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    Sandy Wexler
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Sandy Wexler
    Von Andreas Staben

    Eine Gruppe Showbiz-Typen, darunter viele Komiker, sitzt in geselliger Runde zusammen und tauscht Anekdoten über einen gemeinsamen Bekannten aus, einen offenbar ziemlich erfolglosen Künstleragenten. Es wird liebevoll von seinen exotischen Kunden, seinen Marotten und seinen Fehlschlägen erzählt. Die Erinnerungen gehen in Rückblenden über, die sich zum Porträt eines echten Originals fügen. Mit diesem Szenario ergatterte Woody Allen 1985 zwei Oscarnominierungen fürs Drehbuch und für die Regie - und in der Titelrolle des Stehaufmännchens „Broadway Danny Rose“ zeigt er dazu eine der besten darstellerischen Leistungen seiner Karriere. Mehr als 30 Jahre danach ist nun ein anderer New Yorker Komiker mit jüdischen Wurzeln in einer ähnlichen Rolle zu sehen und gibt seiner Erzählung über einen Talentmanager mit kleiner Trefferquote und großem Herzen einen vergleichbaren Rahmen. Und zumindest was das Schauspielerische angeht, gehört Adam Sandlers Auftritt als „Sandy Wexler“ ebenfalls zu den besseren Darbietungen seiner Laufbahn. Aber was Woody Allen zu einer gerade einmal 80-minütigen Schwarz-Weiß-Arthouse-Komödie verdichtet hat, dehnen Sandler und sein Regisseur Steven Brill in ihrer Netflix-Produktion, die seit Karfreitag 2017 weltweit exklusiv bei dem Streaming-Giganten zu sehen ist, auf überlange 130 Minuten aus. Und für diese exzessive Spielzeit reicht weder die dünne Handlung noch die Anzahl der gelungenen Gags. Die Adam-Sandler-Komödienformel geht in „Sandy Wexler“ nicht so recht auf.

    Sandy Wexler (Adam Sandler) lebt im Jahr 1994 auf einem der luxuriösesten Anwesen in Bel Air – allerdings nur im Poolhouse als Untermieter des reichen jüdisch-iranischen Besitzers Firuz (Rob Schneider). Und auch Sandys Künstleragentur läuft nicht gut, er hat nur schwer vermittelbare Klienten unter Vertrag, darunter den boshaften Bauchredner Ted Rafferty (Kevin James), den unlustigen Comedian Kevin Connors (Colin Quinn), den unfallanfälligen Stunt-Akkrobaten Gary Rodgers (Nick Swardson) und die alleinerziehende Schauspielerin Amy Baskin (Jackie Sandler). Doch dann hört er eines Tages Sängerin Courtney Clarke (Jennifer Hudson) in einem Vergnügungspark und weiß sofort: Sie ist das Supertalent, von dem er geträumt hat. Er spricht sie sofort an und fliegt mit ihr nach Alaska, um sich bei ihrem Vater Willy (Aaron Neville) im Gefängnis das Einverständnis abzuholen, sie zu managen. Während Courtney bald eine große Karriere winkt, hat Sandy Schwierigkeiten mit der neuen Situation und zweifelt, ob er noch der Richtige für seinen Shootingstar-Schützling ist...

    Wer meint, Adam Sandler wäre auf dem absteigenden Ast, nachdem Kinofilme wie „Pixels“ und „Urlaubsreif“ nicht mehr an die Einspielergebnisse früherer Jahre herangekommen sind, der betrachtet die Dinge zu einseitig. „The Ridiculous 6“ und „The Do-Over“, die ersten beiden Werke, die der Starkomiker als Teil eines lukrativen Vier-Film-Deals mit Netflix realisiert hat, waren dort nämlich so erfolgreich, dass man die Zusammenarbeit noch vor dem Start von „Sandy Wexler“ um vier weitere ebenfalls ausschließlich online zu sehende Filme verlängert hat. Sandler nutzt die Freiheiten, die ihm die Vereinbarung bietet, und macht aus seiner Showgeschäft-Komödie wieder einmal eine echte Familienangelegenheit. Seine Frau Jackie und die Kinder sind in kleinen Rollen zu sehen, dazu hat der Star wie gewohnt zahlreiche Freunde und Bekannte für den Einsatz vor und hinter der Kamera zusammengetrommelt – von Regisseur Steven Brill, mit dem er nach „Little Nicky“, „Mr. Deeds“ und „The Do-Over“ zum vierten Mal zusammenarbeitet, bis zum „Kindsköpfe“-Kollegen Kevin James. Und diesmal besitzt sogar die Handlung einen privaten Hintergrund, denn der Film ist nichts anderes als ein komödiantisch zugespitztes Porträt von Sandlers eigenem langjährigen Manager Sandy Wernick (der im Film als todkranker Nachbar Peter auch eine kleine Rolle spielt).

    Dieser Film-Sandy ist schon ein ganz besonderer Typ. Er ist angezogen wie sein eigener Großvater und trägt eine betont unmodische Brille, sein markantes „Ha Ha“-Lachen paart er mit einem heftigen Händeklatschen, was die Sache noch unangenehmer macht. Er kann sich nichts merken, lügt notorisch und hat für einen vermeintlichen Experten einen ausgeprägt schlechten Geschäftssinn. Er stößt Musikproduzent-Legende Quincy Jones vor den Kopf und schlägt immer wieder gute Angebote aus („Diese Animationsfilme haben keine Zukunft“, sagt er Courtney, als die ihn fragt, ob sie eine Sprechrolle in „Toy Story“ übernehmen soll). Er wird von den Prominenten und Machern in Los Angeles nicht zufällig meist wie eine unfähige Nervensäge behandelt, aber dank Sandlers liebevoller Darstellung verliert er trotz aller Macken nie komplett die Sympathie des Betrachters (vorausgesetzt man steht mit dem umstrittenen Star nicht vollständig auf dem Kriegsfuß). Man nimmt Sandy ab, dass er tatsächlich das Beste für seine Klienten will, was insbesondere bei seinem Einsatz für den Wrestler „Bedtime“ Bobby Barnes („The Expendables 2“-Star Terry Crews) zu einem aufsehenerregenden Ergebnis führt. Und so ist Sandler dem Woody Allen von „Broadway Danny Rose“ dann doch durchaus nahe, wenn in der Rahmenhandlung in der Gegenwart unter anderem Judd Apatow, Jason Priestley, Chris Rock, Jimmy Kimmel, Conan O’Brien und Vanilla Ice mit Zuneigung, Verwunderung und Amüsement von Sandy erzählen.

    Die Witze sind in „Sandy Wexler“ nicht so derb wie teilweise noch in „Jack und Jill“ oder „Der Chaos-Dad“, grobe Gags unter der Gürtellinie sind große Ausnahmen, aber dafür gibt es recht viel Leerlauf und müde Pointen – es ist dann auch spürbar, dass Steven Brill ein schwächerer Regisseur ist als etwa Dennis Dugan („Chuck und Larry“, „Jack und Jill“). Von einer in die Länge gezogenen Tonbandpanne über das träge Geplänkel zwischen Kevin James und Sandler bis zu den wenigen Szenen, in denen versucht wird, die unvermeidlichen Handlungswendungen tatsächlich erzählerisch vorzubereiten – es fällt nicht schwer, sich einen mindestens 20 Minuten kürzeren (und besseren) Film vorzustellen. Während die üblichen Verdächtigen unter den Nebendarstellern ihren Stiefel oft mehr schlecht als recht herunterspielen (hervorzuheben ist allenfalls der Körpereinsatz von Nick Swardson als unfähig-unglücklicher Evil-Knievel-Verschnitt), sorgt Oscar-Preisträgerin Jennifer Hudson („Dreamgirls“) mit ihrem unbekümmert-natürlichen Auftreten für eine frische Brise. Rein unter gesanglichen Gesichtspunkten nimmt man ihr die Rolle als nächste Whitney Houston sowieso ab, aber sie kommt selbst über die doch recht zahlreichen Momente völliger Beliebigkeit mit Anstand und Stil hinweg. Die Herzlichkeit und die Emotionalität der besten Sandler-Filme ist in „Sandy Wexler“ aber trotzdem viel zu selten zu finden.

    Fazit: In „Sandy Wexler“ zeigt Adam Sandler zwar eine seiner besseren schauspielerischen Leistungen, aber die überlange und nicht allzu lustige Showbusiness-Komödie bleibt als Ganzes weit hinter seinen besten Filmen zurück.

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