stifler (Seann William Scott) hat die Clique bewusst nicht eingeladen, aber davon lässt sich der penetrante Frauenaufreißer natürlich nicht abschrecken und findet trotzdem seinen Weg zum Treffen. Jim und Michelle (Alyson Hannigan) sind immer noch verheiratet, aber seit der Geburt ihres jetzt zweijährigen Sohnes Evan (George Christopher Bianchi) herrscht im Bett eine Dauerflaute. Aber am Wiedervereinigungswochenende, an dem sich die Familie bei Jims Vater (Eugene Levy) einquartiert hat, soll eine sexuelle Großoffensive starten. Das wird jedoch nichts, weil Jim mit seinen Freunden - inklusive Stifler - die Party zum 18. Geburtstag seines Ex-Babysitter-Schützlings Kara (Ali Cobrin) besucht und dort versackt. Dass Jim die völlig betrunkene und willenlose Kara später generös nach Hause kutschiert und sie sich ihm vor dem Haus ihrer Eltern (Stevie Ray Dallimore, Kim Wall) nackt an den Hals schmeißt, verbessert Jims Ausgangssituation nicht unbedingt...

    Drei Filme, ein Riesenerfolg. Nicht nur, dass „American Pie", „American Pie 2" und „American Pie 3" weltweit rund 755 Millionen Dollar einspielten und in Deutschland knapp 15 Millionen Menschen in die Kinos lotsten, zumindest der erste Teil gilt mittlerweile auch als echter Teenfilm-Klassiker – aller groben Zoten und geschmacklosen Gags zum Trotz. Alle drei derben Klamotten besitzen nämlich sehr wohl einigen erzählerischen Charme und überzeugen mit liebevoll gezeichneten Figuren. Die vier indiskutablen „American Pie präsentiert"-Spin-Offs „Die nächste Generation", „Nackte Tatsachen", „Die College-Clique" und „Das Buch der Liebe" konsequent ignorierend, schicken die Produzenten um die Original-Macher Paul Weitz, Chris Weitz und Adam Herz nun die alte Riege in die neue Schlacht um die Lacher der jungen Generation. Dazu trommelten sie bis in die kleinen Nebenrollen die Stammkräfte der ersten drei Teile zusammen, was sehr lobenswert ist, aber im Extremfall dazu führt, dass einige Szenen nur existieren, damit auch der letzte „Pie-Altstar" noch seinen Auftritt bekommt. Das schadet mit zunehmender Dauer dem ohnehin schon nicht optimalen Timing, der Film findet kaum einmal den gerade für Komödien so wichtigen natürlich wirkenden Erzählrhythmus.

    Die Schabernack-Spezialisten Jon Hurwitz und Hayden Schlossberg versuchen erst gar nicht, ihren subversiv-verspielten „Harold und Kumar"-Witz einzuflechten. Mit dem Ton des neuen Films knüpfen sie an die alten Werke an, die bewährten Zutaten werden in den Topf geschmissen und wieder aufgekocht. Die Clique hat allerdings ein bisschen Moos angesetzt - der eine mehr, der andere weniger. Da ist es nur logisch, dass das Regie-Duo sich auf die Aktivposten konzentriert, die erneut spielfreudigen Jason Biggs („Anything Else"), Seann William Scott („Evolution"), Eddie Kaye Thomas („Harold & Kumar") und Chris Klein („Rollerball") den Löwenanteil der Geschichte bestreiten lässt und ihnen die Gags auf den Leib schneidert. Besonders bei Tara Reid (als Vicky), Thomas Ian Nicholas (als Kevin) und Mena Suvari (als Heather) ist es dagegen offensichtlich, dass sie von dem Top-Quartett getragen werden müssen. Alyson Hannigan wiederum, die einzige übrigens, die in der Zwischenzeit mit der Kultserie „How I Met Your Mother" an den „American Pie"-Erfolg anknüpfen konnte, wird von den Filmemachern etwas stiefmütterlich behandelt und nur spärlich in den Gag-Reigen einbezogen. Für die Frische, die einigen alten Pie-Hasen abgeht, sorgen vor allem die jüngeren Reihen-Neulinge Katrina Bowden („30 Rock") als Oz‘ nymphomane Freundin Mia und Ali Cobrin als Jims ehemalige Nachbarin Kara. Auch der kurze, aber charismatische Gastauftritt von Kultstar Neil Patrick Harris („How I Met Your Mother", „Harold und Kumar") ist auf der Habenseite zu verbuchen.

    Die Demarkationslinie des guten Geschmacks verläuft auch dieses Mal wieder südlich der Lendenregion. Zu Beginn gibt ein von seinem Sohn beim Masturbieren erwischter Jason Biggs die Marschrichtung vor, nicht viel später lässt Seann William Scott eine kolossale Darmentleerung in die Bierkühlbox eines Kontrahenten folgen. Ein paar nackte Brüste, unter anderem von Maxim-Covergirl Ali Corbin, garnieren den typischen „American Pie"-Filmcocktail, der auch noch durch die Großansicht von Jason Biggs‘ Penis angereichert wird. Das Rezept ist altbekannt, aber die Frequenz der gelungenen Gags ist nicht mehr so hoch wie in der Original-Trilogie. Zu oft versuchen die beiden Regisseure auch, ihren Humor im Nachhinein zu erklären - ganz so, als glaubten sie, dass vor allem das jüngere Publikum sonst nicht folgen könnte. Das ist etwas halbherzig und so wird „American Pie: Das Klassentreffen" den Charakter einer Nummernrevue auch nie richtig los. Da passt es ins Bild, dass die Autoren die Figur des legendären Weltreisenden Finch für einen einzigen kleinen Gag mit einem Handstreich komplett entzaubern und demütigen.

    Fazit: Ein Grund zum Jubeln ist „American Pie: Das Klassentreffen" nicht, aber auch kein Gang ins Jammertal. Den „Harold und Kumar"-Regisseuren Jon Hurwitz‘ und Hayden Schlossberg gelingt mit „American Pie 4" ein zwar stellenweise amüsantes, aber nicht immer rundes Wiedersehen mit den Helden von einst. Der alte Charme kann nur in Teilen reanimiert werden, dafür sorgen einige neue Gesichter für frischen Schwung.

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