Mein Konto
    Der Nachname
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Der Nachname

    Adolf geht gar nicht! Aber was ist mit König?

    Von Karin Jirsak

    Was macht man, wenn man eine Hit-Komödie hat, die man der Marktlogik folgend eigentlich unbedingt fortsetzen müsste, die aber auf einem französischen Theaterstück basiert, zu dem es nun mal kein Sequel gibt? Ganz einfach: Man denkt sich eben selber etwas aus! So hat Drehbuchautor Claudius Pläging die Grundidee des Komödien-Kammerspiels „Der Vorname“ (ca. 1,2 Mio. Kinobesucher in Deutschland) nun ein wenig variiert und den prominenten Cast des Originals an einen sonnigen Ort mit hohen Schauwerten verfrachtet – wenn der Stoff schon nicht mehr auf einer Theaterbühne aufgeführt werden muss, dann kann man auch gleich in die sonnigen Vollen gehen.

    Während es im Vorgänger von 2018 noch vordergründig um die Frage ging, ob man ein Kind heutzutage noch Adolf nennen darf oder nicht, gestaltet sich die titelgebende Namensfrage in der Fortsetzung nun weniger politisch als privat: „Eingeschlossene Gesellschaft“-Regisseur Sönke Wortmann liefert mit „Der Nachname“ eine zwar etwas formelhafte, aber dabei durchaus unterhaltsame Diskussion deutscher „Familienprobleme“ – in den Nuancen bissig bis albern.

    Wenn sich die Familie schon bei einer normalen Familienfeier wie in „Der Nachname“ in die Haare kriegt – wie soll es da erst in einem gemeinsamen Familienurlaub werden?

    Dorothea (Iris Berben) hat ihre (vermeintlich) erwachsenen Kinder Elisabeth (Caroline Peters) und Thomas (Florian David Fitz) und deren Partner Stephan (Christoph Maria Herbst) und Anna (Janina Uhse) auf die Familien-Finca nach Lanzarote eingeladen. Von entspannter Urlaubsstimmung kann trotz traumhafter Aussicht aber keine Rede sein. Noch immer hat vor allem Thomas nicht verdaut, dass ausgerechnet Familienfreund René (Justus von Dohnányi) nun die Rolle seines Stiefvaters einnehmen soll. Und warum zum Teufel darf Thomas sein altes Zimmer nicht mehr betreten, das nun René als sein „Refugium“ in Anspruch nimmt? Dieses und viele andere Geheimnisse werden an diesem Familienwochenende noch gelüftet werden…

    Im Gegensatz zum Vornamen „Adolf“ ist der Nachname, um den es hier geht, an sich weder anstößig noch ungewöhnlich, lautet er doch schlicht „König“. Aber wie René, der Träger dieses Nachnamens, schon so trefflich „Der Vorname“ feststellte: „Der Name war doch nur ein Aufhänger, um zu sehen, wer von euch den jeweils anderen mit seinen Argumenten zuerst auf die Palme bringt.“ Und genauso verhält es sich auch in der Fortsetzung: Von einigen interessanten Gedanken über die Bedeutung des Nachnamens an sich, etwa in Bezug auf Identität und Geschlechter-Machtverhältnisse, kommt die streitlustige Sippe dann doch sehr viel schneller als im Vorgänger zu dem Punkt, an dem es nur noch darum geht, sich in allen denkbaren Konstellationen mal so richtig die Meinung zu geigen.

    Ein Geheimnis nach dem anderen

    Eigentlich spannende Themen wie alternative Lebensentwürfe und Besitzansprüche in (jeglichen) Beziehungen dienen dabei meist nur als Stichworte, um all den Familienfrust aufzuarbeiten, der sich über die Jahre nun mal so angestaut hat. Um diese Verdauungsvorgänge mit Spannung aufzuladen, entscheidet sich Sönke Wortmann für eine Erzählstruktur, die im Wesentlichen darin besteht, alle paar Minuten ein neues unbequemes Mysterium zu lüften. Diese Geheimnisse werden einander dann so lange um die Ohren gehauen, bis alle Karten auf dem Tisch liegen – und dann kommt auch schon direkt das nächste.

    Hier wäre weniger mal wieder mehr gewesen – jedenfalls in dem Sinne, den erzählerischen Fokus auf die zentralen Konflikte zu konzentrieren, anstatt ein Fass nach dem anderen aufzumachen und keines mit Bedacht wieder zu schließen. So gibt es am Ende zwar eine ziemlich unnötige Zusammenfassung, aber keine Auflösung. Die Streitigkeiten werden nicht geklärt, vielmehr sind es die idyllische Umgebung und die guten Haschkekse von Dorothea, die sich das am Ende ohnehin überkonstruierte Schlachtfeld einfach in Wohlgefallen auflösen lassen. Vor allem die Einführung einer weiteren, völlig passiven Figur in das Familienkarussell ist eine Entscheidung, die einem runden Abschluss dieses entgleisten Familientrips entgegensteht.

    Was nützt dem modernen Menschen die schönste Aussicht, wenn man keinen Handyempfang hat…

    Wie schon in „Der Vorname“ ist es auch hier am Ende vor allem der gut aufgelegte Cast, der über manche Drehbuchschwäche hinwegsehen lässt. Insbesondere die Buddy-Hassliebe zwischen dem neureichen Immobilienmakler Thomas und dem kniepigen Literaturprofessor Stephan sorgt auch diesmal wieder für ordentlich Lacher – vor allem dank der feurigen Chemie zwischen Florian David Fitz („Vincent will Meer“) und Christoph Maria Herbst, mit dem Wortmann zwischendurch auch noch den Kinohit „Contra“ (ein weiteres Remake eines französischen Vorbilds) gedreht hat.

    Fazit: Ein (zweites) Hoch auf die dysfunktionale Familie! Wie schon „Der Vorname“ ist auch „Der Nachname“ ein recht schematisch aufgebautes, gleichsam unterhaltsames Sammelsurium von Befindlichkeiten, das vor allem dank des bestens eingespielten Casts funktioniert. Dass der Familienurlaub gerade zum Ende hin ganz schön zusammenkonstruiert wirkt, um den supererfolgreichen Vorgänger noch irgendwie fortsetzen zu können, fällt da gar nicht so schwer ins Gewicht, wie man vielleicht erwarten könnte.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top