Besuche im Lichtspielhaus können auch immer schnell zu unfreiwilligen Herausforderungen werden. Wenn die Person im Sitz vor einem bereits zum x-ten Mal das Handydisplay aufleuchten lässt oder die Menschen hinter einem mit ihrem Gespräch den eigentlichen Film übertönen, kann das Blut schon einmal in Wallung geraten. Doch immer öfter werden Vorführungen auch zu regelrechten Happenings – und das kann durchaus zum Filmerleben beitragen. Mir ging es zuletzt beispielsweise so bei „Deadpool & Wolverine“, den ich in einem randvollen Saal voller Marvel-Fans mit Leib und Seele geschaut habe. Diese Euphorie, die sich durch spontane Ausrufe der Freude und Szenenapplaus ausgedrückt wurde, hatte etwas Ansteckendes, das letztlich auch auf mich übergeschwappt ist.
Doch solche Szenarien können auch schnell ausarten – so geschehen bei Vorstellungen von „Ein Minceraft Film“ in den USA. Der Klötzchen-Blockbuster zieht scharenweise junge Leute in die Säle, die das Geschehen auf der Leinwand gnadenlos abfeiern, Sätze mitbrüllen und zum Leidwesen anderer Gäste mit Popcorn um sich werfen. In den Sozialen Medien gehen Videos rum, auf denen zu sehen ist, wie ein Gast ein Huhn (!) in eine Vorstellung mitgebracht hat. Und das Chaoslevel ist während einigen Vorstellungen dermaßen in die Höhe getrieben worden, dass sogar die Polizei gerufen werden musste.
Das sagt Regisseur Jared Hess zu den Chaos-Aktionen im Kino
„Ein Minecraft Film“-Regisseur Jared Hess sieht solche Szenen übrigens sehr entspannt – und freut sich sogar über die ausgelassene Stimmung in den Lichtspielhäusern. Angesprochen auf die chaotischen Szenen und die Meldungen über die Polizeieinsätze hält der Kreativkopf im Gespräch mit Entertainment Weekly fest:
„Es ist schon komisch, wenn man zu viel Spaß hat und die Polizei gerufen wird […] Es ist lustig, weil ich denke, dass es einfach nur buchstäblich Jubel ist und Popcorn geworfen wird, was ich so lustig finde, dass die Polizei wegen Popcorn gerufen wird. Ja, es ist saukomisch. Ich habe schon so viele lustige Videos gesehen. Es ist toll, vor allem, wenn die Leute auf die Schultern ihrer Freunde klettern und aufstehen und diese Momente bejubeln. Es ist wie diese verrückte Vorfreude. Aber ich bin einfach froh, dass die Leute mit ihren Freunden und Familien Erinnerungen schaffen.“
Dabei vergisst der Regisseur jedoch, dass für viele Zuschauer*innen solche ekstatischen Momente durchaus zu einer negativen Kinoerfahrung führen können – und niemand sollte minutenlange Popcornduschen und lebendige Hühner in seiner Vorstellung ertragen müssen. Zumal ein solches Verhalten auch gegenüber dem Kinopersonal überaus respektlos ist, die letztlich die Leidtragenden solcher Chaos-Veranstaltungen sind und den entstandenen Dreck wegräumen müssen.
Und so sehen das auch einige Kinos. Bereits jetzt wird über Spielstätten berichtet, die ihre Besucher*innen mit Schildern darauf aufmerksam machen, dass ein Verhalten, das andere Gäste stören könnte, nicht geduldet wird – und dies zur Folge haben könnte, dass Störer*innen ohne Erstattung ihres Kinotickets den Saal verlassen müssen.
Chaos kann auch Spaß machen
Wie so oft handelt es sich im Fall der ekstatischen „Minecraft“-Fans um ein zweischneidiges Schwert. Schließlich kann (wie eingangs bereits geschrieben) ein euphorisiertes Publikum das Filmerlebnis noch einmal gehörig aufwerten. Das sieht auch Regisseur Jared Hess so: „Wir sind durch unsere Geräte so isoliert worden, und es macht einfach Spaß, Dinge als Gruppe von Menschen zu erleben. Ich glaube, die Menschen hungern nach dieser Erfahrung. Deshalb ist es schön, dass sie es in diesem albernen Film gefunden haben, den wir gemacht haben.“
Dennoch darf der Spaß der einen Partei nicht das Kinoerlebnis einer anderen zerstören, finde ich. Wahrscheinlich ist hier wie so oft gegenseitige Rücksichtnahme gefragt – und ganz ehrlich, wer in „Ein Minecraft Film“ geht, der sollte zumindest ein bisschen Chaos ertragen können. So lange dennoch das Filmerlebnis im Vordergrund steht, sollte das durchaus okay sein.
Übrigens lässt die Videospiel-Verfilmung ihrer Konkurrenz auch weiterhin keine Chance an den Kinokassen. Mehr dazu erfahrt ihr hier:
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