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    Transformers 5: The Last Knight
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Transformers 5: The Last Knight
    Von Carsten Baumgardt

    Mit Kritik muss Krawallfilmer Michael Bay seit Beginn seiner unglaublich erfolgreichen Karriere leben. Doch so heftig wie zuletzt bei der seelenlosen Materialschlacht von „Transformers: Ära des Untergangs“ (2014) fiel sie höchstens noch bei dem vom Drehbuchstreik Hollywoods zusätzlich gebeutelten „Transformers: Die Rache“ (2009) aus. Einen selbstbewussten Erfolgsmenschen wie Mr. Bay kratzt das zwar grundsätzlich nicht im Geringsten, solange der Rubel rollt, aber offenbar hat er zumindest mal kurz auf die Liste der Mängel im vierten Kapitel des Franchise geschielt. Denn der fünfte Teil der Science-Fiction-Action-Reihe ist nun wieder wesentlich griffiger und launiger als sein direkter Vorgänger: „Transformers: The Last Knight“ ist ein erzählerisch unsinniger vogelwilder Wahnsinnsritt. Hier wird die Artus-Sage mit Aliens gekreuzt, Franchise-Liebling Bumblebee auf die Nazis gehetzt und ein altmodisches U-Boot aus Jules Vernes Zeiten aus dem Hut gezaubert. Zuweilen kommt „Indiana Jones“-Feeling auf, während die Weltraumschlachten an „Star Wars“ erinnern. Alles ist möglich, aber kaum etwas ergibt einen Sinn: ein kühner, im IMAX-Format gefilmter Bumm-Bumm-3D-Actioner mit spektakulären Schauwerten und erstaunlich viel Herz – und letzteres ist genau das, was dem Vorgängerfilm völlig abging!

    Während eine weltweite Staatenallianz die paramilitärische Transformers Reaction Force (TRF) schickt, um alle auf der Erde verbliebenen Transformers zu jagen, hat sich Autobots-Anführer Optimus Prime (Stimme im Original: Peter Cullen) nach der Schlacht mit Lockdown ins All verabschiedet und sein Gefolge zum Schutz von Cade Yeager (Mark Wahlberg) und seiner Familie abkommandiert. Der Mechaniker und Erfinder ist in der Provinz von South Dakota abgetaucht und betreibt dort undercover eine Mischung aus Schrottplatz und Werkstatt. Um seine zerstörte Heimatwelt Cybertron wiederaufbauen zu können, benötigt Optimus, der zunächst unter dem Einfluss der bösen Zauberin Quintessa (Stimme: Gemma Chan) steht, unterdessen ein 1600 Jahre altes Stab-Artefakt aus der Zeit von König Artus, das sich in Merlins Grab befinden soll. Eine vergleichbare Magie geht von einem Medaillon aus, das seinen Weg wie von selbst zum letzten Ritter findet: Cade Yeager. Der soll den Frieden zwischen Menschen und Maschinen wiederherstellen, doch wird erst einmal im Auftrag des britischen Lords Sir Edmund Burton (Anthony Hopkins) nach England entführt. Der Astronom und Historiker überzeugt Yeager, mit ihm, Bumblebee und der smarten Geschichtsprofessorin Vivien Wembley (Laura Haddock) eine Allianz zu bilden, um das drohende Ende der Menschheit abzuwenden. Dafür brauchen sie allerdings den erwähnten sagenumwobenen Stab, hinter dem neben Optimus auch noch dessen Erzfeind, der Bösewicht und Decepticons-Boss Megatron (Stimme: Frank Welker), her ist.

    Kultfilmer Guy Ritchie („Bube, Dame, König, grAs“) erlitt jüngst mit seinem 175 Millionen Dollar teuren „King Arthur: Legend Of The Sword“ schwersten Schiffbruch am Box Office und legte den schlimmsten Blockbuster-Flop der ersten Jahreshälfte 2017 hin. Trotzdem steht der unverwüstliche König Artus nun schon wieder auf der Matte und dieses Mal wird er die Kinokassen zumindest in der weltweiten Abrechnung zum Beben bringen. Denn Michael Bay, der schon 2004 starke Ambitionen hatte, „King Arthur“ in Szene zu setzen (was dann Antoine Fuqua übernahm), aber aus Budgetgründen passte, übernimmt wichtige Elemente der Sage ganz einfach in sein „Transformers“-Universum! Was die Autoren Matt Holloway, Art Marcum (beide „Iron Man“) und Ken Nolan („Black Hawk Down“) sich da mit „King Arthur: Legend Of The Sword“-Produzent Akiva Goldsman („I Am Legend“) zusammengereimt haben, ist ziemlich verrückt, aber mit dem Mittelalter-Fantasy-Touch sorgen sie letztlich auch für die dringend benötigte Frischzellenkur, die dem Franchise den Spaß zurückbringt.

    Schon im Prolog wird das atemberaubende König-Artus-Setting mit den zwölf Rittern der Tafelrunde kurz eingeführt, trotzdem ist der Rest des ersten Drittels der schwächste Teil und wirkt manchmal regelrecht kindisch. Erst mit der Ankunft von Anthony Hopkins‘ kuriosem Lord schaltet Michael Bay „Transformers: The Last Knight“ vom Standgas in den Overdrive. Alles was bis dahin nahtlos an den enttäuschenden Vorgängerfilm anzuknüpfen schien, wird plötzlich gleichsam lebendig, mit einem Mal finden die grandiosen Schauwerte dieser zu 98 Prozent mit IMAX-Kameras gedrehten 217-Millionen-Dollar-Produktion mit der zwar komplett wüsten, aber doch emotionalen Story zusammen und bilden eine Einheit. Bay lässt den unbeholfenen Kitsch des Auftakts, wo noch kurz das Verschwinden von Cade Yeagers Tochter Tessa (Nicola Peltz taucht im Film nicht auf) erklärt werden muss, hinter sich und das für ihn so typische Pathos bekommt bisweilen sogar einen leicht satirischen Touch. Wenn Mark Wahlberg („Boston“, „Deepwater Horizon“) bei seinem zweiten (und wohl letzten) „Transformers“-Einsatz die snobistische Geschichtsprofessorin Vivien Wembley (sie spielt in einer Liga mit Denise Richards als Raketenforscherin [!] Dr. Christmas Jones in „James Bond 007 - Die Welt ist nicht genug“) nach anfänglicher Abneigung mit seinem beiläufig zur Schau gestellten Waschbrettbauch von sich überzeugt, setzt der Regisseur seinen männlichen Star so aufdringlich in Szene, wie er das bisher nur mit seinen Darstellerinnen gemacht hat.

    Während Laura Haddock („Guardians Of The Galaxy“-Filme) als Megan Fox der dritten Generation mit ihrem betont starken britischen Akzent einen Hauch von Ironie durchscheinen lässt, agiert Wahlberg als moderner Daniel Düsentrieb aus dem Volk bodenständiger und kommt dabei sympathischer rüber als im Vorgängerwerk. Anthony Hopkins („Westworld“) wiederum zieht mit seiner Figur des hyperaktiven philanthropischen Lords - inklusive seines lustig-soziopathischen Robo-Butlers Cogman (Stimme: Jim Carter) wirklich alle Register des Durchgeknallten. Nur ein Schauspieler von Hopkins‘ Format kann einer solchen Witzfigur, die innerhalb des Science-Fiction-Settings einen wandelnden Anachronismus darstellt, Würde und Charme verleihen.

    Der kühn-irre Mix aus mittelalterlicher Saga, englischer Landsitz-Romantik, und einer abenteuerlichen Stimmung, in der sich sowohl Jules Verne als auch Indiana Jones wohlfühlen würden, hat etwas ganz Eigenes und wer sich auf ihn einlassen mag, wird sich prächtig unterhalten können. Auch die Balance zwischen Menschen und Robotern bekommt Michael Bay bei „Transformers: The Last Knight“ besser hin als zuletzt. Die Maschinen erhalten hier nun nicht nur wieder mehr Leinwandzeit, sondern auch eine Extradosis Emotionen. Und wenn der Regisseur dann irgendwann auch noch Raumschlachten wie in den „Star Wars“-Filmen auffährt, ist das in diesem gigantomanischen Spektakel nicht der Overkill, sondern einfach nur konsequent gaga, wovon schon der Anfang mit Trunkenbold-Zauberer Merlin, der seine Macht nicht etwa seinen magischen Fähigkeiten verdankt, sondern der Transformers-Technologie, eine Ahnung vermittelt.

    Übertreibung ist für Michael Bay so etwas wie ein Lebensmotto. Aber während er mit den unsinningen Plotwucherungen und den wie immer ausufernden Verfolgungsjagden und Mensch-gegen-Maschine-Kämpfen ins Schwarze trifft, sind einige der überzeichneten Nebenfiguren wirklich zu viel des Guten: Für das erste Drittel bekommt Cade Yeager mit der 14-jährigen Izabella (Isabela Moner), eine aufdringlich streetsmarte Waise als recht überflüssigen Jugend-Sidekick an die Seite gestellt, der im England-Teil dann durch Laura Haddocks Professorin ersetzt wird (Izabella verschwindet einstweilen fast komplett aus der Erzählung). Und während Josh Duhamel („CHiPS“) als Lieutenant Colonel Lennox, der jetzt für die Transformers Reaction Force (TRF) arbeitet und dort Robos jagt, noch einigermaßen sinnvoll in das ganze Chaos integriert ist, irrlichtert ein aufgedrehter Franchise-Rückkehrer John Turturro („The Night Of“) als Agent Simmons ohne echten Kontakt zur tatsächlichen Handlung durch den Film.

    Fazit: Das Muster setzt sich fort: Die „Transformers“-Filme mit den ungeraden Nummern sind die besseren! Mit seinem fünften und vermeintlich letzten Film der Reihe legt Regisseur Michael Bay eine bombastische Extravaganz vor. „Transformers: The Last Knight“ macht mit seiner kühnen Kreuzung von König-Artus-Sage und Sci-Fi-Action-Kirmes ab dem zweiten Drittel überraschend viel Spaß.

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