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    Kaiserschmarrndrama
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Kaiserschmarrndrama

    Münster kann einpacken! Jetzt kommt Niederkaltenkirchen!

    Von Christoph Petersen

    Qualität spricht sich rum! Auf kaum eine Kino-Reihe trifft diese alte Kaufmannsweisheit so punktgenau zu auf wie die Eberhofer-Krimis nach den Romanen von Rita Falk: Obwohl die ersten drei Teile quasi nur in ihrer bayerischen Heimat für proppenvolle Kinosäle sorgten, konnten „Dampfnudelblues“ (2012), „Winterkartoffelknödel“ (2013) und „Schweinskopf al dente“ (2014) trotzdem jeweils mehr als eine halbe Million Besucher für sich verbuchen. Ein angesichts der lokalen Konzentration herausragendes Ergebnis.

    Aber dann sprach sich der immense Unterhaltungswert der schwarzhumorigen Provinz-Possen nach und nach auch im Rest der Republik rum (woran vor allem die ersten Ausstrahlungen im Free-TV einen maßgeblichen Anteil gehabt haben dürften). Und so explodierten die Besucherzahlen von Fall zu Fall immer weiter: Nach 845.000 Kinozuschauern für „Grießnockerlaffäre“ (2017) wurde mit „Sauerkrautkoma“ (2018) erstmals die magische Millionenmarke durchbrochen und mit 1.260.000 Kinogängern für „Leberkäsjunkie“ (2019) direkt ein neues Rekordergebnis erzielt.

    Auch „Kaiserschmarrndrama“, der bereits siebte Film, hätte da in Anbetracht des immer weiter anwachsenden Eberhofer-Hypes sicherlich noch einen draufgesetzt – zumindest in Corona-freien Zeiten. Aber mehr noch als der anhaltende Erfolg überrascht sowieso die konstante Qualität: Während etwa der Spaßlevel des Münsteraner-„Tatort“-Duos Thiel und Boerne sehr stark von Fall zu Fall schwankt, liefert Eberhofer-Regisseur Ed Herzog nun bereits zum siebten Mal in Folge sauspaßige Krimi-Unterhaltung. Wenn man unbedingt mag, kann man in der B-Note einen Punkt abziehen, weil der (Doppel-)Mordfall diesmal noch stärker als ohnehin üblich in den Hintergrund rückt - aber dem mordsmäßigen Unterhaltungswert tut selbst das keinen Abbruch.

    Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel) ermittelt dieses Mal im Sex-Cam-Milieu.

    Während Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel) die Ermittlungen im Fall eines Webcam-Girls, das auf einem Joggingpfad in der Umgebung von Niederkaltenkirchen erschlagen wurde, gewohnt gemächlich angeht, gibt es in seinem Privatleben gleich mehrere – metaphorische und buchstäbliche – Baustellen, die ihm zunehmend den letzten Nerv rauben: So muss sich der Dorfpolizist etwa um seinen ehemaligen Partner und besten Freund Rudi Birkenberger (Simon Schwarz) kümmern, der nach einem Autounfall im Rollstuhl sitzt, obwohl die Ärzte sagen, dass es nur psychosomatische Gründe hätte, dass er nicht mehr laufen kann.

    Zudem hat Eberhofer in einem schwachen Moment zugestimmt, gemeinsam mit seiner Frau Susi (Lisa Maria Potthoff) und seinem Bruder Leopold (Gerhard Wittmann) ein Doppelhaus auf dem elterlichen Hof zu errichten – eine Entscheidung, die er seitdem in jeder wachen Sekunde bereut. Und dann soll auch noch sein treuer Hund Ludwig eingeschläfert werden – zum Glück erweisen sich die von Papa Eberhofer (Eisi Gulp) mit Marihuana aus eigenem Anbau gefüllten Fleischpflanzerl als wirkungsvolle Schmerztherapie...

    Keine Nervensägen in Niederkaltenkirchen

    Bei den bisherigen Fällen hat sich doch ein beträchtliches Arsenal an skurrilen Dorfbewohnern angesammelt – und fast alle sind nun auch in „Kaiserschmarrndrama“ wieder mit dabei. Dabei fallen zwei Dinge auf: Keine der Figuren nervt, obwohl das bei derartigen Krimi-Karikaturen ja sonst gerne mal der Fall ist – und die meisten von ihnen bekommen einen tatsächlich unterhaltsamen Handlungsstrang spendiert: vom Papa Eberhofer, der selbst gegen den Neubau seiner Söhne sofort eine Anti-Gentrifizierung-Kampagne startet, bis zum Heizungsbauer Ignaz Flötzinger (Daniel Christensen), der durch seine ständigen Seitensprünge dieses Mal mit einer – nicht ganz so hellen – Bikergang mit Tattoo-Fimmel aneinandergerät.

    Dabei scheint der wachsende Erfolg auch für wachsendes Selbstbewusstsein bei den Verantwortlichen zu sorgen – denn gefühlt wird der schwarze Humor von Film zu Film immer noch trockener: Vor allem die Ausraster von Rudi, der gleich zu Beginn eine Nonnen-Krankenschwester mit einem gut gefüllten Urinbeutel bewirft, wären in den ersten Teilen der Reihe wahrscheinlich noch ein oder auch zwei Nummern harmloser ausgefallen. Ebenfalls erfreulich: Natürlich muss die Sexcam-Karriere des ersten Mordopfers für die eine oder andere für Vorabend-Verhältnisse „schlüpfrige“ Pointe herhalten – aber es wird damit weder übertrieben noch gleitet der Humor zu sehr ins Alberne ab.

    Die lustigste Szene des Films! Ein bekiffter Hund schaut planlos, aber glücklich in die Ferne...

    Apropos Mordopfer: Inmitten all der Nebenfiguren und privaten Problemen des Protagonisten bleibt für den eigentlichen Fall in „Kaiserschmarrndrama“ besonders wenig Zeit. Ermittlungen im eigentlichen Sinne gibt es diesmal so gut wie gar nicht – stattdessen stellt sich der Erfolg auf der Zielgeraden fast von selbst ein (Stichwort: Wild-Blitzer). Spannung kommt trotz potenziellem Serienmörder also eher keine auf, worunter der pure Unterhaltungswert allerdings erstaunlich wenig leidet.

    Ein Ende der Reihe ist noch immer nicht abzusehen – der achte Fall „Guglhupfgeschwader“ ist bereits für August 2022 angekündigt. Und selbst danach gibt es noch einige weitere Romane. Vielleicht sollte man sich dann doch irgendwann mal überlegen, ob man nicht ein wenig „ausmistet“ oder zumindest mal die eine oder andere Figur zumindest einen Film aussetzen lässt. Aber noch bekommt Reihen-Mastermind Ed Herzog das alles ja irgendwie gebacken – und ganz ehrlich wüssten wir auch gar nicht, auf welchen der kuriosen Kaltenkirchener wir am ehesten verzichten würden. Dafür sind sie uns alle nach sieben Filmen längst zu sehr ans Herz gewachsen.

    Fazit: Die Eberhofer-Krimis zeigen selbst im siebten Anlauf keinerlei Abnutzungserscheinungen. Auch „Kaiserschmarrndrama“ ist erneut ein immens unterhaltsamer Krimi-Schwank, selbst wenn der Mordfall diesmal ganz besonders knapp und wie nebenbei mit abgehandelt wird.

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