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    Midnight in the Switchgrass - Auf der Spur des Killers
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Midnight in the Switchgrass - Auf der Spur des Killers

    Lustloser Bruce Willis statt zweiter "Zodiac"

    Von Lutz Granert

    Wie nicht nur der packende True-Crime-Thriller „Zodiac – Die Spur des Killers“ von David Fincher beweist, lässt sich aus detailreichen Rekonstruktionen von echten Mordermittlungen ein spannender Filmstoff spinnen. Das hat sich wohl auch Alan Horsnail gedacht, der sich von den Morden von Robert Ben Rhoades zu seinem Filmskript „Midnight In The Switchgrass – Auf der Spur des Killers“ inspirieren ließ. Als „Truck Stop Killer“ verbreitete Rhoades von 1975 bis 1990 im US-Bundesstaat Texas Angst und Schrecken, indem er mindestens drei (aber mutmaßlich bis zu 50) Anhalter und Anhalterinnen, die er zuvor mit seinem Lkw mitnahm, zum Teil wochenlang misshandelte und einsperrte, vergewaltigte und schließlich ermordete. Der Trucker, der die Schlafnische seines Lkw zur Folterkammer umgerüstet hatte, wurde 1994 überführt und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

    Allerdings verarbeitet Horsnail derartig gruselige Details nicht in seinem Drehbuchdebüt, sondern scheint um größtmögliche Verfremdung bemüht: Der Schauplatz wurde in eine andere Zeit und einen anderen Bundesstaat verlegt, eine junge Filmtochter und ein von diesem Fall besessener Polizist hinzugedichtet. Die daraus resultierenden plump eingebauten Genre-Versatzstücke sorgen aber nicht für zusätzliche Spannung oder Verdichtung, sondern tragen eher die Handschrift von Produzent Randall Emmett, der mit „Midnight In The Switchgrass“ sein Regie-Debüt gibt.

    Der ehemalige persönliche Assistent von Mark Wahlberg (und Inspiration für die „Entourage“-Figur Turtle) hat sich auf günstig produzierte Thriller spezialisiert. So dürften auch die Änderungen an der wahren Geschichte des Truck Stop Killers vor allem Kostengründe haben. Und auch in anderer Hinsicht bleibt sich Emmett treu. Setzt er in seinen Produzenten-Arbeiten wie „Survive The Night“ und „Trauma Center“ gerne auf lustlose, für die Vermarktung aber hilfreiche Mini-Auftritte von Bruce Willis, macht er auch als Regisseur keine Anstalten, den einstigen Actionstar für seinen pomadig erzählten Thriller zu motivieren.

    Viel mehr Action als auf diesem Bild bekommt ihr von Bruce Willis nicht.

    2004 wird am Straßenrand in der Nähe von Pensacola in Florida die Leiche einer jungen Prostituierten gefunden. Polizist Byron Crawford (Emile Hirsch) erkennt hier und bei weiteren ungeklärten Morden und Vermisstenfällen in der Gegend ein Schema, welches auf einen Serienkiller schließen lässt. Das bleibt auch vom FBI nicht unbemerkt: Agent Karl Helter (Bruce Willis) und seine Partnerin Rebecca Lombardi (Megan Fox) ermitteln im Fall eines Sexhandelrings, der mit den Mordfällen in Verbindung zu stehen scheint. Als die Tätersuche aus Mangel an Beweisen erfolglos bleibt, soll eine Kontaktanzeige als Falle dienen. Doch dabei landet Rebecca selbst in den Klauen des Killers, der sie in ein abgelegenes, unterirdisches Gefängnis verschleppt...

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    Filmplakate und Heimkino-Cover von „Midnight In The Switchgrass“ werben natürlich mit Bruce Willis, dessen Abbild immer im Vordergrund steht. Wer wegen dem „Stirb langsam“-Star zugreift, geht mal wieder der altbekannten Masche von Randall Emmett auf den Leim, der nicht nur Willis, sondern auch andere Alt-Stars wie Sylvester Stallone („Backtrace“), Al Pacino („88 Minutes“) oder Robert De Niro („Freelancers“) oft günstig für wenige Drehtage ans Set holt, um dann groß mit ihrem Konterfei seinen Film bewerben zu können. Wobei „Tage“ im Zusammenhang mit diesem Thriller sogar euphemistisch ist: Willis hat alle seine Szenen an einem (!) einzigen Tag gedreht – und folglich lassen sich diese an einer Hand abzählen.

    Bruce Willis mal wieder gelangweilt

    Und selbst aus der Mini-Rolle holt er nichts heraus. Als Anzug tragender FBI-Agent agiert er steif und quält sich gelangweilt durch seine wenigen Dialoge, bevor er nach der Hälfte der Laufzeit fast komplett aus dem Film verschwindet – um am Ende für wenige Sekunden und ein wenig charmantes Kompliment („You are the toughest son of a bitch I ever known“) an seine Kollegin Rebecca noch einmal aus dem Nichts aufzutauchen.

    Verkörpert wird diese Rebecca von Megan Fox, die aktuell mit Filmen wie „Rogue Hunter“ und demnächst „The Expendables 4“ wieder sehr präsent im Action-Kino ist, sich aber hier in die Riege von Lustlos-Auftritten bekannter Stars in Emmett-Produktionen einreiht. So verwundert es wenig, dass sich ihre Mimik stranguliert beim Todeskampf und im Dialog mit einem sexistischen Sheriff kaum unterscheidet. Da reicht Emile Hirsch („Into The Wild“) als besessenem Lokalpolizist schon eine stets grimmige Mine zum zähen (Schau-)Spiel, um im Vergleich mit Fox und Willis gut auszusehen. Und wenn es beim Besuch der trauernden Mutter eines Mordopfers sogar kurz zu emotionalen Zwischentönen kommt, ist ihm zumindest ein Bemühen nicht abzusprechen.

    FBI-Agentin Rebecca ermittelt undercover: Megan Fox an der Seite ihres Lebensgefährten Machine Gun Kelly.

    Diese Szene ist übrigens auch einer der wenigen Momente, in denen abseits der oberflächlich bleibenden Einblicke ins Familienleben des seine Tochter hätschelnden Killers zumindest einmal versucht wird, in die Psyche der Figuren vorzudringen. Grundsätzlich dominiert in diesem entschleunigt erzählten Mix aus Drama und Thriller aber die Behäbigkeit, was Randall Emmett mit seiner immerzu auf die Bremse tretenden Inszenierung unterstützt.

    Da nimmt er nicht nur mit dem Genre-bekannten, langwierigen Zuständigkeitsgerangel der Ermittlungsbeamten und Crawfords immer verzweifelteren Ermittlungen etwa in den Personalakten einer Logistikfirma Tempo aus der Erzählung, sondern der bekannte Kostensparer recycelt sich sogar selbst. Völlig unnötig werden in gelb-grün getauchte Flashbacks bereits gezeigter Szenen in die Handlung geschnippelt. Mehrwert hat das nicht. Dass zu Beginn die verschiedenen Handlungsebenen der nebeneinander ermittelnden Gesetzeshüter sowie dem Privatleben des Killers zwischen glücklicher Familie und dem Martyrium der gefangenen Frauen noch recht flüssig zusammengebracht werden, gerät da schnell in Vergessenheit.

    Wiederholung gibt es übrigens nicht nur bei Szenen, sondern auch bei der Musik. „Brothers In Arms“ von den Dire Straits unterlegt in nahezu voller Länge gleich zwei Szenen des Films. Was Mark Knopfler gefühlvoll vorgetragenes Musikstück mit dem Herumirren und dem Todeskampf eines Opfers zu tun hat, erschließt sich nicht. Mehr Subtilität verleiht es dem größtenteils unglaublich hölzernen und erst in der Schlussviertelstunde zumindest ein wenig spannenden Thriller-Drama zumindest nicht.

    Fazit: Hölzern und psychologisch oberflächlich: „Midnight In The Switchgrass – Auf der Spur des Killers“ reiht sich in die Liste der misslungenen Direct-to-DVD-Premieren mit einem lustlosen Bruce Willis ein.

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