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    The Expendables 4
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    The Expendables 4

    Viel rotes Blut, noch mehr grüne Hintergründe

    Von Björn Becher

    Zwei große Versprechungen gaben die Verantwortlichen hinter der „The Expendables“-Reihe ab, um neun Jahre nach dem enttäuschenden dritten Teil das Vertrauen der Fans in „The Expendables 4“ zu gewinnen. Es soll eine Art Staffelstab-Übergabe an eine von Jason Statham angeführte jüngere Generation geben. Und nach dem blutleeren „The Expendables 3“ sollen wieder Gewalt und eine Altersfreigabe für Erwachsene (FSK 18 in Deutschland!) im Vordergrund stehen. Die gute Nachricht ist: Beide Versprechen wurden eingehalten. Die schlechte: Einen besseren Film macht das nicht.

    Denn auch wenn das Blut reichlich spritzt, Köpfe zermanscht werden und Martial-Arts-Legenden wie Iko Uwais oder Tony Jaa in wenigen Momenten gelungene Körperakrobatik präsentieren dürfen, ist der von Scott Waugh („Hidden Strike“) inszenierte Söldner-Actioner eine langweilige Veranstaltung. Die lahme und nicht nur aufgrund sehr vorhersehbarer Wendungen an Überraschungen arme Story ist dabei noch das geringste Problem. Wie die Beteiligten alle Schwächen mit einem Dauerfeuerwerk an unlustigsten Sprüchen übertünchen wollen, ist schon schlimmer. Richtig schockierend ist aber, wie ein Film mit einem angeblichen Budget von 100 Millionen Dollar so schlecht aussehen kann...

    Eine Bereicherung: Kampfsport-Künstler Tony Jaa.

    Weil der Terrorist Rahmat (Iko Uwais) in einer alten libyschen Chemie-Waffenfabrik von Gaddafi sich Zünder für eine Atombombe unter den Nagel reißen will, schickt CIA-Agent Marsh (Andy Garcia) die Expendables von Barney Ross (Sylvester Stallone) los, um ihn zu stoppen. Der Söldner-Boss übernimmt den Auftrag auch persönlich motiviert. Denn hinter Rahmat soll mit dem mysteriösen Ozelot ein Phantom stecken, welches Ross bereits seit über zwei Jahrzehnten jagt. Doch der Einsatz endet im Fiasko. Rahmat kann nicht nur mit den Zündern entkommen, sondern Lee Christmas (Jason Statham) fliegt aus dem Team, weil ihm die Schuld am Scheitern gegeben wird.

    Doch ein Lee Christmas gibt nicht auf. Während die um junges Blut verstärkten, neu aufgestellten Expendables nun ausgerechnet unter Leitung seiner Freundin Gina (Megan Fox) agieren, macht sich der britische Messer-Experte auf eigene Faust daran, Rahmat zu jagen. Schließlich gilt es, einen möglichen Dritten Weltkrieg zu verhindern. Überraschende Unterstützung bekommt er dabei von dem thailändischen Fischer Decha (Tony Jaa), der dem Töten eigentlich für immer abgeschworen hat...

    Wo stecken die 100 Millionen Dollar Budget?

    Nachdem „The Expendables 3“ nicht nur an den Kinokassen enttäuschte, sondern auch sehr negative Reaktionen der Fans von Stallone, Statham und Co. hervorrief, sollte alles besser werden. Doch der Weg zum vierten Teil war ein steiniger. Immer wieder wurde das Drehbuch über den Haufen geworfen. Zwischenzeitlich stieg Stallone sogar aufgrund kreativer Differenzen komplett aus dem Franchise aus. Diverse Stars von Pierce Brosnan über Dwayne Johnson bis Hulk Hogan wurden mit dem Projekt in Verbindung gebracht, während Stallone selbst über den Einbau von eigenen Vorbildern wie Jack Nicholson und Clint Eastwood fabulierte – doch am Ende entschied man sich, alles eine Nummer kleiner zu machen und weniger prominente Namen an Bord zu holen.

    Wobei sich eine daraus resultierende Einsparung beim Budget nicht bemerkbar macht. Wie die Vorgänger soll trotz deutlich weniger Altstars in der Besetzung auch „The Expendables 4“ rund 100 Millionen Dollar gekostet haben. Ob sich Stallone und der nicht nur vor, sondern auch als Produzent hinter der Kamera nun eine noch größere Rolle einnehmende Statham einfach selbst dickere Schecks ausgestellt haben, darf man durchaus mal fragen. Denn vor der Kamera ist das Geld nicht zu sehen. Für die gesamte Auseinandersetzung mit Rahmat gibt es gerade einmal zwei Schauplätze: der Auftakt spielt in der kargen Waffenfabrik irgendwo in der Wüste; eine die zweite Hälfte des Films einnehmende Auseinandersetzung auf einem riesigen Schiff – wobei „Schauplätze“ fast schon eine Übertreibung ist.

    Sylvester Stallone macht Platz für die neuen Expendables.

    Ist beim Auftakt immerhin noch zu erkennen, dass Außenaufnahmen (in Griechenland) gedreht worden sind, entstand sehr offensichtlich das Gros des Films im Studio vor Greenscreen. Immer wieder stammen die Hintergründe sichtlich aus dem Computer. Dies irritiert nicht nur in der zweiten Hälfte, wenn es angeblich auf hoher See krachen soll, sondern bereits in kleinen Szenen. Wenn sich Jason Statham und der dieses Mal nur in einer kleineren Nebenrolle mitwirkende Sylvester Stallone an einer Haustür kabbeln, sind tote, künstliche Straßenzüge zu sehen, die New Orleans darstellen sollen. Diese flachen, trostlosen Hintergründe verleihen vielen Szenen von „The Expendables 4“ nicht nur eine störende und ablenkende Künstlichkeit, sondern lassen den Film billig aussehen. Die Reihe startete einmal mit der Idee, geradlinige Direct-To-Video-Action mit Top-Stars und einem Kinobudget zu machen. Nun ist sie in den Niederungen der Direct-To-Video-Action angekommen …

    … wobei man damit vielen DTV-Actionern nicht gerecht wird. Wenn man sieht, was für intensive Shootouts zum Beispiel ein William Kaufman in „The Channel“ mit gerade einmal zehn Millionen Dollar hinbekommt, muss man sich schon fragen, warum das dem zehn Mal so teuren Dauergeballer in „The Expendables 4“ komplett abgeht. Die Kugeln fliegen zwar wild durch die Gegend, doch eine Kraft dahinter ist nur zu erahnen, wenn sie mit anschließendem Bluteffekt das Ziel finden oder (meist wieder mit viel CGI) deswegen irgendwas in die Luft fliegt.

    One-Liner aus der Hölle

    Seine Schwächen überspielt der Söldner-Actioner mit vielen One-Linern – auch das ist Teil des Konzepts der Reihe. Doch während im Vorgänger noch Wesley Snipes, Harrison FordMel Gibson oder ein glänzend aufgelegter Antonio Banderas diese Sprüche allein durch ihre Gravitas aufwerteten, schaffen das die Nachfolger*innen nicht. Jacob Scipio („Bad Boys For Life“) hat als Banderas' erst dauerquasselnder und dann verstummender Filmsohn mit viel Wohlwollen noch ein paar Momente – doch dem Rest gehen diese völlig ab.

    Zumal die Sprüche teilweise komplett wahllos verteilt wirken und so nicht einmal die ohnehin ziemlich austauschbaren Charaktere ausgestalten. Es wirkt vielmehr so, als hätten Dolph Lundgren, Randy Couture50 Cent und Co. vorher aus einem Hut gezogen, wer von ihnen welche Sprüche aus dem Drehbuch nun vortragen muss. Dass mit „Brooklyn Nine-Nine“-Star Terry Crews das Ensemble-Mitglied mit dem größten Gespür für komödiantisches Timing rausgeschmissen wurde, erweist sich an dieser Stelle auch als Bumerang.

    Als Scharfschütze mit Sehschwäche und trockener Alkoholiker Gunner darf Dolph Lundgren vor allem Sprüche kloppen.

    Als Lichtblick bleibt so das Mitwirken jener Cast-Neuzugänge, die Martial-Arts können. Dass Jason Statham in diesem Bereich Verstärkung durch „The Raid“-Star Iko Uwais sowie Tony Jaa („Ong-Bak“) bekommt, zahlt sich aus. Auch wenn sie alle in anderen Filmen schon deutlich besser eingesetzt wurden, sobald sich einer aus diesem Trio durch Widersacher metzelt, hat „The Expendables 4“ Momente mit harter wie gelungener Choreografie. Insbesondere ein sehenswerter Kampf von Jaa gemeinsam mit der vom Drehbuch sonst weitestgehend ignorierten Levy Tran („MacGyver“) gegen den hier als Bösewicht-Handlanger besetzten Stuntman Daren Nop („John Wick 4“) sticht heraus. Hier leisten nicht nur die Doubles ganze Arbeit – auch die Stars selbst und die Wirkungen der Treffer sind mal richtig zu sehen.

    Das krasse Gegenbeispiel ist der in einem (zahmen) Liebes-Techtelmechtel endende Kampf zwischen Statham und Megan Fox. Mit vielen Schnitten und Kameraperspektiven, die oft nur ein Bein oder einen Arm zeigen, wirkt die Szene unglaublich beliebig – das Todesurteil für jeden Actionfilm. Immerhin darf Statham in anderen Actionszenen Wiedergutmachung betreiben und „Transformers“-Star Megan Fox verkörpert als plötzliche neue „Expendables“-Anführerin eine der wenigen interessanteren Figuren – auch wenn das Drehbuch daraus dann doch wieder viel zu wenig macht.

    Fazit: Hässliche Greenscreen-Optik und miserable Sprüche dominieren „The Expendables 4“ - da können die Martial-Arts-Experten im Cast in einzelnen Szenen noch so sehr zeigen, was sie eigentlich auf dem Kasten haben und die Macher das Blut mit Splatter-Effekten spritzen lassen.

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