Mein Konto
    It's Kind of a Funny Story
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    It's Kind of a Funny Story
    Von Florian Koch

    Irgendwann kommt er wohl bei jedem Komiker - der Moment, da er sein schauspielerisches Talent zeigen will, statt nur rumzublödeln. Bei Jim Carrey („Vergiss mein nicht", „Der Mondmann") war das so, bei Steve Carell („Little Miss Sunshine") auch, und selbst Adam Sandler hat sich im anspruchsvolleren Fach mit „Punch-drunk love" und „Die Liebe in mir " nicht schlecht geschlagen. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis der schwer angesagte Spaßvogel Zach Galifianakis („Hangover", „Stichtag") einen ähnlichen Karrierepfad einschlagen würde. Die US-Indie-Lieblinge Anna Boden und Ryan Fleck („Half Nelson") gaben dem passionierten Vollbartträger in der Tragikomödie „It's Kind of a Funny Story" eine dementsprechende Aufgabe: Der Comedian muss einen fragilen Selbstmordkandidaten aus der seelischen Schräglage locken und mit Humor zurück ins Leben führen, ohne die Figur darüber lächerlich zu machen.

    Eigentlich müsste Craig (Keir Gilchrist) mit seinem Leben zufrieden sein. Der 16-Jährige ist gesund, hat Freunde, lebt in einer intakten Familie und geht an eine renommierte Privatschule. Und dennoch stimmt etwas nicht mit ihm. Craig plagen seit einiger Zeit Selbstmordgedanken. Diese werden so konkret, dass er sich freiwillig in eine Brooklyner Nervenheilanstalt einweisen lässt. Dort stellt man ihn fünf Tage unter Beobachtung – allerdings in der Erwachsenenstation, denn die Abteilung für Jugendliche wird gerade renoviert. Zwischen den schwer gestörten Mitpatienten fühlt sich Craig völlig fehl am Platz, bis er die Bekanntschaft mit dem sympathischen Bobby (Zach Galifianakis) macht. Der Spaßvogel nimmt den Jungen unter seine Fittiche. Doch Bobby verschweigt Craig seine eigenen Probleme, die plötzlich in aller Heftigkeit zum Vorschein kommen...

    Wer sich filmisch mit den Verhältnissen in Nervenheilanstalten auseinandersetzt, hat mit „Einer flog über´s Kuckucksnest"-Vergleichen zu rechnen. Milos Formans unvergesslicher und mit fünf Oscars ausgezeichneter Klassiker prangerte 1975 die unmenschlichen Zustände in psychiatrischen Kliniken an. Sinnbild dafür wurde Schwester Ratched (Louise Fletcher), die sich mit dem rebellischen McMurphy (Jack Nicholson) heftige Verbal-Gefechte lieferte. Von dieser Schärfe ist, ganz dem Titel gemäß, nichts in „It's Kind of a Funny Story". Zwar hält auch hier ein spleeniges Typenensemble vom bettlägerigen Ägypter bis zum drogenumnebelten orthodoxen Juden zusammen, aber eine Antagonistin wie Ratched sieht das auf dem semi-autobiographischen Roman von Ned Vizzini basierende Drehbuch von Ryan Fleck und Anna Boden nicht vor.

    Die Nervenheilanstalt-Leiterin Dr. Eden Minerva (Viola Davis) wirkt sogar fast wie ein glatter Gegenentwurf zu Ratched. Sie ist eine verständnisvolle Ärztin, die mit warmen Worten Zuversicht verbreitet. Da „It's Kind of a Funny Story" wenige Spannungselemente enthält und vom Regieduo Fleck/Boden ganz frei in Tagesepisoden ohne große Höhepunkte erzählt wird, liegt es an den Schauspielern, das Interesse am Stoff hochzuhalten. Besonders Galifianakis ist es zu verdanken, dass der für das Thema erstaunlich leichtfüßig inszenierte Film nie in gut gemeinte Belanglosigkeiten versinkt. Ihm gelingt es, sowohl die unterschwelligen Aggressionen und die große Traurigkeit seiner Figur darzustellen, als auch immer wieder komödiantisch durchzustarten. Ein Highlight kommt mit einer Szene, in der er Craig helfen will, ein Date zu arrangieren – und dafür in die Rolle des Mädchens schlüpft.

    Bei soviel Spielfreude fällt es Gilchrist sichtlich schwer mitzuhalten. Lange Zeit bleibt sein Craig ein teilnahmsloser Beobachter. Erst in seinen Träumen blüht er auf, die mit farbenprächtigen, kreativen Animationssequenzen visualisiert werden. Die Leb- und Ziellosigkeit des Ich-Erzählers Craig ist freilich so intendiert, um seine Wandlung zu einem jungen Mann, der sich dem Alltagsdruck und seinen Ängsten stellt, besser herauszuarbeiten. Craigs Entwicklung wirkt jedoch ein wenig forciert, gerade wenn gegen Ende sein von Zoe Kravitz gespielter Schwarm aus der Schulzeit in der Klinik auftaucht und den Jungen gleich verführen will. Diese Übertreibungen, die in einer Queen-Hommage-Musikszene mit „Under Pressure" gipfeln, schaden dem anrührenden Film.

    „It's Kind of a Funny Story" ist primär eine Talentprobe für „Hangover"-Star Zach Galifianakis. Und die besteht er mit Bravour. Dem schwierigen Suizidthema geht der Indie-Film mit seinen Freeze-Effekten und Traumszenen jedoch aus dem Weg. Stattdessen zeichnet er ein phasenweise arg geschöntes Bild vom Patientenleben in Nervenheilanstalten. Die Aussage, dass man als Jugendlicher vor lauter Alltagsstress und Druck in der Familie und in der Schule manchmal zu zerbrechen droht, und erst in der Konfrontation mit wirklichen Problemen zu sich selbst findet und den Wert des Lebens zu schätzen weiß, ist ein wenig plakativ. Damit identifizieren können sich dennoch sicher viele Heranwachsende. Und das ist ja schon mal was!

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top