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    My Week with Marilyn
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    My Week with Marilyn
    Von Robert Cherkowski

    Wer behauptet, dass die Kinogesichter der Gegenwart nicht mehr über die Magie, das Geheimnis, das Identifikationspotential oder den Glamour der Filmstars von einst verfügen, lag nie so falsch wie heute. In den vergangenen Jahren hat sich ein Kleeblatt an Darstellern etabliert, das sein Publikum mit Glanzleistungen und Charisma in einigen der meistdiskutierten Filmen der noch jungen Dekade in den Bann zog: Man denke nur an den hypnotisch-intensiven Michael Fassbender, der sich im Gefängnisdrama „Hunger" die Seele aus dem Leib spielte und sich seither von der Nebenrollenriege in die First Class der Premium-Schauspieler vorgearbeitet hat. In Steve McQueens umstrittenem Erotik-Drama „Shame" traf er auf die fragile Carey Mulligan, der es ebenfalls in kurzer Zeit gelang, sich als verletzliche Kindfrau des Weltkinos unabdingbar zu machen. Die Britin wiederum stand in Nicolas Winding Refns Neo-Noir-Meisterwerk „Drive" mit dem kanadischen Edelmimen und Shooting-Star Ryan Gosling vor der Kamera. Der Reigen unvergesslicher Auftritte lässt sich mit dem bitteren Beziehungsdrama „Blue Valentine" fortsetzen, in dem Gosling neben Michelle Williams zu sehen war. Die Ex-„Dawson's Creek"-Mimin legte nun ihrerseits eine weitere hochgelobte Darbietung nach, für die sie ihre bereits dritte Oscar-Nominierung erhielt und mit der sie den direkten Vergleich mit einer der größten Hollywood-Legenden aller Zeiten herausfordert: Marilyn Monroe. Simon Curtis‘ biografisches Drama „My Week with Marilyn" über die Dreharbeiten des in Vergessenheit geratenen Lustspiels „Der Prinz und die Tänzerin" erreicht jedoch zu keiner Zeit die Klasse seiner Hauptdarstellerin.

    Großbritannien 1956: Der Jüngling Colin Clark (Eddie Redmayne) ist der Sohn einer wohlhabenden Upper-Class-Dynastie und wird von seiner Familie für seine künstlerischen Ambitionen verhöhnt. Während seine Brüder bereits Karriere machen und den Stolz der Eltern ernten, geht Colin lieber ins Kino und träumt von einer Welt die spannender ist als bloße Geldscheffelei. Um einmal bei Filmdreharbeiten mitwirken zu können, heuert er bei der Produktionsfirma des legendären Theaterschauspielers Sir Laurence Olivier (Kenneth Branagh) an. Dieser plant gerade eine locker-leichte Komödie namens „Der Prinz und die Tänzerin". Für die weibliche Hauptrolle hat er niemand Geringeres als den amerikanischen Superstar Marilyn Monroe (Michelle Williams) im Auge. Als diese im Königreich erscheint, ist das Medienecho groß. Bei der Arbeit jedoch sorgt Monroe mit ihrer labilen Art, ihrer Unsicherheit und ihrem ständigen Konsum von Alkohol und Pillen bald für einige Verstimmung. Während ihre Ehe mit dem Theaterautor Arthur Miller (Dougray Scott) erste Risse zeigt, bandelt die verletzliche Diva mehr und mehr mit Colin an, der als dritter Regieassistent eigentlich das kleinste Rädchen im Getriebe der Produktion ist...

    „Der Prinz und die Tänzerin" und „My Week with Marilyn" sind sich gar nicht so unähnlich. Beides sind Filme, in denen alles um eine zentrale Attraktion (Marilyn oder ihre Imitation) kreist, deren Regisseure jedoch nicht so recht wissen, was mit ihr anzufangen ist. Williams‘ Darstellung mag noch so charmant sein und gekonnt zwischen kultigen Posen sowie der Darstellung eines verletzten Menschen im Zentrum der Öffentlichkeit hin und her pendeln - unterm Strich findet ihr famoser Auftritt im luftleeren Raum eines ansonsten richtungs- und konturlosen Film statt. In dieser Hinsicht gleicht Simon Curtis' (Film-)Historienstück dem Meryl-Streep-Vehikel „Die Eiserne Lady". Auch dort gibt es mit Streeps oscargekröntem Maggie-Thatcher-Porträt die brillante Interpretation einer realen Persönlichkeit zu bewundern, während konzeptuell und inszenatorisch die Schwächen nicht zu übersehen sind. Bei aller Planlosigkeit im Ganzen kann Simon Curtis bei seiner Monroe-Hommage immerhin mit hübsch-harmlosem Humor aufwarten und mit der detailverliebten Ausstattung hat er sogar noch einen echten Glanzpunkt zu bieten.

    Auch das übrige Staraufgebot neben Williams kann trotz guter Leistungen keine klare Linie in einen zwar kompetent gemachten doch auch recht konfusen Film bringen. Dabei steckt die Figurenkonstellation voller vielversprechender Ansätze. Da ist unter anderem „Thor"-Regisseur Kenneth Branagh („Harry Potter und die Kammer des Schreckens"), dem man die Freude ansieht, sich an Laurence Olivier zu versuchen und dem man – seinem (und Oliviers) Faible entsprechend – noch einige Shakespeare-Zitate in den Mund gelegt hat. In ihm spiegelt sich die Verzweiflung und auch die unbefriedigte Eitelkeit eines talentierten Könners, der zugleich nie über die Popularität der zwar weitaus weniger begabten, doch dafür mit gewinnendem Charisma ausgestatteten Monroe verfügen wird. Neben der an Branagh/Olivier festgemachten Auseinandersetzung mit Popularität und dem Starkult der 50er gibt es noch einen sehr verheißungsvollen Subplot über den von Dougray Scott („Mission: Impossible II") dargestellten damaligen Monroe-Gatten Arthur Miller (dem Autor von „Tod eines Handlungsreisenden"), der einsehen muss, dass er letztlich nicht viel mit der „Trophäe" Marilyn anfangen kann. Und dann ist da schließlich Dominic Cooper („The Devil's Double") als Monroe-Agent Milton Greene, der als schmieriger Geschäftsmann auftritt und für den sein Star letztlich nur eine Geldmaschine zu sein scheint. Alle Figuren kreisen um Monroe, reiben sich an ihr und zerbrechen nicht selten an ihr, aber auch das wird kaum vertieft.

    Einzig in Colins Seele wird ein tieferer Einblick gewährt. Wirklich Interessantes gibt es dort jedoch nicht zu entdecken. Ausgerechnet der Erzähler, aus dessen Perspektive man sich den Geschehnissen rund um den chaotischen Dreh nähert und der zum naiven Toy-Boy der amerikanischen Diva wird, ist die mit Abstand langweiligste und oberflächlichste Figur im ganzen Film und wird von Eddie Redmayne („Black Death") entsprechend bieder dargestellt. Auch die Geschichte von den Lehrjahren des Gefühls, in denen ein unreifer Bursche den Wert von emotionaler Beständigkeit erlernen muss, um zu sich zu finden, die hier um ihn herum gesponnen wird, ist schlicht zu abgedroschen und dröge erzählt, um zu begeistern. Mit der Garderobiere Lucy (Emma Watson) bekommt er sogar noch ein zweites weitaus unspektakuläreres Love Interest ins Skript gequetscht. Da Watson jedoch, ähnlich wie Judi Dench („James Bond 007 - Skyfall") in der Rolle der britischen Leinwandlegende Sybil Thorndike („Die rote Lola"), immer wieder über weite Strecken aufs Abstellgleis geschoben wird und beizeiten für mehr als eine halbe Stunde aus dem Film verschwindet, kann auch an dieser Front kein Tiefgang entstehen. Wie vieles an diesem Film bleiben auch Watson und Dench eine bloße Zierde, die über keinen erzählerischen Nährwert verfügt. So gerät „My Week with Marilyn" zur Michelle-Williams-Solo-Show mit gelegentlichen Kenneth-Branagh-Spitzen. Das ist zwar nicht schlecht, wird den Möglichkeiten des Stoffes und der Mimen jedoch nicht wirklich gerecht

    Fazit: Trotz guter Leistungen vor und hinter der Kamera ist „My Week with Marilyn" niemals mehr als die Summe der einzelnen Teile. Nie wird ersichtlich, was Simon Curtis und Autor Adrian Hodges hier eigentlich erzählen wollten und so bleibt seine Monroe-Hommage letztlich eine leere Bühne für die tolle Michelle Williams in der Hauptrolle der Leinwandgöttin.

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