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    Shaun das Schaf 2: UFO-Alarm
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Shaun das Schaf 2: UFO-Alarm

    Endlich wieder Knetmasse!

    Von Oliver Kube

    Was würde eigentlich passieren, wenn ein außerirdisches Raumschiff auf unserem Planeten bruchlandet, die Aliens aber zur Abwechslung mal nicht zuerst auf einen verträumten kleinen Jungen (wie in „E.T. – Der Außerirdische“), ein kinderloses Farmer-Ehepaar („Man Of Steel“, „Brightburn“) oder das in der Regel sofort aggressiv reagierende US-Militär („Independence Day“, „Mars Attacks“) treffen? Denn auch wenn Hollywood das gelegentlich zu vergessen scheint, gibt es ja auch noch andere Erdenbewohner als nur Menschen (mit US-Pass). Was wenn das kaputte Ufo in einem menschenleeren Winkel der Serengeti crasht und die kleinen grauen Männchen beim Aussteigen aus ihrem Gefährt plötzlich einem Rudel Löwen gegenüberstehen? Oder in der Antarktis tausenden von Pinguinen? Oder am abgelegensten Ende Großbritanniens auf ein paar vorlaute Schafe?

    Shaun das Schaf 2: UFO-Alarm“, inszeniert von den Regie-Debütanten Richard Phelan und Will Becher, liefert nun die erwartet freche und turbulente Antwort, wie ein solches Schaf-Szenario wohl aussehen könnte. Die mit Stop-Motion-Technik und Knetmasse-Figuren animierte, (fast) komplett dialogfreie Familienkomödie ist die erste Kino-Fortsetzung, die das „Wallace & Gromit“-Studio Aardman Animations („Chicken Run“, „Die Piraten“, „Early Man“) jemals produziert hat. Und das ist ja auch nur logisch, schließlich hat der herausragende erste Teil „Shaun das Schaf – Der Film“ (4,5 Sterne von FILMSTARTS) vor vier Jahren allein in Deutschland fast zwei Millionen Shaun-Fans (und ihre ebenfalls vor Lachen unter den Stühlen liegenden Eltern) in die Kinos gelockt.

    Das kleine Alien-Mädchen La-Lu würde gerne wieder auf ihren Heimatplaneten zurückkehren…

    Eines Nachts blinken plötzlich seltsame Lichter am Himmel über dem sonst so verschlafenen Mossingham. Die Aufregung unter der menschlichen wie tierischen Bevölkerung ist groß, als sich herausstellt, dass auf dem Acker hinter der Mossy Bottom Farm offenbar ein UFO gecrasht ist. An Bord befindet sich auch ein Alien-Mädchen mit besonderen Kräften. Das vorwitzige Schaf Shaun wittert deshalb seine Chance, mit Hilfe des Ankömmlings aus dem All noch mehr Schabernack mit deb unbedarften Zweibeiner treiben zu können. Die abenteuerlustige Lu-La hilft gern dabei. Allerdings können die Scherze sie nicht lange vom mächtig quälenden Heimweh ablenken. Schließlich ist sie nicht unbedingt freiwillig auf unseren Planeten gekommen. Bald merkt das ungleiche Duo, dass es sich damit beeilen muss, Lu-Las leicht zerdeppertes Raumschiff wieder flott zu bekommen. Denn ein Haufen finster-aggressiver Regierungsbeamter schnüffelt bereits in der Umgebung des Hofes herum und plant offenbar nichts Gutes mit der kleinen Außerirdischen…

    In den ersten Szenen sieht es ganz so aus, als habe sich auf der Mossy Bottom Farm seit unserem letzten Besuch nicht viel getan. Während der Farmer die meiste Zeit teetrinkend vor dem TV-Gerät hockt, glaubt Schäferhund Bitzer weiterhin, der Chef zu sein und die Schafe von morgens bis abends herumkommandieren zu können. Was Shaun natürlich nicht daran hindert, erneut jede Menge Unfug zu treiben. Die mit viel Liebe zu den Figuren und erstaunlichem Tempo in Szene gesetzten Slapstick-Einlagen, in denen der Titelheld und der Köter zu Beginn immer wieder versuchen, sich gegenseitig auszutricksen, zählen zu den Highlights des Sequels. Der Einstieg erinnert noch mehr an „Tom & Jerry“ als der erste Teil (oder eben an die deutlich kürzeren Segmente der TV-Serie, auf der beide Kinofilme basieren). Dankenswerterweise sind die Kontrahenten hier aber weder so brutal noch so bösartig zueinander wie ihre Vorbilder von William Hanna und Joseph Barbera. Shaun und Bitzer sind nämlich nicht nur dann Verbündete, wenn es um die Abwendung außerhöfischer Gefahren geht. Selbst kleine Zuschauer werden an ihrem Verhalten schnell bemerken, dass sie im Grunde dicke Kumpels sind, die sich im Stall-Alltag allerdings schon mal gewaltig auf den Wecker gehen können.

    Auf den Spuren von Spielberg und Kubrick

    Im Verlauf der Geschichte bekommen auch die restlichen Herdenmitglieder wie die Zwillinge, der exzentrische Nuts, Lämmchen Timmy oder die noch pummeliger gewordene Shirley immer wieder kleine, individuelle Glanzlichter, mit denen sie das Publikum zum Lachen bringen. Jeder dieser Momente wirkt organisch und nicht einfach nur reingezwängt, um wirklich alle beliebten Figuren irgendwie unterzubringen. Etwas weniger gelungen sind hingegen die zahlreichen Zitate an das Sci-Fi-Kino, so erinnert etwa die Geheimdienst-Truppe nicht von ungefähr an die „Men In Black“. Derlei Persiflagen hat es in den letzten Jahrzehnten aber wirklich schon zur Genüge gegeben. Da hätte man sich gern etwas Originelleres für die Antagonisten in dieser klar an Steven Spielbergs „E.T. - Der Außerirdische“ angelehnten Story einfallen lassen dürfen.

    Auch die mal visuellen, mal musikalischen Anspielungen auf Sci-Fi-Klassiker wie Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“, „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ oder die Kult-Serie „Akte X - Die unheimlichen Fälle des FBI“ sind allzu offensichtlich untergebracht. Der etwas geschultere Zuschauer sieht jede von ihnen meilenweit kommen, während die Kids ja ohnehin nicht wissen, wo da gerade die Pointe steckt. So ist das Ergebnis im Höchstfall ein müdes Grinsen. Da machen eine köstlich-alberne Szene mit Shaun und Lu-La, die im Supermarkt reichlich Schabernack treiben, oder die Aktivitäten des Farmers, der auf dummdreiste Art versucht, aus dem schnell um sich greifenden UFO-Fieber so viel Kapital wie möglich zu schlagen, schon sehr viel mehr Spaß. Hier konzentriert sich Aardman auf seine eigentlichen Stärken, nämlich einen clever-trockenen, wunderbar britischen Humor. Sci-Fi-Parodien hingegen können eben auch viele andere (und das zum Teil sogar besser).

    … und das ist Shaun natürlich genau das richtige Schaf, um ihr dabei zu helfen!

    Dazu gibt es – speziell in der zweiten Hälfte – einige kleine Durchhänger. Dem Sequel gehen insgesamt die Frische und der kreative Enthusiasmus des Vorgängers ein wenig ab. Das soll aber nicht heißen, dass „Shaun das Schaf 2: UFO-Alarm“ eine glatte Enttäuschung wäre. Wer hier mit seinem Nachwuchs oder auch als erwachsener Animations-Fan ohne Anhang ins Kino geht, macht ganz sicher keinen Fehler. Dafür sorgen neben der brillanten technischen, herrlich detailverliebten und schön atmosphärischen Umsetzung schon der flotte, umwerfend witzige Start und das stimmige, für nah am Wasser gebaute Fans jeden Alters dazu noch schwer ans Herz gehende Finale. Die wunderbare, natürlich wieder wortlos funktionierende Chemie zwischen Shaun und der mit ein paar überraschenden Alien-Superkräften ausgestatteten, liebenswert naiven Lu-La, die sich erstaunlich schnell wie eine echte Freundschaft anfühlt, trägt ebenfalls viel zum hohen Sympathiefaktor des Films bei.

    Fazit: Das zweite Kino-Abenteuer des vorwitzigen Bauernhof-Helden fällt im Vergleich zum grandiosen Vorgänger zwar etwas holpriger aus, trotzdem werden junge wie ältere Shaun-Fans auch diesmal wieder eine Menge Spaß im Kino haben. Gegen einen dritten „Shaun“-Film hätten wir jedenfalls absolut nichts einzuwenden.

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