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    Snake Eyes: G.I. Joe Origins
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Snake Eyes: G.I. Joe Origins

    "G.I. Joe" ist gut fürs Budget, aber schlecht für den Film

    Von Christoph Petersen

    In den Achtzigern haben Spielzeugkonzerne noch selbst Zeichentrickserien produziert, um ihre Actionfiguren an das Kind zu bringen – und wer im Samstagsvormittagsprogramm einen Hit wie „Transformers“, „Teenage Mutant Ninja Turtles“ oder „G.I. Joe“ landen konnte, der hatte spätestens in der folgenden Weihnachtssaison die Lizenz zum Gelddrucken. Aber so einfach ist das Business nicht mehr – und so drängt Hasbro seit mittlerweile 15 Jahren auch ins Blockbuster-Geschäft, um in den Regalen der Spielzeugabteilungen weiter relevant zu bleiben. So richtig geklappt hat das bisher aber nur bei der „Transformers“-Reihe, selbst wenn die inzwischen ebenfalls ins Stottern geraten ist.

    Bei „G.I. Joe“ blieb hingegen schon der erste Teil „Geheimauftrag Cobra“ (2009) hinter den Erwartungen zurück. Für die vier Jahre später erschienene Fortsetzung „G.I. Joe 2: Die Abrechnung“ wurden zwar Dwayne Johnson und Bruce Willis für zusätzliche Starpower angeheuert, aber trotz einer leichten Steigerung rechtfertigte das Einspielergebnis das stolze Budget erneut nicht. Eigentlich wäre das der logische Zeitpunkt gewesen, um das Projekt zu den Akten zu legen. Aber Hasbro muss halt seine wichtigsten Marken irgendwie am Leben halten – und so kommt nun nach einigen Verzögerungen das Spin-off „Snake Eyes: „G.I. Joe Origins“ in die Kinos. Dabei legt der deutsche Regisseur Robert Schwentke sogar den bisher besten Teil der Reihe vor. Die gelungenen Elemente haben dabei allerdings nur wenig mit „G.I. Joe“ zu tun. Im Gegenteil!

    Snake Eyes (Henry Golding) zur Abwechslung mal ganz ohne Maske...

    Seitdem Snake Eyes (Henry Golding) als Junge mit ansehen musste, wie sein Vater (Steven Allerick) von dem mysteriösen Mantelträger Mr. Augustine (Samuel Finzi) erschossen wurde, kennt er nur noch ein Ziel: Rache! Als ihm der Yakuza-Boss Kenta (Takehiro Hira) anbietet, den Mörder für ihn ausfindig zu machen, solange er seinem Clan in Los Angeles beitritt, willigt Snake Eyes ein – allerdings nur, bis er gezwungen wird, den vor ihm knienden Verräter Tommy (Andrew Koji) zu exekutieren.

    Snake Eyes rettet Tommy das Leben – nur um dann festzustellen, dass es sich bei diesem in Wirklichkeit um den designierten Anführer des mächtigsten Ninja-Clans in Japan handelt. Snake erhält als Belohnung das Angebot, selbst in den Clan aufgenommen zu werden, solange er zuvor drei potenziell tödliche Herausforderungen besteht. Aber er will weiterhin vor allem Rache – und auch Kenta ist inzwischen im Land der aufgehenden Sonne eingetroffen…

    Das gab's noch nie: 100 Millionen für einen Ninja-Blockbuster

    „V For Vendetta“-Regisseur James McTeigue standen 2009 immerhin 40 Millionen für seinen Actioner „Ninja Assassin“ zur Verfügung – aber ein echtes Blockbuster-Budget für einen Ninja-Film gibt es traditionell eigentlich nur, wenn es sich bei den Protagonisten entweder um LEGO-Figuren oder Schildkröten mit Pizzafetisch handelt. „Snake Eyes“ ist mit einem kolportierten Budget von 88 bis 110 Millionen Dollar zwar nur etwa halb so teuer wie seine beiden Vorgänger, aber trotzdem der erste „echte“ westliche Ninja-Blockbuster! Das zahlt sich zumindest in der gelungeneren ersten Hälfte aus, bevor dann ohne jede erzählerische Not (die Marketingabteilung mag das anders sehen) doch noch weitere „G.I. Joe“-Figuren auftauchen.

    Vorher liegt der Fokus ganz auf Snake Eyes. Im „G.I. Joe“-Kosmos kennt man diesen eigentlich als stummen und vollständig maskierten Helden. Aber sein ikonisches Outfit legt er in seinem Solo-Abenteuer zum Glück erst ganz zum Schluss an – denn Henry Golding ist in der Titelrolle eines der größten Pfunde des Films: Der „Crazy Rich“-Shootingstar hat definitiv das nötige Charisma, um einen Actionfilm zu tragen – und auch die Ambivalenz seiner lange Zeit nicht gerade heldenhaft agierenden Figur kommt angemessen rüber. An seiner Seite weiß er zudem Koleg*innen, allen voran Martial-Arts-Legende Iko Uwais („The Raid“), die tatsächlich kämpfen können – und Chefkameramann Bojan Bazelli („6 Underground“) unterstützt etwa eine Massenschlägerei in einer Lagerhalle mit einer extrem dynamischen Kameraarbeit.

    Zu Beginn kämpfen Snake Eyes und Tommy (Andrew Koji) noch Seite an Seite - aber "G.I. Joe"-Kenner werden wissen, welchen Namen er später einmal annehmen wird...

    Die Martial-Arts-Szenen sind sicherlich nicht bahnbrechend – erst recht nicht, wenn man weiß, was im asiatischen Kampfsportgenre inzwischen sonst noch alles abgeht. Aber für einen westlichen Blockbuster ist das echt in Ordnung – auch dank netter Einfälle wie die Fahrerkabine eines LKW, die von Dutzenden Ninja-Schwertern durchbohrt wird, als würde es sich dabei um den legendären Säbelkasten-Zaubertrick handeln. Die Story um Vertrauen, Verrat und Rache ist zwar nicht neu, aber ebenfalls ausreichend funktionell. Snake Eyes` Origin-Story wird eingebaut, ohne zu sehr zum Selbstzweck zu verkommen – so hat er etwa seinen Namen daher, dass Mr. Augustine damals mit zwei Würfeln das Schicksal seines Vaters ausgewürfelt hat. Gefallen sind zwei Einsen, was im Casino-Sprech Snake Eyes genannt wird.

    Selbst die Fantasy-CGI-Einschübe stören lange nicht – eine Grube mit drei drachengroßen Anakondas ist sogar erstaunlich creepy geraten. Der dazugehörige Jump Scare hat mich jedenfalls volle Kanne erwischt. Aber dann wird das Publikum – nach ziemlich genau der Hälfte der Laufzeit – plötzlich daran erinnert, dass es in einem „G.I. Joe“-Film sitzt: Scarlett (Samara Weaving) und Baroness (Úrsula Corberó) werden derart beliebig und lieblos in den Plot hineingeworfen, dass sich das Gefühl kaum vermeiden lässt, dass die Hasbro-Marketingabteilung den Autoren die beiden ins Skript hineingedrückt hat – und dann sind ihre Auftritte auch noch so betont cool, dass sich natürlich genau der gegenteilige Effekt einstellt: Wir können uns jedenfalls nur schwer vorstellen, dass sich jemand nach „Snake Eyes“ ausgerechnet diese beiden Actionfiguren zulegen will…

    Fazit: Als solider Martial-Arts-Blockbuster mit starkem Hauptdarsteller ist das Spin-off immerhin besser als die beiden Hauptteile der Reihe – für mehr als solides Mittelmaß reicht es aber trotzdem nicht, auch weil die wenig überzeugenden „G.I. Joe“-Verbindungen den Film eher schlechter und nicht besser machen.

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