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    Charlotte Rampling: The Look
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Charlotte Rampling: The Look
    Von Ulf Lepelmeier

    Es ist Charlotte Ramplings kühler, markduchdringender Blick, der sie auszeichnet und den von ihr verkörperten Filmfiguren etwas Mysteriös-Unnahbares verleiht. Schon Luchino Visconti ("Tod in Venedig") war fasziniert von diesem Blick und meinte in den Augen der Schauspielerin zu erkennen, dass sie bereits alles auf dieser Welt gesehen hätten. "Charlotte Rampling: The Look" ist ein unkonventionelles dokumentarisches Porträt der charismatischen britischen Darstellerin, deren Karriere in den 1960ern ihren Anfang nahm. Regisseurin Angelina Maccarone ("Fremde Haut", "Vivere") filmt Gespräche von Rampling mit Freunden und Weggefährten und gliedert sie in neun Kapitel, die jeweils einen eigenen thematischen Schwerpunkt erhalten. In den von Filmausschnitten aus Ramplings größten Erfolgen durchzogenen, unverkrampft-ehrlichen Unterredungen über Filmindustrie, Schauspielkunst und die Geheimnisse des Lebens werden dabei Schicht um Schicht die unterschiedlichen Persönlichkeitsfacetten der zum Drehzeitpunkt 65-jährigen Schauspielerin freigelegt.

    Charlotte Rampling stand für Regiegrößen wie Luchino Visconti, Woody Allen ("Stardust Memories"), Sidney Lumet ("The Verdict") und Nagisa Oshima ("Max mon amour") vor der Kamera und ist besonders für die Verkörperung von herausfordernden Charakterrollen bekannt. Mit der Komödie "Georgy Girl" wurde Rampling zunächst in Großbritannien bekannt, der internationale Durchbruch gelang der in England und Frankreich aufgewachsenen Schauspielerin dann im italienischen Kino mit Viscontis "Die Verdammten" und Liliana Cavanis "Der Nachtportier", einer Erzählung über eine sadomasochistische Beziehung eines KZ-Opfers zu ihrem ehemaligen Peiniger, die einen weltweiten Aufschrei der Empörung hervorrief. Charlotte Rampling übernahm immer wieder ähnlich umstrittene Parts - etwa in der gesellschaftskritischen Parabel "Max mon amour". Die Lust an der Provokation zieht sich durch ihre gesamte Karriere bis zu hin zu der Rolle als Sextouristin in Laurent Cantets "In den Süden". Um den eigenen Ansprüchen nicht untreu zu werden, nahm Rampling auch berufliche Durststrecken in Kauf. Erst im neuen Jahrtausend verhalf ihr Regisseur François Ozon mit seinen Filmen "Unter dem Sand" und "Swimming Pool" zu einem fulminanten Kino-Comeback.

    Regisseurin Angelina Maccarone begleitete die Schauspielerin auf Reisen nach Paris, London, New York und Berlin, um an Gesprächen zwischen Rampling und ihren Freunden teilzuhaben. In den jeweils einem übergeordneten Thema gewidmeten Unterhaltungen der Schauspielerin mit Wegbegleitern wie den Fotographen Peter Lindbergh ("Exponiertheit") und Juergen Teller ("Tabu"), dem Autor Paul Auster ("Alter") oder ihrem als Regisseur arbeitenden Sohn Barnaby Southcombe ("Resonanz") entsteht das Bild einer humorvollen und selbstbewussten Frau, die ihre Tätigkeit in besonderem Maße reflektiert. Und so lässt Rampling durch ihre Offenheit aus Maccarones Filmexperiment auch ein Selbstporträt in Worten werden: Im Austausch über Themen wie Schönheit, Liebe oder Tod gibt sie Intimes, Nachdenkliches und Amüsantes über sich, ihre Lebensführung und die Einstellung zu ihrem Beruf preis. So erfahren wir, dass die Darstellerin die Kamera bei ihrer schauspielerischen Arbeit als intimen Freund betrachtet – und erhalten eine kleine Ahnung, wie es ihr mit ihrer mal warmherzigen, mal unbedingte Distanz verlangenden Ausstrahlung gelingt, selbst in kleinen Rollen wie in "Life During Wartime" oder in "Alles, was wir geben mussten" bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

    Fazit: Regisseurin Angelina Maccarone verschafft ihrem Publikum mit einem ungewöhnlichen Porträtfilm unterhaltsame und erhellende Einblicke in die Welt und das Innenleben der Schauspielerin Charlotte Rampling. Sie kommt ihr dabei erstaunlich nahe, ohne sie zu entzaubern - das ist die bemerkenswerteste Qualität ihres gelungenen Werks.

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