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    Knight And Day
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Knight And Day
    Von Carsten Baumgardt

    2005 war Tom Cruise auf dem Höhepunkt seiner kommerziellen Strahlkraft angekommen. Mit „Krieg der Welten" hatte der Superstar gerade seinen sechsten Film der Dekade zu einem Top-Hit gemacht, der in den USA mehr als 100 Millionen Dollar einspielen konnte. Dennoch kann das Jahr auch als negativer Wendepunkt in seiner Karriere angesehen werden, denn sein legendärer Hampelmann-Auftritt in der Talkshow von Oprah Winfrey, wo er grotesk seine Liebe zu Katie Holmes beschwor, bildete den Auftakt zu seiner Serie von bizarren öffentlichen Auftritten, die der Kompetenz des Vorzeige-Scientologen als glorreicher Leinwand-Weltenretter nachhaltig schadeten. Das Selbstverständnis, dass jeder große Cruise-Film ein monströser Erfolg werden muss, ist dahin. Mit James Mangolds „Knight And Day" wollte der New Yorker nun zurück in die Spur finden. An den US-Kinokassen klappte das allerdings nicht, obwohl die romantische Action-Komödie eigentlich wie gemacht scheint für ein Cruise-Comeback.

    Manchmal verändern flüchtige Begegnungen das ganze Leben. Doch das ahnt June Havens (Cameron Diaz) noch nicht, als sie auf dem Flughafen von Wichita, Kansas von Roy Miller (Tom Cruise) versehentlich gleich zwei Mal über den Haufen gerannt wird. Die beiden flirten, June ist ganz angetan von dem charmanten Kerl, doch wenig später gleicht das Flugzeug plötzlich einem Geisterschiff. Als June kurz austreten war, hatte Roy ein gutes Dutzend Mitpassagiere sowie die beiden Piloten ausgeschaltet. Danach crasht Roy die Maschine in ein Maisfeld und gibt June noch ein paar Überlebenstipps mit auf den Weg: Nicht in Autos von vermeintlichen Regierungsagenten einsteigen! Das würde ihren sicheren Tod bedeuten... Und es dauert nicht lange, da taucht Agent Fitzgerald (Peter Sarsgaard) mit seinem Team auf und bittet June zu einer Ausfahrt. Aber Roy schlägt dazwischen und rettet June aus den Fängen der Beamten. Eine Hetzjagd rund um den Globus beginnt...

    Drei Wünsche auf einmal, das bieten sonst eigentlich nur Ü-Eier: Hollywood sieht das anders und versucht zurzeit auf Teufel-komm-raus die Zutaten Romantik, Humor und Action zu mixen, die in der Welt des Films oft nur schwer zueinander finden. Die gute Nachricht: Tom Cruise und Cameron Diaz haben im direkten Vergleich zu den Duos Gerard Butler/Jennifer Aniston („Der Kautions-Cop") und Ashton Kutcher/Katherine Heigl („Kiss & Kill") klar die Nase vorn - bis ins letzte Detail überzeugend ist James Mangolds Starvehikel dennoch nicht. Aber mit „Knight And Day" kommt Hollywood der richtigen Mixtur zumindest ein gutes Stück näher.

    Das schwerste Päckchen, das „Knight And Day" zu tragen hat, ist das Drehbuch von Patrick O'Neill. Die Geschichte serviert einen Gaga-Moment nach dem anderen und hebt so unverhohlen ab, dass man hinter jeder Ecke den allwissenden Webstuhl aus Timur Bekmambetovs Action-No-Brainer „Wanted" erwartet, der die Fäden zieht und hinter allem steckt. Voraussetzung, um mit „Knight And Day" seinen Spaß zu haben, ist deshalb das völlige Ausschalten des Plausibilitätsbereichs im Großhirn. Ist dieser Teil allerdings erst einmal vorsorglich ausgeknipst, macht „Knight And Day" schon allerhand Spaß, vor allem weil Tom Cruise die hemmungslos überzogene Statur eines Superduper-Geheimagenten nicht nur mit vollem Körpereinsatz ausfüllt, sondern seiner Performance auch ein ungewohntes Maß an Ironie gönnt. Er rennt, schießt, hechtet und fightet, als gäb's kein Morgen mehr. So sucht er irgendwo zwischen Jason Bourne, James Bond und Ethan „Mission: Impossible" Hunt seinen Platz. Cruise will beweisen, dass er die Weltenrettung doch noch drauf hat. Die Chemie mit Leinwandpartnerin Cameron Diaz (die zweite Zusammenarbeit der beiden nach „Vanilla Sky") funktioniert ganz gut. Die Sprüche gehen zumeist auf Cruises Konto, aber als Anhängsel, das in rasanten Verfolgungsjagden um den halben Erdball gehetzt wird, schlägt sich Diaz trotzdem wacker.

    Der Rest des Ensembles kann sich nicht weiter ins Gedächtnis spielen. Peter Sarsgaard („Garden State", „Machtlos") wird von seiner durchsichtigen Figur limitiert und Paul Dano (grandios in „There Will Be Blood") dient als Erfinder-Geek eher als Staffage - denn ein Tom Cruise erlaubt keine Leinwandgötter neben sich, allenfalls eine Co-Göttin, sprich Cameron Diaz, die dann ihn und seinen Waschbrettbauch ausgiebig bewundern darf. „Knight And Day" konzentriert sich voll und ganz auf sein Hauptdarstellerdoppel.

    Was dem Film Sympathiewerte einbringt, ist seine ausgiebig zelebrierte Hommage anAlfred Hitchcocks „Der unsichtbare Dritte", der an mehreren Stellen ungeniert zitiert wird. Das reicht von einer Flugzeug-im-Feld-Szene bis zum Charakter von Cameron Diaz, die als klassische Unwissende in den Verfolgungswirbel von FBI, CIA und einem Waffenhändlerring gerät und kaum weiß, wem sie wirklich trauen kann. An dieser Stelle schlägt aber die Krücke Romantik auf den Film ein. Regisseur James Mangold hält zwar Tom Cruises Geheimagenten Roy Miller (nicht zu verwechseln mit dem von Matt Damon gespielten gleichnamigen Charakter aus „Green Zone") und dessen moralischen Aggregatzustand immer in der Schwebe. Doch der Traumpaaraspekt wiederum lässt nur eine Antwort auf die Frage nach Millers wahren Absichten zu.

    Eine weitere Referenz an Hitchcock liefert James Mangold („Walk the Line", „Todeszug nach Yuma", „Cop Land") mit dem Einbau eines klassischen MacGuffins, den der Meister so geprägt hat. Das zehn Zentimeter große Batterie-Dingsbums, das die Energieversorgung der Erde revolutionieren soll, dient als Triebfeder, die Protagonisten von einem Schauplatz zum nächsten zu jagen, um ein Maximum an Schauwerten einzufangen. Ansonsten bleibt die ominöse Erfindung sehr abstrakt und ein reines Mittel zum Zweck, um die Handlung voranzutreiben. Damit nicht genug des Zitierens: Anstatt über die Dächer von Nizza zu hüpfen, müssen diesmal die Salzburgs für eine Verfolgungsjagd herhalten.

    Fazit: Der locker-ironische Score von John Powell suggeriert es gleich von der ersten Minute an: Bitte nicht alles so bierernst nehmen. Diesem Credo folgt James Mangold in seinem Romantik-Action-Spionage-Komödien-Gemisch konsequent und bietet so ein hochoktaniges, absurdes Spektakel mit einem gut aufgelegten Starduo, rasanten Verfolgungsjagden und dem Anspruch ans Publikum, das alles bitte nicht allzu genau zu hinterfragen...

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